Wink des Schicksals

584 37 0
                                    

„Ich dachte, du passt auf sie auf! Du idiotischer Kleingeist, das ist doch deine Aufgabe." Hörte ich Zanes knurrende Stimme neben mir, während ich weiterhin zusammengekauert auf dem breiten Sofa saß. Meine Arme noch immer eng um mich geschlungen, obwohl das Zittern schon vor einer ganzen Weile verschwunden war. Kurz nachdem wir dieses Haus betreten hatten und sich mein Körper wohl an diese vertraute Umgebung erinnerte. „Natürlich passe ich auf sie auf, aber falls du es vergessen hast, kann ich sie nicht mehr bei allem sehen, was sie tut. Ich habe keine Ahnung, was passiert ist." Warf die ebenso gereizte Stimme von Raphael zurück, der sich auf der anderen Seite von mir befand.

Selbst wenn meine Gedanken nicht aufhörten, um diesen Moment zu kreisen, hatte ich dennoch wahrgenommen, dass wir uns im ehemaligen Haus von Lucifer befanden. Noch immer in der menschlichen Welt aber thematisch so weit von dieser entfernt, als wären wir an einem gänzlich anderen Ort. „Wie erklärst du dir dann ihre Augen? Das passiert doch nicht einfach so." „Hört endlich auf! Das ist ja nicht mehr auszuhalten." Es war die Stimme von Jophiel, an die ich mich nur noch wage erinnern konnte. Ich hatte sie schon seit Monaten nicht mehr gehört.

„Sie waren noch rot, als ich sie gefunden habe. Wie gesagt, ich habe keine Ahnung, warum das passiert ist.." sprach Raphael jedoch einfach weiter und ignorierte Jophiels Einwand dabei völlig. „Wo war sie, als du sie gefunden hast? War jemand bei ihr?" hakte Zane mit einem ernsten Unterton weiter nach. Aus dem Augenwinkel nahm ich ein Kopfschütteln von Raphael wahr. „Sie war alleine. Ich konnte nicht sehen, woher sie kam. Sonst hätte ich das doch verhindert." „Achja? Hättest du das?" Zane klang nun wieder etwas gereizter, doch ich dachte gar nicht erst daran, irgendwem davon zu erzählen, nur um diese Konversation zu beenden. „Natürlich hätte er das."

Eine etwas dunklere Stimme schallte durch den Raum und ließ die beiden diskutierenden Wesen augenblicklich verstummen. Mir war das ganz recht so. „Erzähl mir was du weißt, Raph." Meinte diese Stimme wieder, die mir seltsam bekannt vorkam, dennoch richtete ich meine Aufmerksamkeit nicht darauf. Mein Kopf war bereits voll von anderen Gedanken. „Ich habe nur nachgesehen, ob es ihr gut geht und dann habe ich sie so vorgefunden. Was davor passiert ist, weiß ich nicht. Ihre Augen waren rot, also muss irgendetwas vorgefallen sein. Als sie mich gesehen hat, wurden sie grau." Hörte ich Raphael die Dinge erklären, die ihm bekannt waren. Sorge klang in seiner Stimme mit.

Die Person von der die vorherige Stimme kam, trat langsam näher, bis sie soweit in mein Blickfeld vorgedrungen war, dass ich selbst in meiner jetzigen Situation der Wahrnehmung erkennen konnte, dass es keiner der Engel war. „Elodie?" die Stimme klang nun ein wenig sanfter als zuvor. Kam von einer Position direkt vor mir und war dennoch so weit weg. Die Person ließ sich neben mir auf dem Sofa nieder, jedoch in meine Richtung gedreht. Soweit ich das immerhin wahrnehmen konnte. „Konntest du sehen, wo sie war?" hörte ich Zane fragen, der sich genau wie die anderen, keinen Millimeter zu rühren schien.

„Nein, konnte ich nicht. Ich war nicht hier." Im nächsten Augenblick spürte ich eine Berührung an meiner Hand. Fast automatisch wollte mein Körper sich dieser Berührung entziehen, doch im nächsten Moment erfasste mich dieses eigenartige Gefühl, welches sich von dort aus, über meinen Körper ausbreitete. Weshalb mein Körper schlagartig aufhörte sich dagegen zu wehren und die Berührung einfach zuließ. „Elodie, was ist passiert?" hörte ich erneut die Stimme von Lucifer, welche nun präsenter zu sein schien, als zuvor. Ich drehte sogar ein wenig den Kopf in seine Richtung.

„Warst du bei Anthony?" er sprach diesen Namen mit einem besonderen Unterton an, als hätte er bereits eine Vermutung. Mit dem sich langsam klärenden Bild vor meinen Augen, spiegelten sich jedoch auch meine Erinnerungen immer schärfer wieder und kurz nachdem er diesen Namen ausgesprochen hatte, traten mir bereits wieder Tränen in die Augen. „Okay.. Jophiel, Raph, ihr solltet jetzt gehen." Beschloss Lucifer schlagartig, woraufhin die Genannten ihn nur verwirrt anblickten. Ich begann zu schluchzen und mein Blickfeld verschwamm gänzlich vor meinen Augen. So konnte ich den besorgten Blick von Raphael nicht mehr sehen, mit dem er mich beobachtete.

„Chamuel sollte wissen, dass es ihr gut geht. Wir bringen das wieder in Ordnung." Versicherte nun auch Zane den beiden und ich merkte nur noch, wie die beiden Erzengel letztendlich verschwanden. Es hätte mich allerdings auch nicht gestört, wenn sie geblieben wären. Während das Schluchzen meinen Körper nur noch mehr zu erschüttern schien, legte sich plötzlich ein Arm um meine Schultern und ich spürte, wie ich ein wenig an Lucifers Brust gezogen wurde, von wo sich ebenfalls dieses beruhigende Gefühl ausbreitete. Obwohl ich im Augenblick keine Berührung ertragen konnte, wollte ich mich dennoch nicht von ihm entfernen.

Es vergingen Minuten, in denen ich einfach so dort ein seinem Arm lag und das Schluchzen mich überrollte. Minuten in denen ich mir versuchte bewusst zu machen, was passiert war. Ich hasste dieses Gefühl von Hilflosigkeit. Doch je länger mich diese angenehme Wärme umhüllte, desto mehr beruhigte ich mich und begann, mein Umfeld wieder klarer wahrzunehmen. Lucifer sagte in dieser Zeit kein Wort und auch sonst war nichts anderes zu hören, als das gelegentliche Schluchzen von mir, welches nach und nach verebbte.

Auch meine Tränen versiegten schließlich und ich starrte nur noch stumm vor mich hin. So erkannte ich auch, dass sich Zane noch immer mit uns im Zimmer befand und uns beide zu beobachten schien. „Vermutlich sollte ich zurück.." hörte ich Lucifers Stimme dicht neben meinem Ohr, der jedoch unterbrochen wurde, als Zane mit dem Kopf schüttelte. „Bleib bei ihr, Luc. Ich mach das schon." Ein kurzes Heben seiner Mundwinkel war zu erkennen, dann verschwand Zane bereits im Nichts und ließ uns beide hier alleine zurück.

„Es tut mir leid, Elodie. Was auch immer er dir angetan hat, er wird dafür leiden müssen. Das verspreche ich dir." Kam es wieder murmelnd von Lucifer, doch ich schüttelte langsam den Kopf. „Hör auf." Hauchte ich leise, während mein Blick weiterhin auf einen Punkt vor mich gerichtet war. Obwohl in meinem Kopf wieder ein wenig Ruhe eingekehrt war, wollte ich mich nicht aus dieser Position lösen. Lucifer schien es anscheinend genauso zu gehen, denn auch er machte keine Anstalten, seine Arme wieder von mir zu nehmen.

„Warum bist du hier?" fragte ich leise nach, was in dieser Situation jedoch etwas absurd war. Die Antwort lag zwar auf der Hand, doch bei Lucifer konnte ich mir da nie wirklich sicher sein. „Soll das ein Scherz sein?" fragte er mit einem Hauch von Verwunderung in der Stimme. „Ich hätte auf dich aufpassen müssen, dann wäre das sicher nicht passiert." „Also fühlst du dich schuldig." Schlussfolgerte ich und er gab nur ein empörtes Schnauben von sich. „Es lag in meiner Verantwortung, Lucifer. Ich war leichtsinnig."

Langsam hob ich den Kopf, bis sich mein Blick mit dem von Lucifer kreuzte, der zu meiner Verwunderung jedoch nicht das typische rot beinhielt. Zudem trat ein leichtes Lächeln auf seine Lippen, als er meine Augen für einen etwas längeren Augenblick beobachtet hatte. „Ich hätte dich nicht wegschicken sollen. Ich hätte mir denken müssen, dass irgendetwas schief geht." Gab ich mit einem Murmeln von mir, woraufhin sich das Lächeln zu einem leichten Schmunzeln entwickelte. „Dein Plan ist wirklich miserabel."

Ich behielt diesen Blickkontakt noch für einen kurzen Moment bei, ehe ich meinen Kopf wieder an ihn lehnte. „Danke, dass du trotzdem hier bist." Das waren vermutlich die nettesten Worte, die ich ihm seit Langem entgegenbrachte. Doch ich wusste nicht, was passiert wäre, wenn Lucifer nicht hier gewesen wäre. Wenn er sich wirklich an meine Bedingung gehalten hätte und sich nicht mehr in meine Nähe gewagt hätte. Dann hätte das hier völlig anders enden können. Trotz dem, was passiert war, war ich ihm wirklich dankbar, hier aufgetaucht zu sein.

Genau indiesem Moment erinnerte ich mich daran, dass ich noch vor einigen Stundendarauf gehofft hatte, dass irgendein Ereignis mich dazu bewegen würde, eineendgültige Entscheidung zu treffen. Etwas, was mir die Wahl erleichtern würde.Vielleicht war es doch ein Wink des Schicksals, denn das was geschehen war,musste genau dieses Ereignis gewesen sein. Es gab nun wirklich etwas, was mirdiese Entscheidung erleichtern würde. Dennoch musste ich mir dies noch genaudurch den Kopf gehen lassen. Denn so wie ich meine Entscheidung bereitserahnte, würde sie klare Auswirkungen auf mein gesamtes restliches Leben haben. 

Des Teufels KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt