Wahrheit oder Lüge?

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Kapitel 7

"Prinzessin", hauchte Kain bedauernd und die Hand vor mir hielt inne. Ich nutzte die Chance, die offensichtliche Verwirrung der Männer um mich herum und begann wieder, um das Einzige zu betteln, was für mich Sinn machte.

"Lasst ihn gehen. Ich habe den Diamanten gestohlen. Er hat damit nichts zu tun!", beschwor ich vollkommen verzweifelt und die Hand, griff nach mir. Automatisch versteifte ich mich in Erwartung, dass mich die Magie heiß und schonungslos foltern würde, aber stattdessen ergriffen die Finger lediglich mein Kinn und ich wurde dazu gezwungen ihn anzusehen, anstatt Kain. Silberne Augen, ein Sturm aus Quecksilber so ungehalten, wie ein Unwetter, in einem Gesicht, so rau, wie dieses Land. In einer anderen Zeit, in einen anderen Leben, hätte ich mich sofort in dieses Gesicht verliebt.

"Ist das ein Trick? Eine Lüge? Ein Versuch dem Schafott zu entgehen?", fragte die bitterkalte Stimme und ich versuchte seinen Blick standzuhalten. Ducan hatte mich nie gesehen und ich sah gerade wirklich nicht aus wie die Prinzessin, die ich einst war. Sie war vergraben in mir. Verdrängt und verbannt in einen Winkel so tief in mir, dass ich selbst kaum noch an sie herankam. Ich wollte in diesem Moment nicht sie sein. Wirklich nicht, aber dann sah ich wieder auf Kain und wusste, dass er sterben würde, wenn ich jetzt nicht die einzige Chance nutzt, die mir blieb. Die Wahrheit.

"Nein. Ich bin Prinzessin Lilyanna aus der Dynastie der Sommerlande", sagte ich, aber es fühlte sich wie eine Lüge an und auch er glaubte mir nicht, das sah ich sofort.

"Interessant. Auf Diebstahl gegenüber dem König, steht erhängen, aber auf Anmaßung solcher Titel, auspeitschen bis zum Tot. Du machst es nur noch schlimmer, Mädchen"

"Es ist die Wahrheit. Mein Vater war König Juri, geboren während der Herbstsonne als Thronfolger des Sommerlandes, meine Mutter Hana, geboren als Adlige im Reich des Frühlings. Es geschah aus Liebe. Vater sollte eine Winterprinzessin heiraten, deine Mutter. Es wäre fast zum Krieg gekommen, aber stattdessen versprach er dem Winterkönigreich, sein erstgeborenes Kind. Mich." sagte ich aber er schien nicht beeindruckt. Kein Wunder, das alles war kein Geheimnis, nichts was man nicht mit ein ewig Interesse an der Politik selbst herausbekommen könnte. Ich brauchte etwas Persönliches, etwas was nur er wissen konnte, etwas das keiner wusste.

"Dein Vater schenkte mir jedes Jahr zum Geburtstag ein wertvolles Geschenk. Darunter eine goldene Kugel. Ein Diadem aus weißen Gold, eine Halskette mit einem blauen Stern. Dazu Briefe die du geschrieben hast", fahre ich fort, er schien verwirrt, aber immer noch nicht überzeugt. Es waren offizielle Geschenke gewesen, davon konnte man irgendwie erfahren haben. Dazu kam, dass ich mich angesehen von diesen dreien, an keines mehr erinnerte. Ich war ein Kind gewesen und mir gingen bereits jetzt die Geschichten aus. Er würde mir nie glauben und das bedeutete, dass Kain unverschuldet sterben würde. Meinetwegen, die gerechtfertigterweise ebenfalls hingerichtete werden würde.

"Du hast es gehasst. Hast dir keine Mühe gegeben, du hattest eine furchtbare Handschrift und die Briefe waren immer sehr knapp formuliert. Im Letzten hast du mich ein Baby genannt", kratzte ich meine letzten Erinnerungen zusammen und nun sah er geschockt aus, als hätte man ihm einen Tritt in den Magen verpasst. Ich hatte keine Ahnung, ob er selbst noch wusste, was er vor so vielen Sonnenzyklen in einen dieser Briefe geschrieben hatte, aber ich wusste es noch. Weil ich mich furchtbar beleidigt gefühlt hatte, das mein Verlobter mich ein Baby genannt hatte. Er war zwölf Zyklen älter als ich und hatte es gehasst mit einer fremdländischen Prinzessin verlobt zu sein, was man ihn wohl nicht verübeln konnte.

Die Blitze um seine Finger erloschen, aber seine Hand griff dennoch nach mir. Packte mein Haar und zog meinen Kopf vom Boden. Purer Hass glomm in seinen Augen. Er glaubte mir immer noch kein Wort, oder wollte es nicht glauben. Kein Wunder, hatte er doch eigentlich vorgehabt eine hochgeborene Tochter seines eigenen Landes zu ehelichen, sobald mein achtzehnter Jahrestag verstrichen und ich immer noch unauffindbar war. Sobald der Vertrag mit dem Sommerkönigreich erloschen und seine Verlobung gelöst war. Warum war mir das nicht früher wieder eingefallen? Ach ja, weil ich es irgendwo aufgeschnappt und wieder verdrängt hatte, weil ich mich verletzt gefühlt hatte.

Jeder im Land wusste von seiner Geliebten Owellya, die nichts mehr begehrte, als die Frau an seiner Seite zu sein. Bereits lange vor meinen achtzehnten Geburtstag hatte es erste Gerüchte über Hochzeitsvorbereitungen gegeben. Das Volk hatte sich gefreut. Vergessen war die einstige Verlobte, genauso wie die Freundschaft zu den Sommerlanden. Das Leben ging weiter auch für Ducan.

Nun behauptete ein zerlumptes Mädchen wie ich, die zu sein, die er schon damals nicht hatte ehelichen wollen und dessen pures erscheinen es ihm unmöglich machte, die Frau zu heiraten, die er eigentlich wollte. Also, nein: es ging nicht darum ihn zu beweisen, wer ich war, er musste es auch glauben wollen.

"Du lügst", sagte er und ich sah ihm fest in die Augen. Er war einmal meine Zuflucht gewesen. Damals als ich auf einen Kohl wagen aus meiner Heimat geschmuggelt wurde, in das Land des Mannes, in das ich eh hatte einheiraten sollen.

"Hoheit überlassen sie dieses diebische Dreckspack, einfach uns. Sie müssen sich diese Märchen nicht anhören" sagte der treue Soldat zu seinem König und als Ducan mein Haar losließ und mein Kopf zurück auf den Boden sank, wusste ich das mir nun auch keine beweise je helfen würden. Für Ducan war ich nach all diesen Jahren nur noch eine Last, aber ich konnte nicht zulassen, dass er mir nicht glaubte, denn damit würde ich mein Leben verlieren.

"Der Diamant gehört mir, ich kann nichts stehlen, was mir bereits gehörte. Ich weiß, dass du Krieg führen willst. Dafür muss der Stein aber gestohlen bleiben, er ist ja dein Kriegsgrund, also warum vergessen wir die ganze Sache nicht einfach? Ich verschwinde wieder in der Menge und du heiratest deine Geliebte und stürzt dich in diesen Kampf gegen meinen Onkel? Du wirst mich nie wieder sehen." Er sah wieder auf mich herab und nun zuckten seine Mundwinkel.

"Jetzt weiß ich, dass du lügst. Keine Prinzessin würde jemals einfach wieder in dieses alte stinkendes Leben zurückkehren", meinte er kalt und ich musste an mich halten, um ihn zu sagen, was ich von seiner Arroganz hielt, aber ich schluckte jede Beleidigung, jeden bissigen Kommentar herunter und versuchte all meine Verachtung und meinen Trotz in den Blick zu legen, den ich ihm zuwarf.

„Ich tue es. Und ich würde jederzeit dem hier vorziehen", sagte ich und wusste, dass ich trotz meiner gewählten Worte seine Wut nur noch mehr geschürt hatte.

Beta: noch nicht

Chroniken der Winterlande Band 1 & 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt