Flucht

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Wie gewohnt, zog ich mir ein Outfit über und die Stylistin kümmerte sich um meine Haare. Luc hingegen hatte das Glück, sich lediglich von dem oberen Teil seines Anzugs befreien zu müssen und einen Pulli der Marke über zu ziehen, der dieses Shooting galt. „Schätzchen, sie sehen aber gar nicht gut aus. Geht es ihnen gut?" Sagte die Stylistin leise an mein Oh rund ich erschauderte. Es war doch ihr Job sich darum zu kümmern, dass ich eben nicht mehr so beschissen aussah. „Alles bestens."

Das Shooting begann wie alle anderen, mit verschiedenen Posen, die wir einnahmen, damit der Fotograf genügend Bilder aus verschiedenen Perspektiven schießen konnte. Bei den ersten Posen, hatte ich das Glück auf meiner Seite, da Luc und ich uns dabei kaum berühren mussten. Doch umso länger das Shooting dauerte, desto näher kamen wir uns. Doch bei einer Pose brannten in mir einfach die Sicherungen durch.

Es war keine äußerst schwere Pose und wir berührten auch nicht die Haut des jeweils anderen. Luc stand lediglich mit dem Rücken zur Kamera und ich sollte meine Arme locker um seinen Körper legen. Nichts was sich nach einem Punkt anhörte, der für mich zu weit ging. Ich hielt es sogar für ein paar Sekunden aus, sodass der Fotograf wenigstens ein paar Bilder davon machen konnte, dann trat ich jedoch mit einem Kopfschütteln ein paar Schritte von ihm weg. Anfangs hatte sich seine Nähe so warm angefühlt und hatte ein Kribbeln ausgelöst. Jetzt allerdings, brachte mir seine Nähe nur ein Gefühl von eisiger Kälte, die immer mehr von mir Besitz ergriff, umso länger wir uns so nah waren.

„Ms. Theron, ist alles okay?" fragte mich der Fotograf etwas verwirrt und ich schüttelte erneut den Kopf „Nein, i-ich .. ich muss gehen." Mit den Worten lief ich einfach aus dem Studio in Richtung Umkleide. Tausende Erinnerungen überfluteten mich und erzeugten zusammen mit dem vorigen Erlebnis ein unheimliches Gefühl von Angst in meiner Magengegend. Ich musste hier unbedingt weg. So weit weg von Luc, wie nur irgend möglich. Er holte zu viele Erinnerungen hervor, die ich bereits geschafft hatte zu verdrängen.

„Hey, Elodie, was ist denn los?" Das war Luc's Stimme, der wohl direkt vor der Tür stehen musste. Ich antwortete ihm allerdings nicht. Ich konnte nicht garantieren, ob ich dann in Tränen ausbrechen würde. Das wollte ich garantiert nicht. Ich zog mich in Windeseile um, griff nach meiner Tasche und öffnete dann die Tür der Umkleide. Luc stand direkt davor, so groß und mächtig, wie er immer wirkte, doch sein Blick wirkte alles andere als das. War es Verwirrung, Unsicherheit oder doch Besorgnis? Er wollte nach meinem Arm greifen, doch ich schlug in einfach weg und lief an ihm vorbei.

Ich hatte es wohl nicht bemerkt, doch mir mussten Tränen in die Augen gestiegen sein. Als ich mir eine Strähne aus dem Gesicht streichen wollte, fiel mir auf, das Spuren von Tränen bereits mein Gesicht zierten. Das war es wohl mit meiner Selbstbeherrschung. „Mr. Theron, sie können doch nicht einfach gehen." Warf der Fotograf dazwischen, doch da öffnete ich bereits die Tür des Appartements und verließ dieses. Das letzte was ich hören konnte, war Luc, dessen Stimme wieder diesen bedrohlich tiefen Ton angenommen hatte. „Können sie nicht einmal die Klappe halten?!"

Auf schnellstem Wege lief ich zum Aufzug und fuhr direkt nach unten in die Lobby. Ich betete, dass Luc mir nicht hinterher lief. Ich wollte ihn nicht sehen. Nie wieder. Seine Augen hatten damals schon so eine besondere Wirkung auf mich gehabt. Weder seine Augen noch ihn wollte ich jemals wieder sehen. Ich fuhr mir schnell über die Augen, damit es nicht direkt auffiel, dass ich geweint hatte. Noch mehr Gerüchte wollte ich schließlich nicht am Hals haben.

Einigermaßen gefasst führte mein Weg nach draußen zu meinem Wagen. Ohne weiter darüber nachzudenken, was ich hier tat, stieg ich ein und legte meine Tasche auf den Beifahrersitz. Dann startete ich den Motor, der mit einem lauten Grölen ansprang. Geschickt fuhr ich aus der Parklücke und vom Parkplatz. Wenn Luc mir wirklich folgen würde, wäre es ein leichtes, mich zu finden. Mein Weg führte nach Hause. Der einzige Ort an dem ich meine Ruhe vor allem und jedem hatte.

Glücklicherweise tauchte Luc nicht auf. Auch nicht, als ich die Villa betrat und die Tür wieder hinter mir schloss. „Amanda?" Meine Stimme war brüchig, als ich sie rief und kurz darauf kam sie auch schon um die Ecke gelaufen. Als sie mich jedoch in dem Zustand entdeckte, blieb sie erst stehen, lief dann aber etwas schneller auf mich zu und nahm mich in den Arm. Bei dieser so angenehmen Wärme die sie ausstrahlte, brach ich nun endgültig in Tränen aus und begann zu schluchzen. Ich hatte wirklich gehofft, das alles endlich verarbeitet zu haben. Doch dem war nicht so.

Ich merkte nicht, wie sie mich langsam zu einem der Sofas führte und wir uns dort schließlich setzten. Sie hielt mich einfach in den Armen, während ich meinen Tränen freien Lauf ließ. Irgendwann musste es einfach passieren. Nur dass es so plötzlich kam, war unerwartet. In dem Moment war ich wirklich froh darüber, Amanda an meiner Seite zu haben. Sie kannte einen Teil meiner Lebensgeschichte und reagierte ohne große Worte auf diesen Zusammenbruch. „Ms. Was ist denn passiert?" fragte sie allerdings, sobald mein Schluchzen wieder langsam verebbt war und nur noch vereinzelt ein paar Tränen flossen. Doch noch immer hielt sie mich in ihrem Armen und ich hielt mich an ihr fest, wie an einem Anker.

„Ist etwas mit Luc passiert? Hat er ihnen weh getan? So wie .." begann sie und ich schüttelte leicht den Kopf, weshalb sie während dem Satz stoppte. „Nein, er .. er hat mir nicht weh getan. Nicht so." Ich spürte, wie Amanda langsam nickte und schließlich vorsichtig ihre Arme zurück zog. „Ich hole ihnen etwas zu trinken, das werden sie jetzt brauchen." Ich antwortete nur mit einem Nicken und blieb alleine auf dem Sofa zurück, während Amanda in die Küche lief. Automatisch zog ich meine Beine an und legte meine Arme um diese, damit diese plötzliche Kälte wieder verschwand. Mir war so unendlich kalt.

Die nächsten Minuten starrte ich einfach vor mich hin, bis Amanda in meinem Sichtfeld auftauchte und mir ein Glas mit einer roten Flüssigkeit hinhielt. „Ich passe auf sie auf, keine Sorge." Ich wusste, dass ich ihr vertrauen konnte. Auch wenn sie es nicht gut hieß, wenn ich Alkohol trank, doch in solchen Momenten machte sie da eben ein paar Ausnahmen. „Ich werde die Termine für den restlichen Tag verschieben. Das kann warten." So zückte sie ihr Handy und begann, den ganzen Terminplan zu ändern. „Danke Amanda, du bist ein Engel." Murmelte ich nur leise und setzte dann das Glas, welches meiner Ansicht nach Wein enthielt, an meine Lippen.

Ein paar Gläser würden reichen, um mich das Ganze vielleicht wieder etwas vergessen zu lassen. Danach würde es mir besser gehen. Alkohol hatte mir schon in früheren Zeiten oft mein kleines chaotisches Leben gerettet.

Des Teufels KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt