Erst herrschte Schweigen zwischen uns, während Raphael mich skeptisch musterte und ich ihn aufmerksam beobachtete. Sein Gesichtsausdruck war eindeutig. Ihm gefiel dieses Kostüm absolut nicht. „Ich schätze deinen Geschmack für Mode wirklich, Elodie. Aber das .. das geht gar nicht." Er deutete mit der Hand kurz über meinen Körper und blieb mit seinem Blick dann an den Hörnern auf meinem Kopf hängen. Ihm entwich ein fast schon gequältes Aufseufzen und ich konnte mir nur knapp ein Lachen verkneifen.
„Wenn ich schon mitkommen muss, dann lass mir wenigstens die Wahl für mein Outfit. Das hatten wir doch letztens geklärt." Er schien mit dieser Abmachung jetzt wohl doch nicht mehr so einverstanden zu sein, wie noch vor einer Woche. Vermutlich hatte er alles Mögliche erwartet. Nur eben nicht das. „Aber Elodie, das geht wirk.." begann er, doch ich unterbrach ihn mit einem Griff nach meiner Tasche „Keine Diskussion, wir müssen doch los oder nicht?" fragte ich nach und er nickte ergeben. Vielleicht versuchte ich mit diesem Aussehen auch einfach meine Nervosität etwas zu verbergen.
Mit einem nicht ganz so begeisterten Gesichtsausdruck, führte mich Raphael schließlich aus dem Zimmer und Richtung Haustür. „Chamuel wird mich umbringen." Brummte er dabei leise und öffnete schließlich die Tür. Direkt vor dem Eingang stand ein ebenso weißer SuV, wie der von Chamuel. Ich runzelte allerdings leicht die Stirn. „Du kannst doch auftauchen wo du willst .. warum müssen wir dann weg fahren?" fragte ich ihn, während er mich zum Wagen führte und dort endlich meinen Arm wieder losließ. „Normalerweise funktioniert das aber du bist ein Mensch, Elodie. Da ist das etwas komplizierter." Meinte er lediglich und lief um den Wagen herum. Ganz gentlemanlike öffnete er mir nicht mal die Tür. (Achtung, Ironie!)
Weshalb ich schließlich selbst einstieg und einmal mehr über so einen geräumigen Wagen staunte. Es schien fast so, als wäre Raphaels Wagen sogar größer, als der von Chamuel. Allerdings hatte ich dort hinten gesessen, vielleicht täuschte ich mich nur. Nach einem kurzen Hinweis von Raphael, schnallte ich mich an und wir fuhren los. Komischerweise bogen wir nicht auf die breite Landstraße ab, sondern auf den Feldweg, der direkt Richtung Wald führte. „Ich bitte dich inständig, da keinen Mist zu machen. Sie werden mich sowieso schon hassen, weil ich dich in diesem Outfit mitnehme." Brummte Raph und blickte einmal kurz zu mir. Es gab Zeiten in denen konnte er sogar ganz nett sein, doch manchmal war er wirklich gemein. Wenn er mich unbedingt mitnehmen wollte, musste er eben damit leben.
„Ich bin kein kleines Kind. Außerdem ..was soll da schon groß passieren? Wir sind ein paar Stunden da und das wars. Kein Grund sich Gedanken zu machen." Der junge Mann neben mir schnaubte kurz leise auf und blickte dann wieder konzentriert auf die Straße. Bei uns sind nicht alle so nett wie du denkst. Viele wollen dich Lucifer überlassen, andere wiederum nicht." Es gab Engel, die mich freiwillig in Lucifers Hände geben würden? Aus welchem Grund? Ich hatte vor einiger Zeit etwas von einem Krieg mitbekommen. Hatte es vielleicht damit zu tun oder spielten mir meiner Erinnerungen wieder nur einen Streich.
Den Rest der Fahrt schwiegen wir, bis wir mitten im Wald am Wegrand anhielten und Raphael mir andeutete, auszusteigen. Wenn das was er sagte, stimmte, konnte der heutige Abend ja nur lustig werden. Wussten sie überhaupt, dass er mich mitnahm? Hunderte ungeklärte Fragen tauchten plötzlich in meinem Kopf auf und ich begann wieder daran zu zweifeln, ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war, mitzukommen. Bevor ich mich jedoch umentscheiden konnte, zog Raphael mich nach dem Aussteigen einfach hinter sich her.
Die Umgebung kam mir bekannt vor. Klar Bäume und unebenes Unterholz gab es überall in diesem Wald, doch diese Stelle kannte ich bereits. Es war der selbe Ort, wo ich Luc das erste mal mit Chamuel hatte reden sehen. Genau der Ort, wo Chamuel einfach im Nichts verschwunden war. Damals war sein Verschwinden ziemlich fragwürdig gewesen. Doch jetzt verstand ich es. „Wir sind alleine, sehr gut. Ein Zusammentreffen mit Luc hätte ich jetzt wirklich ungerne." Meinte er und blieb schließlich mitten auf der freien Fläche stehen, wo er sich dann zu mir drehte. Lucifer kannte diesen Ort. Wusste er auch, dass wir uns momentan hier befanden?
„Schließ die Augen, Elodie. Sonst wird das ziemlich unangenehm." Meinte der blonde Mann vor mir und sah mit einem bestimmenden Blick zu mir herunter. Da er immerhin wusste, was hier passierte, schloss ich artig die Augen und spürte kurz darauf, wie er meine Hände mit seinen umgriff. Ein Gefühl von Schwindel überkam mich und Raphaels Griff verstärkte sich etwas, wodurch ich das Gleichgewicht nicht verlor. Dieses Gefühl hielt jedoch nicht lange an, da sich kurz darauf etwas Anderes in mir ausbreitete. Ein Gefühl von .. Leichtigkeit. Meine Augen ließ ich jedoch weiter brav geschlossen, ich wollte schließlich nichts riskieren.
„Du kannst die Augen wieder öffnen, Teufelchen." Hörte ich die raue Stimme von Raphael dicht neben meinem Ort. Skeptisch öffnete ich schließlich eines meiner Augen und stellte fest, dass wir uns wirklich nicht mehr im Wald befanden. Also öffnete ich auch mein anderes Augen und fing an die Umgebung zu mustern. Es war alles weiß. Aber wir standen nicht, wie es jeder vermuten würde, irgendwo auf einer Wolke oder so etwas dämliches, nein. Wir standen inmitten eines weißen Raumes, der sich über einige Meter in die Breite zog und auch die Decke schien um ein deutliches höher zu sein, als in einem normalen Haus auf der Erde. Umgeben von einigen großen Fenstern, befand sich auf der einen Seite eine riesige Flügeltür.
Achte einfach darauf, nirgendwo aus einem Fenster zu sehen. Dann wirkt es fast wie zuhause." Meinte Raphael und ließ erst dann meine Hände los. Dieses Gefühl der Leichtigkeit blieb bestehen. Es fühlte sich fast so an, als wären alle anderen Sorgen die ich zuhause hatte, einfach vergessen. Nur dadurch, dass ich hier stand. Gerade wollte ich mich an Raphael wenden, um ihn eine Frage über diesen Ort zu stellen, als wir eine mir sehr bekannte Stimme neben uns hörten. „Bist du jetzt eigentlich vollkommen durchgeschnappt?" fragte der blonde Mann mit den ebenso strahlend blauen Augen wie Raphael, während er näher kam und letztendlich vor uns stehen blieb.
Witzigerweise wurde seine erneut weißen Klamotten, nun von zwei großen weißen Flügeln begleitet. Fast so groß, wie Chamuel selbst. Allerdings schien er absolut nicht begeistert darüber zu sein, mich hier zu sehen. Er mied es sogar, mich anzusehen. „Entspann dich mal, ihr passiert hier doch nichts. Es ist auf jeden Fall besser, als sie alleine zuhause sitzen zu lassen und entgehen lassen wollte ich mir das hier sicher nicht." Verteidigte sich Raphael direkt und schob Chamuel einfach zur Seite. „Du kannst nicht einfach einen Menschen hierher bringen und dazu noch einen lebenden." Brummte dieser nur noch und während Raphael mich weiter schob, folgte Chamuel uns mit etwas Abstand. „Und wie ich das kann."
Wir näherten uns der großen Flügeltür, die sich fast schon automatisch öffnete, sobald wir einen gewissen Abstand erreicht hatten. Erst wurde es blendend hell, sodass ich kurz die Augen schließen musste, doch dann ließ dieses gleißend helle Licht nach und ich konnte einen weiteren Raum erkennen. Noch um einiges größer und ebenfalls rein in weiß gehalten. Allerdings war es etwas anderes, das nun meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Es waren die unzähligen Gesichter, die sich uns zuwandten und das darauf folgende Raunen, dass durch die Menge ging. Natürlich gab es mehr als diese paar Engel, die ich bereits kannte. Ich hätte sowas erwarten müssen und dennoch fühlte ich mich in diesem Augenblick sehr unwohl.
„Ignorier sie einfach." Murmelte Raphael neben mir und führte mich weiter in den Raum. Diese vielen Menschen zu ignorieren, war leichter gesagt als getan. Einige begannen leise zu tuscheln, andere wiederum wichen automatisch ein Stück von mir weg. Und ich dachte, ich wäre diejenige, die sich fürchten sollte. Anders als die Engel die ich bereits kannte, sahen diese Leute jedoch vollkommen normal aus. Ich konnte schwarze Haare erkennen, braune und sogar rote. Auch die Kostüme die sie trugen, waren alle völlig normal. In allen möglichen Farben und Variationen. Doch ich war die einzige, die komplett in schwarz gekleidet war und dazu noch Anzeichen des Teufels bei sich trug.
„Michael bringt dich um Raph. Das war die dämlichste Idee die du je hattest." Hörte ich Chamuel hinter uns mehr als unzufrieden brummen. Raphael hingegen schüttelte nur leicht den Kopf und führte mich weiter durch die Menschenmassen. Bis die Leute uns den Weg soweit frei machten, dass ich in einigen Metern Entfernung etwas weißes Aufblitzen sehen konnte. Etwas rein weißes, was mich in vielerlei Hinsicht an die mir bekannten Erzengel erinnerte.
Alsdieser Mann unser Näherkommen bemerkte, wandte er sich uns zu und stopptedirekt in der Bewegung als er erkannte, wer genau sich auf den Weg zu ihm befand. „Darf ich vorstellen?Michael. Der oberste Erzengel und Langeweile in Person." brummte Raphael leisean mein Ohr und ich bekam direkt eine Gänsehaut.
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Des Teufels Königin
RomanceDer erste Teil der Reihe „In den Fängen des Teufels". - Elodie lebt das Leben, was sich wohl jedes Mädchen wünscht. Sie reist als weltbekanntes Model in unzählige Orte der Welt, besitzt eine große Villa und das Auto ihrer Träume. Doch gequält von sc...