Unklare Worte

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„Lass deine dreckigen Finger von ihr!" „Oh natürlich, ich vergaß, das hohe Himmelreich darf sich natürlich wieder in alles einmischen!" „Ich meine es ernst Luc, überlass sie uns und wir regeln das." „Das hättest du wohl gerne, Raphael."

Gedämpfte Stimmen drangen an mein Ohr, genau wie das leise Rauschen des Meeres irgendwo hinter mir. Meine Augenlider fühlten sich so schwer an, als würden Tonnen an ihnen hängen. Mein Kopf dröhnte noch immer und es fühlte sich so an, als hätte jeder Hauch von Kraft meinen Körper verlassen. Plötzlich spürte ich etwas Warmes, das sich um meinen Körper schlang und der so angenehm weiche Boden unter mir verschwand. „Du tickst doch nicht mehr ganz richtig. Sie ist ein Mensch Luc, kein Spielzeug." Bei den Worten spürte ich, wie etwas Weiches an meinem Körper vibrierte. „Sie wird durchdrehen und das weißt du genau." Daraufhin folgte Schweigen. Trotz der tonnenschweren Last die auf meinen Augenlider lag, versuchte ich sie zu öffnen und wurde direkt von dem grellen Licht der Sonne geblendet.

Dann langsam erkannte ich eine Silhouette vor mir. Die dunklen Haare kamen mir bekannt vor. Allerdings erweckte die warme Brust unter einem weißen lockeren Shirt neben mir meine Aufmerksamkeit. Ich wurde anscheinend getragen. Vorsichtig hob ich den Kopf etwas an und blickte so in das Gesicht des mir bereits bekannten blonden jungen Mannes mit den strahlend blauen Augen. Doch sein Blick zeigte Unsicherheit, Besorgnis und vielleicht sogar einen Hauch von Wut. „Wir bringen dich in dein Zimmer, Elodie. Es wird alles gut."

„Ist sie wach?" erklang die nun deutlich aufmerksamere Stimme von Luc. Der Mann mit den mir so bekannten schwarzen Haaren lief direkt neben mir. „Natürlich ist sie wach, du Idiot." Brummte Raphael, der mich nun vom Strand weg trug. Ich war noch zu benommen um etwas zu sagen und dieses Gefühl der Schwäche wollte auch einfach nicht verschwinden. „Aber dann hat sie .." „Ja, sie hat mitgehört. Ob sie es versteht ist etwas anderes, Luc. Wir können ihr das aber nicht ewig verschweigen, du hast sie schon viel zu tief mit rein gezogen. Und wenn du es ihr nicht erklärst, dann mache ich es."

Abgesehen von einem dunklen Knurren aus Luc's Richtung herrschte wieder Schweigen. So liefen wir die Straßen entlang, ohne dass die anderen Menschen in irgendeiner Weise Notiz von uns nahmen. Es wirkte fast so, als könnten sie uns gar nicht sehen. Wir betraten das Hotel in dem ich untergebracht war und liefen ohne Umwege zu meinem Hotelzimmer. Langsam fand ich auch meine Kraft wieder und hatte so die Möglichkeit, mich wieder an alles zu erinnern was passiert war, bevor ich das Bewusstsein verloren hatte.

„Du fasst sie nicht an, hast du verstanden? Sie muss sich ausruhen." Brummte Raphael noch, ehe seine warmen Arme von mir abließen und ich auf meinem so gemütlichen Bett abgelegt wurde. „Warum müsst ihr immer so auf oberschlau tun? Ich weiß doch selbst, dass ihr das nicht gut tut." Wieder ein leises Knurren von Luc und ich wollte etwas sagen, doch mein Mund war so trocken, dass ich erstmal keinen Ton hervorbringen konnte. Ich konnte lediglich die beiden jungen Männer vor meinem Bett beobachten, die sich nun mit feindseligen Blicken gegenüber standen. Luc mit seinen schwarzen Haaren, bekleidet mit einer kurzen schwarzen Hose und einem ebenso schwarzen Shirt. Ihm gegenüber Raphael, mit den leuchtend blauen Augen, den blonden Haaren und seinem weißen Shirt mit weißer kurzer Hose. Schwarz und Weiß. Gut und Böse.

„Warum tust du ihr das Ganze dann überhaupt an? Sie gehört nicht zu dir, nicht zu euch und nicht in eure beschissene Hölle. Levia hat sich wenigstens für die richtige Seite entschieden." „Wage es ja nicht, ihren Namen in den Mund zu nehmen! Sie hat ihre Entscheidung getroffen und sich falsch entschieden. Elodie wird ihren Platz einnehmen und .." „Du glaubst doch nicht wirklich, dass das funktioniert. Sie ist dir doch jetzt schon nicht mehr egal, das wird deinem lieben Herrn Vater aber sicher nicht gefallen." Die immer lauter werdenden Stimmen der beiden, erzeugten einen immer stärker werdendes Stechen in meinem Kopf.

„Hört auf." Es war fast nur ein Flüstern, doch die beiden hielten sofort inne und blickten fast gleichzeitig in meine Richtung. Etwas verwirrt, als hätten sie meine Anwesenheit schon wieder vergessen. Raphael war der erste, der seine Sprache wohl wiederfand und etwas näher an mein Bett trat. „Geht es dir besser? Du bist vorhin einfach zusammengebrochen, das hat mir wirklich einen Schrecken eingejagt." Er begann zu schmunzeln, was ich jedoch nicht erwiderte. Wenigstens hatten sie mich nicht wieder in irgendein fremdes Haus ganz weit entfernt von der Zivilisation entführt. „Nein."

Das war für Raphael wohl Antwort genug, weshalb er sich wieder vom Bett entfernte, Luc kurz mit einem bösen Blick strafte und dann das Zimmer verließ „Ich werde dir etwas zu Trinken holen." Daraufhin folgte erstmal Schweigen. Mit Luc alleine zu sein, war das letzte, was ich in dem Moment wollte, doch es ging wohl nicht anders. „Was willst du von mir, Luc?" sprach ich endlich die Fragen aus, die ständig in meinem Kopf herumgeisterten. „Wer sind Raphael und Chamuel? Warum zu Hölle habt ihr alle so komische Namen und wieso mischt ihr euch plötzlich alle in mein Leben ein? Ich wollte das doch gar nicht!"

Meine Stimme war lauter geworden, doch kurz darauf merkte ich auch schon, wie viel Kraft mich das gekostet hatte. „Das ist alles ziemlich kompliziert Elodie und glaube mir, wenn ich dir sage, dass ich dir das liebend gerne erspart hätte." Ich konnte nur verwirrt die Stirn runzeln „Kannst du nicht einmal Klartext sprechen? Ein paar einfache klare Worte, dann verstehe ich das auch." Seufzend lehnte ich mich in die Kissen zurück und blickte abwartend zu Luc, der über meine Worte nachzudenken schien.

„Nunja, ich bin sozusagen der Teufel." Jetzt machte dieser Typ auch noch Scherze. Darauf hatte ich im Moment wirklich keinen Nerv mehr. Luc hingehen sagte diese Worte so, als würde er von seinem Frühstück erzählen und lehnte sich dann mit einem leichten Schmunzeln gegen die Wand des Hotelzimmers. Ich konnte ihn lediglich anstarren, da mir einfach die Worte fehlten. „Findest du das etwa witzig? Du bist der Teufel in Person, schon klar, das habe ich gemerkt. Danke für diese ausschlaggebende Information. Kannst du jetzt endlich mit deinen komischen Freunden verschwinden und mich in Ruhe lassen?"

Nun war Luc es, der mich etwas verdattert anblickte. Dachte er wirklich, dass ich ihm so etwas Dämliches glauben würde? Den Teufel gab es nicht. Genauso wenig, wie es den Himmel gab oder etwas, dass sich Schicksal nannte. Ich hatte schon vor langer Zeit aufgehört an solche Dinge zu glauben. Dass Luc jetzt mit so etwas antwortete, war wirklich das kindischste, das ich seit langem gehört hatte. „Nein, das war kein Sch.." „Du bist verrückt Luc, eindeutig verrückt. Ich habe dir nur diese einfache Frage gestellt."

Noch ehe Luc weiter auf meine Worte eingehen konnte, öffnete sich die Tür des Zimmers erneut und Rapahael trat herein, in den Händen ein Glas und eine Flasche Wasser. Als er jedoch unsere Blicke bemerkte, blieb er abrupt stehen. „Störe ich?" fragte er überflüssigerweise und ich schüttelte direkt den Kopf „Nein, ich musste nur leider feststellen, dass er wirklich so bescheuert ist, wie ich es mir gedacht hatte." Das musste gesessen haben, da Raphael sich mit einem leichten Lachen wieder dem Bett näherte. Luc hingegen verschränkte nur die Arme und ich konnte förmlich spüren, wie er Raphael in Gedanken zerfleischte. Vielleicht aber auch mich. So genau konnte ich das nicht sagen.

Raphael goss mir etwas Wasser in das Glas und hielt es mir entgegen, was ich dann auch dankend annahm. Mein Rachen fühlte sich noch immer so unheimlich trocken an, doch mit einzelnen Schlucken des Wassers, wurde es langsam besser. „Sag mal Elodie, wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?" fragte mich Rapahel plötzlich, woraufhin ich mich fast an dem Wasser verschluckte. Luc schwieg noch immer und beobachtete uns nur aus seiner Stalker-Ecke. Doch bei dem Vertrauen, dass ich komischerweise zu Raphael hatte, dachte ich wirklich über seine Frage nach.

„Ich denke .. am Mittwoch .. oder so." antwortete ich also und merkte dann selbst, wie erbärmlich meine Antwort geklungen haben musste. „Also gestern?" fragte Raphael weiter nach, doch nach einem kurzen Zögern schüttelte ich den Kopf. „Nein .. letzte Woche."

Des Teufels KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt