„Das hast du wirklich getan?" fragte ich und brach kurz darauf wieder in Lachen aus. Raphael selbst saß nur neben mir und beobachtete mich mit einem zufriedenen Lächeln. „Was hätte ich denn tun sollen? Er hat mir mein Buch geklaut." Ich schüttelte entgeistert den Kopf. „Das ist noch lange kein Grund, ihn in den See zu schmeißen." „Wenigstens eine Person, die mir hier zustimmt. Vielen Dank, Elli." Erklang eine weitere Stimme aus einer anderen Ecke des Raumes und ich richtete meinen Blick sofort auf die Person, die dort aufgetaucht war. „War es denn kalt, Cham? Übernatürliche Wesen spüren das doch eigentlich nicht."
Der Genannte Engel trat mit einem amüsierten Blick auf den Lippen langsam näher und warf dabei nur Raphael kurz einen bösen Blick zu. Erst dann ließ er sich direkt neben mir auf dem Sofa nieder. Seitdem Lucifer gegangen war, hatten Raphael und ich durchgehend miteinander gesprochen. Die Zeit hatte ich dabei völlig vergessen, doch dass nun auch Chamuel zu uns stieß, war eigentlich ein gutes Zeichen. „Wer auch immer dir das erzählt hat, das ist Schwachsinn." Meinte Raphael und konnte sich nun selbst ein Lachen nicht verkneifen. „Es wäre ja nur halb so lustig, wenn es nicht auch noch kalt gewesen wäre."
Chamuel neben mir seufzte leise und wandte sich dann wieder mir zu. „Was die Teufelsfamilie angeht.. sie können so etwas wie Wärme und Kälte nicht fühlen. Das brauchen sie nicht um anderen Menschen ein ewig währendes Leiden anzuhängen. Wir Engel allerdings.." er warf Raph erneut einen bösen Blick zu. „Wir fühlen so etwas, genau wie ihr Menschen. Wie sollten wir als Schutzengel euch sonst beschützen, wenn wir solche Dinge nicht einschätzen könnten?" Raphael nickte langsam und zeigte dabei ein schelmisches Grinsen auf seinem Gesicht.
„Also ja, Elli. Es war wirklich kalt. Es ist Winter, das war eine absolut dämliche Idee." Bestätigte er mir Raphaels Aussage und ich konnte nur fassungslos darüber den Kopf schütteln. Natürlich hatten sie sich Sorgen gemacht. Doch dass sie sich in dieser Zeit sogar noch wegen solcher Kleinigkeiten aufregen konnte, konnte ich einfach nicht glauben. „Hast du dein Buch denn wenigstens zurück?" fragte ich Raphael, woraufhin er den Kopf schüttelte und demonstrativ zu Cham blickte. „Frag doch bitte ihn. Er weiß ganz genau, wo es ist." Ich drehte mich also wieder zu Cham, der jedoch erst nicht darauf antwortete, sondern nur zwischen uns beiden hin und her blickte. „Ihr habt euch aber jetzt nicht gegen mich verbündet, oder?" „Wo ist es, Cham?" fragte ich amüsiert und überging seine Frage damit problemlos.
„Es liegt irgendwo auf dem Grund des Sees." Antwortete er schließlich woraufhin ich nur wieder anfing zu lachen. Es war so unheimlich erleichternd sich über solche Kleinigkeiten zu unterhalten. Dinge die eigentlich keinen Wert hatten und unser aller Leben dennoch auf eine bestimmte Weise beeinflussten. Ich hatte schon lange nicht mehr so sehr gelacht wie heute und das hatte ich nur Raphael zu verdanken. Obwohl es im Endeffekt doch wieder Lucifer war, der mir dies überhaupt erst ermöglicht hatte. Diesen Gedanken an ihn schob ich in diesem Augenblick jedoch ganz weit von mir weg.
„Wisst ihr was? Ihr könnt euch welche von mir ausleihen. Ich habe sowieso zu viel zu tun, um sie zu lesen." „Dann arbeite weniger und lese sie." Meinte Chamuel und ich rollte daraufhin mit den Augen. „Ich brauche doch nur ein bisschen Normalität, ist das zu viel verlangt? Und wehe ich muss irgendwann in diesem See nach den Büchern tauchen. Die brauch ich eventuell noch." Ergänzte ich meine vorige Aussage und gab ein Lachen von mir. Als ich dann allerdings einen kurzen Blick auf die Uhr warf, seufzte ich leise. „Wenn wir gerade von Arbeiten sprechen.. ich muss los."
Damit erhob ich mich von meinem Platz, doch beim Vorbeigehen hielt Raphael mich am Arm zurück. „Bist du dir sicher? Ich kann verstehen, dass du dein altes Leben zurück willst aber willst du es nicht ein bisschen langsamer angehen lassen?" Er wirkte besorgt und ich konnte auch verstehen, warum. Doch diese Aussage erinnerte mich bereits an jemand anderen, was mich in meinem Vorhaben nur bestärkte. „Du hörst dich schon fast an wie Lucifer, Raph." Gab ich amüsiert von mir, löste meinen Arm aus seinem Griff und trat meinen Weg zum Schlafzimmer an. Was ich dabei allerdings nicht bemerkte, waren die Blicke, welche die Engel hinter mir austauschten.
„Ich muss mich nur kurz umziehen." Es war das erste Shooting nach dieser langen Zeit, weshalb ich nicht direkt zu spät kommen wollte. So lief ich also ins Schlafzimmer, suchte mir ein paar einfache Kleidungsstücke heraus, zog mich um und schnappte mir meine Tasche, ehe ich zurück lief. Ich konnte ein leises Flüstern vernehmen, doch als ich näher kam und schließlich um die Ecke bog, verstummte das Flüstern und die beiden Engel sahen mir nur aufmerksam entgegen. „Du willst das wirklich machen?" fragte Raphael mich erneut und ich nickte bestätigend. „Ich kann nicht ständig hier herumsitzen und darauf warten, dass wieder irgendwas passiert"
Das schien Raphael als guten Grund anzunehmen, denn er deutete nur mit einem Nicken Richtung Tür. „Ich bin in der Nähe, wenn du mich brauchst." Ich begann bei diesen Worten leicht zu lächeln. „Das weiß ich doch." Damit wandte ich mich von ihnen ab und bewegte mich Richtung Tür. Ich fand es nicht schlimm, alleine zu gehen. Wenn ich ernsthafte Probleme bekommen sollte, wusste ich nun, dass Raphael nie weit von mir entfernt sein würde. Sobald ich ihn brauchte, würde er kommen. Das gab mir ein wenig Sicherheit bei diesem Einstieg in mein altes Leben.
Ich fragte mich nur, worüber sie gesprochen hatten, während ich im Schlafzimmer war um mich umzuziehen. Vielleicht irrte ich mich, doch es wirkte so, als hätte ich dieses Gespräch zwischen ihnen nicht mitbekommen sollen. Meine Winterjacke war auf dem Weg nach draußen meine letzte Anlaufstelle. Ich verließ das Haus, stieg nach dieser langen Zeit zum ersten Mal wieder in meinen traumhaft schönen Wagen und fuhr los in Richtung Innenstadt. Diesen Weg zu fahren, so wie ich es früher unzählige Male getan hatte, fühlte sich an, als ob nie etwas geschehen war. Hier auf diesen Straßen sah alles aus wie damals, nur dass eine dünne Schneeschicht die Straßen bedeckte. Das meiste wurde bereits plattgefahren.
Ich drehte die Musik etwas lauter und fühlte seit langem wieder dieses Glücksgefühl, auf dem Weg zu meiner Arbeit. Ich war nervös, natürlich. Doch ich freute mich umso mehr, den ersten Schritt zurück in mein altes Leben machen zu können. Jetzt, da Lucifer mich nicht mehr in die Hölle bringen wollte, konnte ich mich endlich wieder frei fühlen. Frei in meinem eigenen Zuhause und frei in dieser großen Welt voller unzähliger Möglichkeiten, die ich in der Hölle niemals gehabt hätte.
Es war mir fast schon egal, wie Lucifer sein restliches Leben verbrachte, falls es denn überhaupt enden konnte. Solange er seinem Plan nicht weiter nachging, konnte ich eigentlich mit allem leben. Selbst wenn er mich dafür mein Leben lang verfolgte. Ich hatte mich in kürzester Zeit bereits an Raphaels Anwesenheit gewöhnt. Mit Lucifer würde es nicht ganz so leicht werden aber es würde funktionieren. Alles nur, damit ich nicht zurück an diesen grässlichen Ort gehen musste.
Ich musste aufgrund des Schnees langsamer fahren als gewöhnlich, doch ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, als ich nur wnenige Minuten später meinen Wagen auf meinem Stammplatz parkte, den ich schon seit Jahren nutzte. Ich griff nach meiner Tasche, stieg aus dem Wagen und schloss diesen ab, ehe ich Richtung Eingang des großen Gebäudes lief. Es sah alles so aus wie in den ganzen Jahren zuvor. Es fühlte sich auch genauso an. Während ich mit langsam Schritten das Gebäude betrat und mich dabei ein wenig umsah, kamen die ganzen Erinnerungen wieder hoch. Ich hatte es damals nicht gewusst, doch Tiago hatte mir bereits deutlich zu verstehen gegeben, dass dieser fremde Mann in der Eingangshalle nichts Gutes zu bedeuten hatte.
Hierhatte ich Lucifer das erste Mal getroffen. Er hatte so normal gewirkt. Somenschlich. Jetzt wusste ich es besser. Er war ein Konstrukt seines Vaters.Gefangen in der Hölle. Ohne es zu wissen, hatte ich ihm die Möglichkeitgegeben, diesen Ort zu verlassen. Ich schüttelte leicht den Kopf um meinen Kopfwieder etwas klarer zu bekommen. Doch im Aufzug auf dem Weg in die oberenEtagen, ließen sich meine Gedanken nicht zurückhalten. Hier hatte allesangefangen. All mein Leid. All meine schönen Momente, die ich Raphael und denanderen Engeln zu verdanken hatte. Hier hatte die Monotonie mich verlassen undich hatte endlich angefangen zu leben. Trotz der grauenhaften Momente, war ichdankbar für das was geschehen war. Ich war nicht mehr die selbe Person wiefrüher. Ich war nun eine bessere Version von mir selbst.
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Des Teufels Königin
RomanceDer erste Teil der Reihe „In den Fängen des Teufels". - Elodie lebt das Leben, was sich wohl jedes Mädchen wünscht. Sie reist als weltbekanntes Model in unzählige Orte der Welt, besitzt eine große Villa und das Auto ihrer Träume. Doch gequält von sc...