Den Umständen entsprechend

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Ich schlug die Augen zum vermutlich hundertsten Mal an diesem Tag auf und wurde direkt von grässlichen Kopfschmerzen begrüßt, die sich förmlich in meinen Schädel brannten. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich nur 2 Stunden hatte, bis das nächste Shooting dieses 'Urlaubs' stattfinden würde, doch ich fühlte mich absolut nicht im Stande dazu, dorthin zu gehen. Absagen konnte ich allerdings auch nicht. Also zwang ich mich mit einem gequälten Seufzen zum Aufstehen und lief mit langsamen und vorsichtigen Schritten ins Badezimmer.

Mein Blick fiel auf den Spiegel, wo mich das äußerst müde und ziemlich kaputt wirkende Spiegelbild von mir entgegenblickte. Dunkle Ringe lagen unter meinen Augen und das Outfit von letzter Nacht trug ich auch noch. Es war ein erbärmliches Bild von mir selbst. So konnte ich ganz sicher nicht beim Shooting erscheinen. Mit etwas Mühe entledigte ich mich meinen Klamotten und trat anschließend in die großräumige Dusche. Ich musste eindeutig etwas gegen mein Aussehen machen, sonst war dieses Shooting für mich gelaufen.

Sobald das warme Wasser auf meine Haut traf, begann ich mich langsam etwas wohler zu fühlen. Obwohl die Kopfschmerzen noch immer nicht verschwanden und ich mit der verlaufenen Schminke in meinem Gesicht, aussehen musste wie ein weinender Panda. Ich tat mir schon selbst leid. Nun bereute ich es, mich am Tag zuvor nicht wenigstens abgeschminkt zu haben. Ich wusch mir die Haare mit einem meiner Lieblingsshampoos, dessen Duft meine Laune etwas hob und verließ kurz darauf auch schon wieder die Dusche.

Doch gerade als ich nach einem Handtuch greifen wollte, welches neben der Dusche an einem Haken hing, erfasste mich ein plötzliches Schwindelgefühl und ich musste mich an der Dusche festhalten, um nicht hinzufallen. Leichter Dunst erfüllte das Badezimmer. Es musste also daran liegen, dass hier so eine stickige Luft war. Langsam verebbte dieses Schwindelgefühl und ich atmete einmal kurz durch. Es war alles wieder in Ordnung. Mit mir .. war alles in Ordnung. Zumindest redete ich mir das ein.

Ich griff schließlich nach dem Handtuch, trocknete mich grob ab und schlang es dann um meinen zierlichen Körper. Einen Blick in den Spiegel vermied ich gekonnt. Durch den beschlagenen Spiegel hätte ich sowieso nicht viel sehen können. Also öffnete ich die Tür zum Schlafbereich, wo mir direkt ein kühler Windhauch entgegen wehte. Mein Weg führte zum Kleiderschrank, wo ich meine wenigen Habseligkeiten untergebracht hatte und griff nach einer einfachen blauen Shorts mit einem weißen Top und zog mich dann auch gleich um. Die Haare ließ ich mir einfach offen über die Schultern fallen. Die Stylistin würde sich sowieso nochmal darum kümmern.

Ich hängte mein Handy ans Ladekabel, was ich wohl in der Nacht vergessen hatte und trat den Weg zurück ins Bad an. Der Spiegel hatte sich wieder von dem Dunst befreit und zeigte nun mein angezogenes Ich mir gegenüber. Das Outfit war in Ordnung aber mein Gesicht glich einem Totenschädel. Die dunklen Augenringe und der müde Blick untermalten dieses Bild nur noch zusätzlich zu den eh schon eingefallenen Wangen und dem etwas hervorstechendem Kinn. Auch die Knochen meines Schlüsselbeins stachen deutlich hervor. Ich wirkte genau so, wie ich mich im Inneren fühlte. Ausgelaugt und kaputt. So konnte ich mich eindeutig nicht sehen lassen.

Also griff ich wie automatisch nach meiner Schminktasche und begann meine kleinen Problemzonen mit Make-Up zu überdecken. Besonders meinen Augen schenkte ich dabei Beachtung. Mit etwas Concealer und Mascara brachte ich diesen Bereich wieder einigermaßen in Ordnung. Trotz der noch immer dröhnenden Schmerzen in meinem Kopf und dem leichten Schwindelgefühl, konnte ich meinem Spiegelbild sogar ein hauchzartes Lächeln schenken. Ich wirkte akzeptabel. Kaum etwas gab mehr einen Hinweis darauf, dass ich in dieser Nacht kaum geschlafen hatte und mich mein inneres Wesen völlig auffraß.

Nach einem kurzen Blick auf die Uhr, zog ich mir ein paar Sandalen über, griff nach meiner Tasche und verließ das Hotelzimmer. Genau wie die Beruhigungstabletten hatte ich auch meine Kopfschmerztabletten vergessen. Ich war also völlig aufgeschmissen. Aber ich musste das Shooting durchstehen. Ob mit oder ohne versagende Körperfunktionen. Ich war eben von diesem Job abhängig. Erst als ich schon einige hundert Meter außerhalb des Hotels zurückgelegt hatte, fiel mir ein, dass ich mein Handy im Zimmer vergessen hatte. Doch zurücklaufen konnte ich jetzt nicht mehr. Diesen einen Tag ohne Handy würde ich schon überleben.

Die Agentur, die dieses Shooting hier in Bali übernahm, befand sich nur ein paar Straßen von dem Hotel entfernt, in dem Haley, Chloe und ich untergebracht waren. Ich konnte diese Strecke also problemlos laufen. Wäre da nicht wieder dieses Schwindelgefühl, welches mir meine Sicht für einige Augenblicke nahm. Doch ich lief weiter. Ich hatte am Tag zuvor eine Menge getrunken. Schwindel war vermutlich normal. Während ich also meinen Weg fortsetzte, bemerkte ich den strahlend blauen Himmel über mir und die bereits so stechend helle Sonne, die begann die Erde zu erwärmen. Beides Punkte, die ich im Augenblick absolut nicht gebrauchen konnte.

Ich war noch nie ein großer Fan von Hitze gewesen und von solch einer stechend hellen und zugleich blendenden Sonne schon gar nicht. Besonders hier auf Bali war es etwas ganz anderes als bei mir zuhause. Ich erreichte wenige Minuten später das Gebäude der Agentur und wurde beim Eintreten von einer angenehm kühlen Luft begrüßt, die sich im Inneren befand. Keine Sonne, keine Hitze. Perfekte Arbeitsbedingungen. Doch natürlich war das Glück nicht auf meiner Seite, weshalb wir nach nur einer Stunde Informationsaustausch das Gebäude verließen und Richtung Strand liefen.

Sofort traf mich die blendende Sonne und die Hitze umgab mich wie ein undurchdringbares Kraftfeld. Es schürte mir die Luft ab. Um welche Marke es bei diesem Shooting genau ging, wusste ich nicht. Ich wusste lediglich, dass die Bilder für irgendein Parfum verwendet wurden. Kleine Umkleidekabinen standen am Strand verteilt, in denen ich mich in die verschiedenen Outfits zwängen konnte. Die Luft in diesen Kabinen war noch stickiger als draußen, was das Umziehen nicht gerade erleichterte. Wenigstens wurde ich mit lockeren Kleidern, einfachen Shorts und kreativen Tops gesegnet, die nicht automatisch an meinem Körper klebten wie eine zweite Haut.

Viele Stunden vergingen, in denen ich in der prallen Sonne die verlangten Bilder von mir ablichten ließ. Nur gelegentlich bekam ich mal eine kleine Pause, in der ich mal etwas Zeit im Schatten verbringen konnte. Mein Kopf dröhnte noch immer und das Schwindelgefühl kehrte nun immer öfter zurück. Da kein Wind die Luft etwas abkühlte, umhüllte mich diese unangenehme Hitze von Kopf bis Fuß. Für eine kleine Badepause in diesem so verlockend kühl aussehenden Meer oder wenigstens etwas Wind, hätte ich in diesen Stunden wirklich alles gegeben.

So posierte ich noch eine knappe halbe Stunde weiter, in denen dieses Schwindelgefühl immer schlimmer wurde und ich mich wirklich anstrengen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Es lagen nur wenige Stunden vor mir, dann hatte ich dieses Shooting überstanden. Die Fotografen brauchten schließlich viele verschiedene Posen, Hintergründe und Momentaufnahmen, bei denen sie dann die besten Bilder heraussuchen konnten.

Bei jedem weiteren Bild das geschossen wurde, hoffte ich inständig, dass daraufhin eine kleine Pause folgte. Mein Kopf glühte schon regelrecht von dieser ständigen Sonne die auf meinen Schädel prasselte. Den umstehenden Leuten schien das aber völlig gleichgültig zu sein. Sie saßen allerdings auch hauptsächlich unter Schirmen im Schatten und nur der Fotograf befand sich für die Bilder mit mir in der Sonne. Anhand seiner gebräunten Haut schien er damit aber deutlich besser klar zu kommen als ich.

Noch weitere 20 Minuten verbrachte ich in dieser grässlichen Hitze, die mir wortwörtlich die Luft abschnürte. Von Minute zu Minute merkte ich, wie die Luft um mich herum immer enger wurde und auch das Schwindelgefühl wieder eintrat. Doch dieses Mal schaffte ich es nicht, meine Atmung wieder zu regulieren und einfach weiter zu machen. Dieses eine Mal war die Luft so mangelhaft und die Sonne so stechend heiß, dass ich endgültig von dem Schwindelgefühl erfasst wurde. Noch bevor ich auf dem Boden aufschlug, verlor ich das Bewusstsein und mir wurde schwarz vor Augen.

Des Teufels KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt