P.o.V. Lucifer
„Was machst du hier?" durchsprach ihre sanfte Stimme die Stille in diesem Haus. Doch ich konnte die Unsicherheit darin deutlich heraushören. Ich hatte eine ganze Woche gebraucht, um herauszufinden, wo sich ihr neues Haus befand. Nun stand ich hier, in ihrem Wohnzimmer. Ohne dass sie mich sehen, geschweige denn hören konnte. Dennoch hatte sie meine Anwesenheit wahrgenommen und auch noch direkt darauf reagiert. Faszinierend.
„Wenn das ein Scherz sein soll, dann spar dir das lieber und verschwinde. Ich dachte, ich habe mich deutlich genug ausgedrückt." Das hatte sie, selbstverständlich. Ich hatte mich jedoch auch an die Bedingungen meines Bruders gehalten und mich ihr weder gezeigt, noch mit ihr gesprochen. Dass sie dennoch wusste, dass ich da war, hätte vermutlich keiner von uns ahnen können. Dann hätte Zane vermutlich nicht zugelassen, dass ich nach ihr suchen würde. „Entschuldige, aber ich konnte es mir nicht nehmen lassen, einen kurzen Blick in dein neues Leben zu werfen."
Ich sah, wie sie sich automatisch in meine Richtung drehte und vor Schreck ein paar Schritte zurück stolperte. Vermutlich hatte sie gehofft, dass sie sich nur getäuscht hatte. Doch ich war wirklich hier. Mit Leib und Seele. „Du wusstest, dass ich hier bin. Das ist äußerst interessant." Gab ich mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen von mir und trat langsam näher zu Elodie. Sie hingegen schien das ein wenig zu stören, denn sie schüttelte noch im selben Augenblick den Kopf. „Bleib da stehen oder ich schwöre dir, beim Tod meiner Eltern, ich kratze dir diese grauenhaften roten Augen aus." Ihre Stimme klang nun ernster als noch zuvor. Die Unsicherheit darin, war kaum noch herauszuhören.
Doch es amüsierte mich nur, dass sie von meinen roten Augen sprach. Denn ihre sahen in diesem Augenblick kaum anders aus. Allerdings schienen sie bei ihr förmlich Funken zu sprühen. Es war unverkennbar, dass sie wütend war. Vielleicht auch enttäuscht oder etwas in der Art. So genau konnte ich das nicht sagen. „Schon gut, Kätzchen. Fahr deine Krallen wieder ein, ich will dir nicht wehtun." Meinte ich und hob dabei ergebend die Hände. „Warum zur Hölle lässt du mich nicht einfach in Ruhe?" fragte sie mich, während ihr Blick noch immer mit solch einer Ernsthaftigkeit auf mir lag, dass ich fast schon daran zweifelte, dass sie sich auch nur ansatzweise darüber freute, mich zu sehen.
„Wie ich schon sagte, ich wollte mir nur ansehen, wie du lebst. Es ist immerhin schon ein paar Monate her, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben. Warum hast du nicht erwähnt, dass du umgezogen bist? Wusstest du eigentlich, wie schwer es war, dich zu finden?" Elodies Blick wandelte sich schlagartig von Wut in Entsetzen. „Was dachtest du denn, warum dir niemand von diesem Umzug berichtet hat? Ich möchte dich nicht mehr sehen, nie wieder. Woher nimmst du dir das Recht, einfach nach mir zu suchen, obwohl ich das nicht will? Du bist ein regelrechter Stalker, Lucifer" Ich konnte nur leicht den Kopf darüber schütteln.
„Das bin ich nicht, Elodie." Entgegnete ich, obwohl diese Worte vermutlich sogar ein wenig der Wahrheit entsprachen. Wenn man es so betrachtete, käme dieses Verhalten womöglich wirklich einem Stalker gleich. „Ich gebe dir 5 Sekunden, um zu verschwinden. Endgültig." Sie stellte mir wirklich ein Ultimatum. Wie leichtsinnig sie doch gelegentlich war. Was hinderte mich denn daran, noch länger hier zu bleiben, als diese 5 Sekunden? „Ich bin nicht hier, um dich zurück in die Hölle zu holen. Auch nicht, um dich mit irgendwelchen Dingen zu beauftragen, die ein Teil davon wären." Während ich dies aussprach, trat ich langsam wieder ein paar Schritte in ihre Richtung. Auch wenn ich ihr ansehen konnte, dass sie alles andere als begeistert davon war.
„Warum legst du alles daran, mich von dir fernzuhalten? Das ist doch Irrsinn. Ich bin schon lange nicht mehr derjenige, der dir schaden will, Elodie." Ich war ihr nun so nahe, dass ich sogar wieder diese Unsicherheit in ihren Augen flackern sehen konnte. Sie war auf solch ein Treffen mit mir nicht vorbereitet gewesen. „Du wolltest mich nicht gehen lassen, Luc. Hätte Zane mich nicht nach Hause gebracht, würde ich vermutlich noch immer in der Hölle vor mich hin schmoren." Eine interessante Wortwahl, die mich wieder zum Schmunzeln brachte.
Ich streckte mit beabsichtigter Vorsicht eine Hand nach ihr aus und griff nach der Ihren. Im selben Augenblick, als sich unsere Hände berührten, überkam mich wieder diese Welle an angenehmer Wärme, die ich schon seit vielen Monaten nicht mehr gespürt hatte. Ich wusste, dass Elodie dies genauso empfand. Das anfangs entsetzte Glühen in ihren Augen, aufgrund meines plötzlichen Auftauchens, verschwand innerhalb weniger Sekunden. Sie sah nun nicht mehr ganz so wütend aus, wie zuvor. Ein wenig ruhiger.
Doch nur einen kurzen Augenblick später, indem ich lediglich die Wandlung in ihren Augen betrachtete, veränderte sich dies auch wieder und sie schlug meine Hand einfach weg. Ihre zuvor genannten 5 Sekunden waren schon lange vorbei, doch ich war noch immer hier. Das schien sie nicht gerade zu begeistern. „Lass deine Finger von mir, Lucifer. Ich möchte, dass du gehst. Sofort!" Ihre Stimme war lauter geworden und die eben noch verschwundene Wut in ihren Augen kehrte zurück. „Verschwinde und komm nie wieder, das ist mein voller Ernst."
Ein wenig betroffen trat ich einen Schritt zurück. Warum tat sie das? „Ich bin umgezogen, in der Hoffnung mit einem neuen Leben beginnen zu können. Weit weg von dem, was passiert ist. Raphael war mir in den letzten Monaten eine große Hilfe, dafür bin ich ihm wirklich dankbar. Aber du.." sie schüttelte leicht den Kopf. „Ich kann nicht fassen, dass du dennoch nach mir gesucht hast. Mein neues Leben sollte ohne dich stattfinden. Ohne dich und all diese Erinnerungen aus meiner persönlichen Hölle. Warum verstehst du denn nicht, dass ich dich nie wieder sehen möchte? Nicht einmal dein Versprechen konntest du halten, Lucifer. Ich möchte dich einfach vergessen und du machst es mir nicht gerade leicht, indem du plötzlich hier auftauchst und so tust, als wäre alles wie immer!"
Mit jedem weiteren Wort das sie sagte, schien ich nur immer weiter in mir selbst zu schrumpfen. Hatte ich mich wirklich selbst so sehr getäuscht? Gedacht, dass sie womöglich zurückkam, wenn sie mich wiedersehen würde? Was hatte ich bitte erwartet? Ich verstand ihre Beweggründe, doch wollte dennoch nicht, dass sie auf diese Weise über mich dachte. Genau das, hatte ich vermeiden wollen. Es war verständlich, dass sie nach ihrer Zeit in der Hölle nicht gerade zurückkehren wollte. Doch was war mit mir? Für einen kurzen Moment hatten wir uns sogar recht gut verstanden. Wie waren uns näher gekommen, als es eigentlich beabsichtigt war. Und jetzt wollte sie mich nie wieder sehen? Das ergab doch keinen Sinn.
„Hör auf damit, Elodie. Das denkst du doch nicht wirklich. Nicht alles was wir zusammen erlebt haben, war etwas Schlechtes. Okay, ich war anfangs nicht gerade nett zu dir aber das ist doch Monate her. Es gibt keinen Grund, weiterhin wütend auf mich zu sein, das ist doch Schwachsinn. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass du in meiner Gegenwart sogar lachen konntest. Dass du mich noch immer abgrundtief hasst, wie zu dem Zeitpunkt als du von meiner Existenz erfahren hast, kann also überhaupt nicht stimmen."
Daraufhin legte sich ein Schweigen über uns. Sie gab keine Wiederworte dazu von sich, obwohl ich das erwartet hätte. Sie stand einfach nur da, ihren Blick gezielt auf mich gerichtet, während ihre Augen mich regelrecht zu durchleuchten schienen. Als würde sie angestrengt über etwas nachdenken. „Vielleicht hast du Recht." Kam es schließlich murmelnd von ihr. „Damit, dass solche Momente existiert haben." Ich schöpfte sogar schon fast ein wenig Hoffnung, dass sie nun endlich einsah, wie falsch sie mit ihrer Ansicht lag. Sie konnte das Alles doch nicht einfach so hinter sich lassen. Irgendetwas trug sie selbst jetzt noch mit sich herum.
„Vielleichthasse ich dich auch nicht mehr.. vielleicht habe ich deshalb versucht, dich vonmir fernzuhalten." Ihre Stimme war sanfter geworden, doch ihr Blick wirkte nochimmer so, als würde sie eher zu sich selbst sprechen, als zu mir. „Ich kannaber nicht zulassen, dass du mir diesen Neuanfang auch noch zerstörst. Das hastdu bereits zu oft getan. Du gehörst zu meiner Vergangenheit, Lucifer. Das hierist mein neues Leben und für dich gibt es hier keinen Platz mehr." Diese Worteverletzten mich. Wirklich. Ich war ihr scheinbar wichtig und dennoch gab es keinen Platzfür mich? Selbst wenn sie weiterhin hier auf der Erde gelebt hätte, wäre es dennochschön gewesen, sie regelmäßig besuchen zu können, ohne dass sie michverabscheute. Doch auf solch eine Reaktion Ihrerseits war ich nicht vorbereitetgewesen. „Ich möchte wirklich, dass du verschwindest, Lucifer." Und das tat ich dann auch. Ohne noch ein einziges Wort an sie zu richten.
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Des Teufels Königin
RomanceDer erste Teil der Reihe „In den Fängen des Teufels". - Elodie lebt das Leben, was sich wohl jedes Mädchen wünscht. Sie reist als weltbekanntes Model in unzählige Orte der Welt, besitzt eine große Villa und das Auto ihrer Träume. Doch gequält von sc...