Unerfreulicher Besuch

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P.o.V. Raphael

„Jetzt leg endlich das Handy weg, Raph." Ertönte bereits, zum wohl hundertsten Mal an diesem Tag, die Stimme von Chamuel an meinem Ohr. „Ich verstehe ja, dass du dir Sorgen machst aber er wird ihr schon nicht den Kopf abreißen." Ich hob den Kopf etwas an und blickte so von meinem Handy hoch zu Cham, der mir auf einem der weißen Sofas gegenüber saß. Wir hielten uns gerne in der Bibliothek auf, hier war nur selten jemand und deshalb herrschte hier meistens eine Totenstille. „Und das weißt du so genau, weil..?"

Chamuel seufzte leise „Weil er zwar der Sohn des Teufels ist, er sie aber braucht, damit ihm nicht selbst der Kopf abgerissen wird. Jetzt leg das Ding weg." Mit einem unzufriedenen Brummen, gab ich seinem Wunsch nun doch nach und legte das Handy zur Seite. Meine einzige Möglichkeit, momentan mit Elodie in Kontakt zu treten und nicht mal dies wurde mir gestattet. „Ich weiß es ist schwer, Raph. Es ist nur für eine kurze Zeit, danach kannst du sie von mir aus sogar auffressen, wenn du willst."

„Sehr witzig, Cham. Dein Schützling lebt ja auch glücklich und zufrieden irgendwo im Nirgendwo, ganz weit weg von jemandem wie Lucifer." Brummte ich und allein bei dem Gedanken daran, dass Elodie gerade mit der Person alleine war, die ich am wenigsten in ihrer Nähe sehen wollte, spannte sich mein Kiefer automatisch an. Ich hatte diesen Deal eingehen müssen. Es war zum Schutz von Elodie, auch wenn ich nur noch mehr darunter leiden musste, sie nicht sehen zu können. Immerhin war dies jahrelang der Fall gewesen. Obwohl erst ein einziger Tag seit dieser Entscheidung vergangen war, fühlte es sich bereits wie eine Ewigkeit an.

Plötzlich trat ein leises Pling an mein Ohr, welches unmissverständlch von meinem Handy kommen musste. Doch bevor ich danach griff, richtete ich meinen Blick auf Cham, der mich nur so eisig anblickte, dass seine Augen wortwörtlich „Finger weg!" schrien. Ich quittierte dies allerdings nur mit einem leichten Lächeln und griff dann doch nach meinem Handy. Es gab nur eine einzige Person, die mir im Augenblick Auskunft darüber geben konnte, wie es Elodie ging. „Raphael.. hör doch wenigstens einmal darauf, was man dir sagt."

Ich zuckte zusammen, als eine weitere Stimme ertönte, die ich nur sehr ungerne vernahm. „Michael." Brummte ich und drehte mich zu dem blonden Mann um, der nur wenige Meter hinter dem Sofa aufgetaucht war, auf dem ich saß. Die eingegangene Nachricht beachtete ich nicht weiter. „Was machst du hier?" fragte ich ihn und musterte ihn skeptisch. Es klang vielleicht seltsam, aber auch Engel konnten sich untereinander nicht immer so gut leiden. „Dich davon abhalten, den ganzen Deal zu versauen. Was denkst du denn?" Kam es mit einem vorwurfsvollen Unterton von ihm zurück.

Während er näher kam, ließ ich das Handy langsam in meiner Jackentasche verschwinden. Wenn ich die Nachricht jetzt las, konnte ich mein Handy auch direkt in den Abgrund werfen. Ich kannte Michael und als oberster Erzengel, stand er über jedem von uns. Nicht einmal Chamuel hatte bei seinen Entscheidungen noch ein Mitspracherecht. Auch Cham wirkte nicht gerade erfreut darüber, Michael hier zu sehen. Besonders da sich der neu hinzugekommene Mann nun sogar direkt neben ihm auf dem Sofa niederließ.

„Sie ist dir wichtig Raph, das weiß ich. Das ist bei jedem von uns so." begann Michael wieder seine Worte, während er seinen klaren Blick weiterhin auf mich gerichtet hielt. „Es ist mutig von dir, dass du diesen Deal überhaupt eingegangen bist. Dann muss ich dich allerdings auch daran erinnern, dass du dich daran halten musst." Ich rollte nur genervt mit den Augen. „Hör mit diesem Geschwafel auf.. bitte." „Sie ist zwar ein Mensch aber sie ist nicht schutzlos." Versuchte er mir gerade wirklich zu erklären, dass ich mir keine Sorgen machen musste? „Hast du etwa vergessen, dass Lucifer bei ihr ist? Ich meine.. Lucifer.. hallo?"

Dafür erntete ich erstmal einen bösen Blick von Chamuel, von dem ich es allerdings gewohnt war, dass er sich aus solchen Diskussionen eher raus hielt. Das lag eben in unserer Natur. Michael war immer auf Gerechtigkeit aus und trug zum Mut der Menschen bei. Chamuel hingegen war eher spirituell veranlagt und kümmerte sich um die Zwischenmenschlichen Beziehungen. Darin war er ein absoluter Profi. Jophiel war die Kreativste von uns und half den Lebenden dabei, den Sinn des Lebens nicht aus den Augen zu verlieren. Sie war wie ein kleiner Sonnenschein, im Vergleich zu Azrael. Der kleine Todesengel, wie ich ihn nur allzu gerne nannte, half ihnen dabei, mit dem Tod und dem Verlust anderer Menschen besser umgehen zu können.

Dann gab es noch mich, Raphael, den Engel der Heilung, der eigentlich dafür sorgen sollte, dass Glück und Freude die Welt bereicherten. Wie Chamuel so gerne sagte, war meine Aufgabe darin, dafür zu sorgen, dass die Menschen auch in den dunkelsten Zeiten ihres Lebens, das Licht sehen konnten. Doch wie jeder mittlerweile wusste, verhielt ich mich nicht immer so, wie meine Bestimmung es für mich vorgesehen hatte. Von allen Engeln, war ich trotz dieser Eigenschaften ein kleiner Rebell. Vielleicht war das jedoch auch der Grund, weshalb ich mir mehr Sorgen um Elodie machte, als all die anderen Engel. Sie war nicht nur mein Schützling. Ich war darauf angelegt, körperlich, geistig und emotional auf bestimmte Situationen zu reagieren. Die anderen Erzengel hatten das nicht nötig.

„Er ist nicht anders als Levia. Ich bin auch nicht begeistert von ihr und will sie dort oben nicht sehen, aber sie hat Azrael doch auch nicht den Kopf abgerissen." Wäre Michael ein Mensch, hätte ich ihm, aufgrund meines rebellierenden inneren Ichs einfach den Kopf abgesäbelt. In diesem Fall wäre dies jedoch nur verschwendete Zeit. „Im Gegensatz zu Azrael, kann Elli Lucifer aber auf den Tod nicht ausstehen. Das macht einen deutlichen Unterschied." Berichtigte ich seine Aussage, da dies eindeutig kein wertbarer Vergleich war. Levia war nicht Lucifer und Elodie nicht Azrael. Vor allem existierte zwischen den beiden nicht solch eine Verbindung wie zwischen Mr. Todesengel und meiner Schwester. Glaubte ich jedenfalls.

„Eines verstehe ich nicht, Michael. Anfangs wolltest du, dass nicht mal Elodie von uns weiß und jetzt ist Lucifer plötzlich nicht mehr ganz so schlimm?" Ich runzelte die Stirn „Ich kenne den Deal aber hätten wir Elodie nicht in alles eingeweiht, wären wir schon lange Geschichte." Brummte ich, halb verwundert darüber, weshalb Michael das nun nicht mehr so ernst nahm, wie zu Beginn des ganzen Dramas. „Ich behalte sie auch weiterhin im Auge Raph, etwas was du im Augenblick nicht kannst. Es geht ihr gut, zumindest soweit ich das sehen kann."

Ich sah, wie selbst Chamuel sich bei diesen Worten ein Schmunzeln zu unterdrücken versuchte. „Weil du ja auch so oft unter den Lebenden bist und das so gut beurteilen kannst.." ergänzte dieser nun Michaels Worte, woraufhin auch ich Schwierigkeiten hatte, ernst zu bleiben. Michael war vielleicht nicht gerade die beste Gesellschaft und meist war ich derjenige, der solche ernsten Gespräche ins Lächerliche zog, doch diesmal übernahm das Cham für mich und ich war mehr als begeistert darüber. Mein rebellisches Verhalten färbte wohl etwas ab.

„Ich habe es nicht nötig diese Welt zu betreten, nur um etwas zu sehen, was ich auch von einer anderen Stelle aus beobachten kann. Wir sind nicht dafür gemacht, auf der Erde zu wandeln, das solltet ihr eigentlich wissen." Brummte Michael nur zurück und verschwand plötzlich einfach im Nichts. Zurück blieb lediglich die leere Stelle auf dem Sofa, auf dem er zuvor gesessen hatte. Das war typisch für ihn. Wenn er merkte, dass wir ihm in etwas überlegen waren, verschwand er einfach. Noch ein weiterer Grund, weshalb wir uns nicht so gut verstanden. Michael war es gewohnt, in allem höher zu stehen als wir.

„Okay, du darfst nachsehen, Raph. Ein letztes Mal! Sonst schmeiße ich das Ding auf die Straße und fahr mit dem Auto drüber." Sagte Cham nun mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen und ich zog fast direkt mein Handy aus der Jackentasche. "Dann kauf ich mir ein neues Cham, kein Problem." Es wunderte mich nicht, dass die eingegangene Nachricht von Lucifer kam. Er konnte mir schließlich nichts antun. Elodie hingegen schon und das war der Punkt, der mir solche Sorgen bereitete. Bevor sie gezwungenermaßen mit Luc in Kontakt getreten war, hatte ich kaum einen Gedanken an ihn verschwendet und nun drehte sich Alles nur noch darum.

Ich entsperrte das Handy und öffnete direkt die Nachricht, die Lucifer mir gesendet hatte. Es stand nicht viel darin. Lediglich ein paar wenige Worte und ein Bild, welches er hinzugefügt hatte.

„Alles in Ordnung, ihre Augen werden heller. Sie arbeitet nur wieder zu viel."

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Des Teufels KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt