Pflicht Erfüllung

3K 277 19
                                    

Kapitel 102

Ducan

Ich betrachtete Lilyannas Augen und war froh darüber, dass ihre Antwort der Wahrheit entsprach. Sie war von Haus aus keine gute Lügnerin und alles andere als dumm, dennoch hatte ich mir Sorgen gemacht, sie könnte sich von ihren Gefühlen zu ihrem Heimatland leiten lassen. Sie war klug genug, das nicht zu tun, doch sie unterschätzte meine Motivation, sie bei mir zu behalten.

"Glaubst du, das ist der einzige Grund, warum ich dich lieber anketten würde, als dich diesen Rebellen zu überlassen?" fragte ich und Lilyannas Stirn runzelte sich leicht, als sie nachdachte.

"Dein Herz ist in mir und es könnte gegen das Neutralitätsgebot verstoßen, den Rebellen so direkt zu helfen", meinte sie und auch mit diesen Punkten hatte sie recht, aber es war immer noch nicht alles. Das alles waren lediglich die rationalen Gründe. Politischer Natur, aber sie ließen etwas viel Wichtigeres außer Acht: mich.

"Auch. Aber das entscheidende ist, Lilyanna: Ich bin der König der Winterlande und lasse mir weder etwas von ein paar Rebellen befehlen, noch gebe ich etwas her, was mir gehört", erklärte ich ihr, damit sie auch verstand, dass, selbst wenn ein Wunder geschah und all diese politischen Gründe wegfielen, es meine Ehre es nicht zulassen würde, sie aufzugeben. Lilyanna gehörte mir und sie musste mit der Gewissheit leben, dass ich sie jederzeit aus puren egoistischen Gründen wieder zurückholen würde. Ich würde nicht aufhören, sie zu jagen, wenn sie weglief, um ihre Heimat zu retten.

Und noch etwas musste sie akzeptieren, auch wenn ihr genau das am allerwenigsten gefiel.

"Du bleibst hier bei mir und wirst meine Kinder zur Welt bringen. Eines davon noch vor deiner Krönung zur Königin der Winterlande, damit das Kind ein Anrecht auf die Krone deiner Heimat hat." erklärte ich ihr und sah, wie sie die Lippen aufeinander presste, um nicht sofort zu widersprechen.

Sie hatte jetzt bereits einen ausgeprägten Beschützerinstinkt gegenüber ihren Kindern und wollte sie nicht in Gefahr sehen.

Das respektierte ich, aber es gab keinen anderen Weg, die Sommerlande dauerhaft zu befrieden und mein Land aus dem Würgegriff ihres Onkels zu befreien.

"Ich weiß, dass dieses Kind für immer eine Zielscheibe sein wird, aber ich habe die Macht, es zu beschützen. Dich zu beschützen. Und glaub mir: Oswald wird immer versuchen, dir oder unseren Kindern etwas anzutun, denn jeder, der von dir abstammt, hat zumindest einen hypothetischen Anspruch und wird für ihn und seine eigenen Nachkommen immer eine Gefahr darstellen. Es gibt für ihn keinen anderen Ausweg aus dieser Misere, als dich und deine Kinder umzubringen. Unabhängig davon, wann du gekrönt wirst", erklärte ich und machte sie mit der harten Realität vertraut.

Sie wird für immer in Angst leben müssen und für immer mit der Gewissheit leben, dass auch unsere Kinder Zielscheiben sein werden, auf die es ihr Onkel abgesehen hat. Wir befanden uns in einem Spiel, in dem es für keine der beiden Seiten andere Handlungsmöglichkeiten gab. Das Schicksal hatte die Figuren um uns herum so gesetzt und uns damit keine Wahlmöglichkeit gelassen.

"Wir heiraten in wenigen Tagen, Lilyanna und bis dahin habe ich vor, dieses neue Leben bereits in deinen Körper gepflanzt zu haben", verkündete ich ihr gerade heraus und war fasziniert davon, wie schnell ihre Gefühlslage umschlug.

Sah sie gerade noch danach aus, als wolle sie mich zu den Schatten wünschen, wurden nun ihre Gesichtszüge nun wieder weich. Ihre Lippen öffneten sich leicht, als würde sie plötzlich nicht mehr genügend Luft bekommen und ihre Haut strahlte plötzlich mehr Hitze ab als zuvor. Ich brauchte nicht mehr.

Ich hielt ihren Kiefer weiter fest, während ich mich vorlehnte, um ihre Lippen mit den meinen zu berühren. Einen Augenblick lang verharrte ich in dieser simplen, fast unschuldigen Geste, bis meine Magie ein Knistern von sich gab, als sie auf Lilyanna übersprang. Sie zuckte zusammen, machte aber nicht den Eindruck, dass es ihr Schmerzen bereitet hätte, also ließ ich jetzt meine Hand in ihren Nacken fahren und vertiefte den Kuss.

Chroniken der Winterlande Band 1 & 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt