Kapitel 123
Lilyanna
Ich band mir den Mantel enger um den Körper und war dankbar, ein paar dickere Pantoffeln angezogen zu haben, als ich Ducan durch die Gänge folgte. Der Winterkönig hatte sich nicht so viel Gedanken um seine Kleidung gemacht wie ich, obwohl selbst ich bereits absolut unpassend gekleidet war.
Mit einem Nachtmantel, verließ man eigentlich nicht die privaten Gemächer, aber es war spät geworden und der Hofstaat hätte sich nach diesem aufregenden Tag eigentlich längst zur Nacht hätte zurückziehen sollen. Ich für meinen Teil spürte wie die Müdigkeit drohte auch noch die letzte Energie zu rauben und alles in mir nach einen langen, tiefen Schlaf verlangte. Doch es ging nicht.
Nicht wenn die Frau, die ich an diesem Tag am liebsten umgebracht hätte, tatsächlich plötzlich tot war.
Die Wachen hinter uns und auch das noch flüchtig arbeitende Personal schenkten meinen und Ducans Aufzug keinerlei Aufmerksamkeit, als wir durch die Flure hetzten. Direkt zu den Gemächern, der Personen, die dem König am nächsten standen. Darunter auch die meiner Hofdamen, meiner Gesellschafterinnen. Xenia, ihre Cousine Holly und Charlotte.
Ich hörte Charlottes Weinen, noch eher ich sie sah. Einige der Adligen, ebenfalls in Nachtmäntel gekleidet, standen um sie herum und gafften, als hätten sie noch nie eine weinende Frau gesehen.
Xenia stand neben ihrer verstört aussehenden Cousine und versuchte Charlotte zu beruhigen, die sich auf dem Boden zusammen gekauert hatte und sich gar nicht mehr richtig fangen konnte.
Eugens Lehrling war bei ihr und bandagierte ihre die stark zitternden Hände, die komplett gerötet und mit blasen überwuchert waren, bis hin zu ihrem Ellenbogen, als hätte sie ihre Unterarme in kochendes Wasser gehalten. Doch das Weinen galt nicht nur ihren Verletzungen, das wusste ich, als Fremon den Kopf aus den Gemächern meiner Gesellschafterin steckte und Ducan mit einer Kopfbewegung deutete, dass er sich das ansehen müsse.
"Bleib hier", meinte der Winterkönig leise zu mir und ich sah ihn stirnrunzelnd an.
"Ich bin mir sicher ich hab Schlimmeres gesehen", widersprach ich noch sehr viel leiser und ich bemerkte, wie er den Kiefer aufeinander presste, bevor er einfach ergebend die Augen schloss und durchatmete.
Erstaunlich, dass ich daran ablesen konnte, dass er sich meinen Willen beugte. Ich war wahrlich die Letzte, auf deren Gemütszustand man Rücksicht nehmen musste. Ich war nicht aufgewachsen wie eine Prinzessin und hatte schon den ein oder anderen Toten gesehen.
Als Eugen die Gaffer in ihre Gemächer befehligte und wir dann Fremon in Charlottes Zimmer folgten, aber erstarrte ich dennoch kurz.
Es war tatsächlich Owellya.
Sie lag auf dem Boden vor einem Sichtschutz, ihr Gesicht war aufgedunsen, ihr Blick zeugte starr zu Decke und überall wo ihre Haut zusehen war, waren dort dieselben Blasen, wie bei Lady Charlotte. Als wäre sie bei lebendigen Leib gekocht worden. Ihr Gesicht zeigte pures Entsetzen und Schmerz. So viel Schmerz.
Ich war schockiert.
Nicht nur, weil meine Rivalin unter scheinbar unmenschlichen Qualen gelitten hatte, als sie starb, sondern auch wegen dem Rest der Situation. Sie war hier in den Gemächern einer meiner Hofdamen und trug ... Mein Hochzeitskleid.
Es war nicht verschnürt, als wäre sie eilig in den Rock gestiegen und ich sah auch, wie es an einigen Stellen zerrissen war, als hätte Owellya versucht, es schnell wieder abzunehmen, es aber nicht gekonnt.
"Vergifteter Stoff", meinte Ducan sofort und ich dachte an Charlotte, die sich heute Morgen noch dazu bereit erklärt, hatte es, anzupassen.
"Charlotte hatte es umnähen wollen. Ihre Hände sind damit in Kontakt gekommen", schlussfolgerte ich weiter und Eugen hinter uns nickte wieder.
"Eure Hofdame wird wieder gesund. Das Gift es ein Kontaktgift und muss schon eine große Fläche der Haut berühren, um tödlich zu sein", meint er und ich sah wieder auf Owellyas leblosen Körper.
Gideon durchsuchte den Raum währenddessen nach Spuren.
"Es deckt sich scheinbar alles mit der Aussagen der Ladys", meinte er dann und ich versuchte meine ehemalige Rivalin nicht mehr anzustarren. Doch es fiel mir schwer und eines Klos bildete sich in meinem Hals. Das hatte selbst Owellya nicht verdient, oder?
"Und die Aussage lautet?", fragte Ducan, von dem ganzen scheinbar komplett unberührt und einmal mehr schockierte es mich wie kalt er sein konnte. Er Winterkönig ging einmal um Owellya herum, die Arme hinter den Rücken verschränkt, eine Position, die er oft einnahm und sie vor Dominanz nur so trotzte. Unfassbar, dass er selbst mit nichts weiter als einer simplen Leinenhose und geschnürtem Hemd königlich erscheinen konnte.
Sein Blick war suchend, forschend und absolut konzentriert, als versuchte er etwas auszumachen, was nur er sehen konnte.
"Lady Charlotte gab an, dass sie sich nach dem Abendessen zurückgezogen hatte, um an dem Kleid der Prinzessin zu arbeiten. Als ihre Hände begannen zu brennen, war sie auf den Weg zu Lady Xenia um eine Salbe dagegen zu hohlen. Dabei begegnete sie Lady Owellya. Diese war wütend, aufgeregt und drängte sich in ihre Gemächer, nahm das Kleid an sich. Es kam zum Streit, den Lady Owellya gewann, weil Lady Charlotte solche Schmerzen hatte und gehen musste, um die Salbe zu bekommen. Lady Xenia verwies diese an Meister Eugen, ging aber schnell in Lady Charlottes Zimmer, um zu verhindern, dass Owellya etwas Unüberlegtes tat. Und fand sie hier. Tod."
Eugen nickte bei Gideons Ausführungen und deutete auf den Leichnam, von dessen Anblick ich tatsächlich etwas entsetzt war. Ein solches Schicksal hatte wohl keiner verdient. Niemand. Nicht mal Owellya.
"Es ist dasselbe Gift wie in den Pralinen, nur in einer anderen Variation und ich glaube nicht, dass es für Owellya oder Lady Charlotte bestimmt war", meinte er und betrachtete mich. Ich schluckte und wusste sofort, was er meinte.
Dies war ein erneuter Anschlag auf mich gewesen. Einer, der wieder andere getroffen hatte, anstelle von mir.
Es hatte Owellya erwischt, die keine Ahnung von dem Gift in dem Stoff gehabt hatte und entweder in diesen Anschlag nicht eingeweiht worden war oder nie etwas davon gewusst hatte. Genauso wie sie immer beteuert hatte, für den Giftanschlag auf mich nicht verantwortlich zu sein. Entsprach das der Wahrheit?
Hatte ich dieser Frau unrecht getan und sie war von Anfang an unschuldig gewesen? Wenn ja, gab es hier jemanden, den es nicht interessierte, ob ich nun ein bedeutungsloses Mädchen war, das behauptete, die Prinzessin zu sein, oder tatsächlich die zukünftige Königin. Er wollte mich tot sehen. Oder es gab einen zweiten Attentäter.
Ich erinnerte mich daran, wie mir ständig Leute erzählten, dass ich eine Reihe von Feinden hatte. Viele.
Die Rebellen, den ich eher Tod als lebendig nützlich war, obwohl sie meine Interessen in den Sommerlanden durchsetzen wollten. Die Herbstlande, die in mir ein Hindernis für den ungetrübten Handel sahen, anstatt als Nachfahrin einer ihrer Landsleute, der schreckliches angetan worden war und dann die Feinde in den Winterlanden selbst. Wie könnte ich dem allem jemals Heer werden?
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Und damit entlasse ich euch in die Sommerpause ^^ Termine stehen in meinem Profil.
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Chroniken der Winterlande Band 1 & 2
Romance(jeden Freitag) Die Prinzessin, die sie einmal war, ist fast vergessen. Ihr Zuhause unerreichbar fern und dieses kalte Herz, das einst ihr gehörte, hatte nun eine Andere. Lilyanna hat sich längst mit ihrem neunen Leben als Flüchtling und gelegentlic...