Vertraute - teil 2

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Kapitel 131

Lilyanna

Noch einen Monat.

Nach der Hochzeit mit Ducan würde ich einen gewissen Schutz genießen. Zumindest hier am Hof, aber solange wir noch nicht verheiratet waren, schwebte ich in Gefahr. Offensichtlich.

Würde ich jetzt noch einen Monat in diesen Räumen eingesperrt sein? Der Gedanke versetzt mich erneut in Panik.

"Tut mir leid, Hoheit, ich wollte euch nicht traurig machen. Ich bin mir sicher, dass der König der Ehe mit euch ebenfalls ungeduldig gegenübersteht. Der König ist ein attraktiver Mann, ich kann mir vorstellen, dass ihr ihn euch an eure Seite wünscht."

Bei der Andeutung musste ich kurz auflachen. Natürlich würde meine Gesellschafterin niemals die Gerüchte wiedergeben, die eh schon im Hof kursierten und absolut der Wahrheit entsprachen. Ich teilte jetzt bereits das Bett mit dem König und während das in der normalen Bevölkerung absolut unproblematisch war, gab es hier doch Traditionen, um zu verhindern, dass einem Mann ein Kind untergeschoben werden könnte. Gerade in königlichen Linien wurde darauf geachtet. Mehr oder weniger.

Ducan wusste, dass er mein Erster gewesen war und er würde daran auch keine Zweifel lassen, wenn Gerüchte anderer Art aufkommen.

"Das ist es nicht, doch solange ich unverheiratet bin, befürchte ich, dass mir neue Anschläge drohen und Duc...der König, ist besorgt. Ich kann mich nicht mehr frei bewegen und das bin ich nicht gewohnt", meinte ich schnell, wobei ich mich daran erinnerte, Ducan mit seinem Titel anzusprechen.

Wir waren vertraut miteinander, ja, aber es gab Regeln.

"Der König hat viel durchlitten und wird von manchen hier am Hof nicht nur geliebt und verehrt, sondern auch gefürchtet. Er war noch ein Junge, aber der zerstörte Königsturm ist ein Mahnmal für seine Macht. Er könnte uns alle mit nur einem Gedanken in Asche verwandeln. Eine solche Macht besorgt viele Adlige. Wenn eure zukünftigen Kinder auch nur ähnlich mächtig sind, ist das ein Risiko für das Land. Natürlich will er euch schützen", meinte sie und ich dachte über ihre Worte nach.

Ich war nicht ganz ihrer Meinung, da ich die Ansicht vertrat, dass ein starker und mächtiger König immer gut für ein Land war, aber natürlich beschnitt Duncans Macht den Einfluss anderer Familien, die vor seiner Thronbesteigung wohl ein besseres Leben gehabt hatten. Außerdem konnte er durchaus furchteinflößend sein und das alleine genügte wohl für einige sich ihm entgegenzustellen.

Angst sorgte nicht immer dafür, dass Untertanen ruhig blieben. Manchmal konnte das durchaus auch zu einem Aufstand motivieren und wenn sie nicht an Ducan persönlich herankamen war ich, das beste Ziel, was sie haben konnten.

"Ich habe die Geschichten nur am Rande verfolgt. Von der Nacht, als das weiße Feuer das Schloss ergriff", meinte ich und Charlotte nickte.

"Ich ebenfalls. Ich glaube, man versteht es erst wirklich, wenn man den Turm einmal gesehen hat. Die Gewalt, die Macht und das was der damalige Prinz dort verloren hat", meinte sie und ich blickte sie geradezu entsetzt an.

"Ihr wart dort?" fragte ich und Lady Charlotte zuckte zusammen und erörterte.

"Verzeiht. Ich war noch ein Kind, es war ein Abenteuer. Die Brücke, die den Königsturm mit dem Rest des Schlosses verbindet, ist großflächig zerstört und es ist riskant, dort langzulaufen. Es ist nicht umsonst verboten. Aber das versteht man erst, wenn man alt genug ist. Es gibt auch einen Tunnel unter dem Turm, durch den man hineinkommt. Angeblich. Ein Fluchttunnel für den Fall, dass die Königsfamilie fliehen muss, aber ich nahm damals die Brücke. Der Zugang ist zwar bewacht, aber... die Palastwachen sind nicht sehr aufmerksam. Vielleicht hat sich das geändert, jetzt wo die Garde hier alles abriegelt, aber ... ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Zugang wirklich bewacht wird. Niemand geht dort freiwillig hinüber. Es ist gefährlich, denn es heißt dort würde es spuken!"

Das alles erklärte Lady Charlotte so hektisch, dass ich mir sicher war, dass sie sich dafür schämt, diese Regel missachtet zu haben. Aber ich war dennoch eher neidisch als böse auf sie.

Sie hatte gesehen, wirklich gesehen, warum Ducan war, wie er war. Wenn die Eheschließung noch gut einen Monat auf sich würde warten lassen und ich in dieser Zeit hier verweilen sollte, wäre es gut zu sehen, was auf dem Spiel stand. Eine vernichtete Familie, verbrannte, glückliche Momente.

Ich war mir fast sicher, dass ich mir die Decke nicht so auf den Kopf fallen würde, wenn ich nur die Möglichkeit hätte zu sehen, was Ducan hatte sehen müssen.

"Ihr wisst viel über den Palast, oder Lady Charlotte? Als ihr und eure Cousine hierherkamt war es ja schließlich Eure Aufgabe, alles hier kennenzulernen", begann ich und sah, wie Lady Charlotte mich fast schon ängstlich betrachtete. Als wüsste sie genau, worauf ich hinaus wollen könnte. Und wahrscheinlich wusste sie das auch.

"Ähm ... ja?"

"Wenn ich in diesen Turm gelangen wollen würde, wie müsste ich das anstellen müssen?", fragte ich weiter und Lady Charlotte schnappte entgeistert nach Luft.

"Also, Hoheit! Es ist wirklich gefährlich, die Brücke hat Löcher und der Zugang ist in einem der höheren Stockwerke des Palastes. Und es spukt dort, sagt man. Zudem...solltet ihr nicht in Euren Gemächern bleiben?", fragte sie bestürzt und ich fühlte mich etwas schlecht dabei, ihre Gutherzigkeit auszunutzen, aber ich würde es sicherlich nicht lange aushalten, hier festzusitzen und wollte verstehen, wie Ducan denkt und fühlt. Seine Kälte war manchmal einfach irritierend.

Ich sah zum Fenster.

"Eigentlich schon, aber ich könnte in einen der weniger bewachten Räume gelangen und wenn mir dort jemand das Fenster öffnen würde, könnte ich euch von dort zu der Brücke folgen", meinte ich und wieder sog Lady Charlotte scharf die Luft ein.

"Ihr meint, ihr wollt fliehen? Gegen den Willen des Königs?", fragte sie und ich ging vor ihrem Sessel in die Hocke und legte vertrauensvoll eine Hand vorsichtig auf die ihren.

"Ich bin verzweifelt, Charlotte. Es gibt Momente, da ist Ducan ... ich meine, der König, so kalt, dass ich ihn nicht verstehe. Und hier eingesperrt zu sein bereitet mir Unbehagen, ich habe das Gefühl, gleich den Verstand zu verlieren. Ich will nur erfahren, wer dieser Mann ist, den ich heirate und wenn ich sehe, was ihm zugestoßen ist, dann habe ich sicherlich auch mehr Verständnis dafür, in meinen Gemächern zu bleiben. Ich war noch nie gut darin, Befehle zu befolgen. Schon als Kind nicht", gestand ich ihr und schwor mir, sie davon zu überzeugen, mir zu helfen, denn wenn es eine Möglichkeit gab, einen Blick hinter dieser kalten Wand des Winterkönigs zu erhalten, würde ich es versuchen. Denn ich wollte ihn verstehen. Ich wollte ihn lieben! Besser, intensiver und einfach ...mehr...

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Chroniken der Winterlande Band 1 & 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt