P.o.V. Levia
Es war interessant, wie sich diese gesamte Situation unter solch absurden Voraussetzungen entwickelte. Ich kannte Lucifer bereits mein Leben lang, doch ich hatte von Anfang an bemerkt, dass etwas anders war, als das erste mal von Elodie gesprochen wurde. Schon damals war ich nicht begeistert darüber gewesen, von ihr zu hören. Mittlerweile war mir bewusst geworden, dass es gar keine so schlechte Idee war, Lucifers Plan in die Tat umzusetzen. Nachdem wir uns ausgesprochen und halbwegs wieder vertragen hatten, hatten wir über diesen Plan gesprochen. Ich musste nur sichergehen, dass es auch so funktionierte, wie wir uns das vorstellten.
„Kein einziger Kratzer?" fragte ich erneut nach, diesmal aber deutlich interessierter, woraufhin sich in Elodies Gesichtsausdruck nur noch mehr Verwirrung widerspiegelte. „Lucifer wurde zwar nicht dazu ausgebildet den Thron zu übernehmen aber das Leben in der Hölle hat auch ihn zu dem Wesen gemacht, welches er nun ist. Ich kann mich an keinen Moment erinnern, an dem er einen Menschen ohne großartige Verletzungen zurückgelassen hat." Ich setzte mich etwas aufrechter hin, um den Blick der braunhaarigen Frau mir gegenüber besser beobachten zu können. „Du scheinst ihm wichtig zu sein, Elodie. Und wenn ich mich nicht täusche, bist du nicht mehr so hasserfüllt wie zuvor, wenn er sich auch nur im selben Raum befindet wie du."
Es folgte ein Schweigen ihrerseits, dann ein nachdenklicher Blick zu dem Weinglas, welches bereits zur Hälfte geleert war. Vermutlich fragte sie sich gerade, ob sie diese Unterhaltung überhaupt weiterführen sollte. Ich konnte ihr diesen Gedanken nicht verübeln, Schließlich hatte ich solch eine Situation auch noch nie in dieser Form miterlebt. „Und was war hier auf der Erde? Hat er dir hier wehgetan? Er hat hier mehr Macht als in der Hölle." Wieder folgte ein Kopfschütteln von ihr, doch sie entschied sich wohl dafür, zu schweigen.
„Das hört sich bestimmt absurd an, aber die Hölle ist gar nicht so übel, wenn man von den Personen dort einmal absieht. Und mal ehrlich, welches Mädchen hat als Kind nicht davon geträumt einmal Prinzessin sein zu können. Geschweige denn Königin." Ich brauchte nur zu Zwinkern, wodurch sie direkt verstand, was ich damit meinte. „Ich werde das nicht machen, Levia. Wie oft soll ich das noch sagen?" Ich begann zu lachen und trank einen Schluck aus meinem Glas. Ich hatte immerhin den ausreichenden Verstand, um sie nicht direkt darauf anzusprechen. Lucifer würde dies deutlich schwerer fallen.
„Wenn du es nicht tust, wird Zane eine weitere unschuldige Person heraussuchen müssen, mit der er euren Platz einnehmen werden muss. Ich weiß, dass du dich an diesen Moment erinnern kannst, als all das hier angefangen hat. Denk bitte nur einmal über diese Möglichkeit nach, Elli. Vater hätte Genugtuung, eine unschuldige Seele würde gerettet werden und alle hätten, was sie wollten." "Alle außer ich.." murmelte sie, wobei sie mir einen bösen Blick zuwarf. Ich musste darauf achten, nicht dafür zu sorgen, dass sie einfach hinauslief und verschwand. Das würde die Situation nur noch komplizierter machen, als sie eh schon war.
„Vertrau mir, auch du wirst irgendwann merken, dass die Hölle gar nicht so anders ist, wie die Erde. Nur gibt es dort keine ätzenden Nachbarn, kreischende Babys oder Arbeit, die einen quasi dazu zwingt ein Burn-Out zu erleiden." Ich schüttelte belustigt den Kopf. „Lass mich raten, er ist dir wichtiger, als du zugeben willst. Das sehe ich in deinen Augen." Wie aufs Stichwort ließ ich meine Eigenen in einem feurigen Rot aufblitzen, welche ich in den letzten Minuten in einem neutralen dunklen braun gehalten hatte. Zane hatte mir schon vor langer Zeit erzählt, dass dies nicht ganz so abschreckend auf Menschen wirkte und er hatte damit sogar Recht gehabt. Auch er wandte diesen Trick an. Nur Lucifer schien sich davon nicht beeinflussen zu lassen. Doch auch dies hatte sich geändert, seitdem er mit Elodie zu tun hatte.
Wenn meine Theorie stimmte und sie sich einander mehr bedeuteten, als sie sich einstanden, würde dieser Plan funktionieren. Doch bevor wir dies wagten, musste ich mir da erst sicher sein. Ich hatte Lucifer nichts von dieser Seite des Plans erzählt. Er wusste nur, dass es eine Möglichkeit gab, alles in Ordnung zu bringen, ohne dass Elodie dauerhaft in der Hölle bleiben musste. Das war für ihn bereits Grund genug, es auszuprobieren. „Und was ist mit dir?" Ihrem Blick zu urteilen, schien sie nicht ganz zu verstehen was ich damit meinte. „Du hast ihn nach deinem Ausflug in die Hölle, dafür verabscheut, was er dir angetan hat. Vielleicht tust du das auch immer noch aber warum lässt du zu, dass er sich in deiner Nähe aufhält?" Sie starrte mir erst wortlos entgegen, woraufhin ich leicht zu grinsen begann.
Sie hatte sich diese Frage wohl schon selbst gestellt, ohne eine Antwort darauf gefunden zu haben. Das war interessant. „Wenn das hier ein Verhör werden soll, sehe ich keinen Grund dazu, noch länger hier zu bleiben." Antwortete sie mir kurz darauf, ehe sie sich von ihrem Platz erhob und ich wie automatisch nach ihrem Arm griff, um sie vom Gehen abzuhalten. „Okay, schon verstanden. Ich höre auf.. aber bitte bleib hier und leiste mir etwas Gesellschaft." Nach einem skeptischen Blick zu mir und einen kurzen Moment der Überlegung, setzte sie sich doch wieder auf den Platz neben mir. „Kein Wort über Lucifer." Es war wie eine indirekte Drohung und ich nickte verstehend. Ich hatte einen wunden Punkt getroffen, der zukünftig noch sehr interessant werden würde. Irgendetwas war geschehen, nachdem Lucifer mich endlich hier alleine gelassen hatte, um zu ihr zu gehen.
„Wo ist Azrael überhaupt? Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, ihn jemals getroffen zu haben." Hörte ich sie dann sagen, während ihr Blick aufmerksam auf mich gerichtet war. Auch das war interessant. Sie nutzte meine Waffen nun gegen mich. Wenn ich mit anderen alleine war, sprach ich nämlich genauso ungerne über ihn, wie sie es von Lucifer tat. Ich konnte schließlich nie wissen, ob er anwesend war und alles mithören konnte, was ich sagte. „Weißt du was?" Ich deutete auf ihr Glas und dann auf meines. „Wir brauchen mehr davon.. du weißt dass ich Recht habe." Ich konnte sehen, wie ein leichtes Schmunzeln auf Elodies Lippen trat, weshalb ich mein Glas auf dem Tisch abstellte und mich erhob, um die Weinflasche aus der Küche zu holen. „Was ist mit Tequila, Levia?" rief sie mir hinterher und ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. „Alles was du willst."
So saßen wir nur wenige Minuten später wieder vereint auf dem Sofa, mit Wein und Tequila vor uns auf dem Tisch. Alkohol hatte die bezaubernde Wirkung, uns für einen kurzen Moment vergessen zu lassen, was in unserer Vergangenheit geschehen war. Wir beide wussten das und ich war erleichtert darüber, dass Elodie diesem Wunsch genauso nachgab, wie ich es tat. Ich war verantwortlich dafür gewesen, dass sie Raphael verloren hatte. Doch sie saß hier neben mir, als wäre all dies nicht geschehen und floh mit mir aus dieser chaotischen Realität. Es waren angenehme Stunden die darauf folgten.
Doch unbewusst trat wieder dieses eine Thema hervor, welches wir eigentlich versucht hatten zu Beginn zu vermeiden. Allein der Alkohol sorgte jedoch dafür, dass Elodie es nicht mehr so ernst nahm, wie noch vor Kurzem und nun sogar mit einem Lachen darüber sprechen konnte. „Du willst dir das wirklich nicht noch einmal überlegen, Elli?" fragte ich sie nach nur wenigen Stunden, in denen wir schon einige Male unsere Gläser auffüllen mussten. Wir hatten beide zu viel getrunken, um noch realistisch darüber nachdenken zu können. „Königin sein ist gar nicht so übel." „Im Himmel vielleicht. In der Hölle ist doch niemand, da passiert vermutlich nie etwas spannendes." Erwiderte Elli, gefolgt von einem Lachen, ehe sie eine weitere Runde Tequila ihren Rachen hinunter spülte.
„In der Hölle bekommst du alles was du willst. Da kann der Himmel nicht annähernd mithalten. Glaub mir, ich weiß wovon ich spreche." Sprach ich grinsend aus und konnte mich dabei noch gut daran erinnern, wie ich damals selbst von wunderschönen Kleidern geträumt hatte, in denen ich majestätisch durch die Gänge schweben konnte. Ich hatte mir dies selbst verbaut aber nun hatte Elli die Chance dazu und ich beneidete sie in diesem Moment sogar ein wenig dafür. „Levia? Kannst du mir verraten, was das hier werden soll?" ertönte plötzlich eine raue und zugleich nicht ganz erfreute Stimme direkt hinter mir und ich drehte mich direkt mit einem breiten Grinsen zu Lucifer um, der uns beide nur fassungslos betrachtete. „Sie sollte eine Krone bekommen, findest du nicht, Bruderherz?"
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Des Teufels Königin
RomanceDer erste Teil der Reihe „In den Fängen des Teufels". - Elodie lebt das Leben, was sich wohl jedes Mädchen wünscht. Sie reist als weltbekanntes Model in unzählige Orte der Welt, besitzt eine große Villa und das Auto ihrer Träume. Doch gequält von sc...