Süßigkeiten unter Verdacht

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Kapitel 23

Ich schlug Eugens Hand beiseite und ging einmal um den Tisch herum, um irgendein Hindernis zwischen mir und diesen Magier zu bekommen. Ich hatte nicht vor, ihn an mir herumschneiden zu lassen. Die Bilder, die ich noch von meinem Besuch bei Kain in meinem Kopf hatte, machten mir eine Heidenangst und ich war mir alles andere als sicher, ob ich Eugen jemals wieder vertrauen konnte. Wahrscheinlich sollte es vertrauenerweckend wirken, dass er meine „Paralyse", wie er sie nannte, nicht ausgenutzt hatte um seine Tests zu machen, da hätte ich mich nicht dagegen wehren können. Aber wenn er glaubte, dass ich ihn jetzt auch nur in meiner Nähe dulden würde, nach all dem, was er Kain angetan hatte, dann irrte er sich.

„Ich versichere Euch, Hoheit. Kain geht es den Umständen entsprechend. Er leidet keine Schmerzen und das werdet Ihr auch nicht. Es ist nur ein kurzer Piks, ich benötige nur wenig Blut von Euch", versuchte er es ein weiteres Mal, aber wieder schüttelte ich den Kopf und schlang die schweren Stoffe fester um meine Schultern, als würden sie mir Schutz bieten können.

Nach meinem kleinen Ausflug, bei dem ich hoffnungslos unterkühlt gewesen war, hatte man mir dickere Kleider gebracht. Kleider, die eine Edeldame aus den Winterlanden würdig waren, aber ich hatte mich geweigert sie zu tragen. In ein Korsett eingeschnürt zu werden kam nicht in frage! Ich hatte lediglich einen der Kleiderüberwürfe über mein Sommerlands-Kleid gezogen und die missbilligenden Blicke der Ankleidedienerinnen ignoriert. Genauso wie ich jetzt Eugens warmen, fürsorglichen Blick ignorierte. Darauf würde ich kein zweites Mal hereinfallen!

„Schert Euch zu den Schattenlandbewohnern, Magier-Meister! Ich werde mich nicht von Euch ‚erforschen' lassen und dabei ist es mir egal, wie wütend es Euren König macht!", bei diesen Worten konnte ich meine Wut und meine Verzweiflung kaum im Zaum halten und wurde so laut, dass die Wachen vor meiner Tür sicherlich jedes Wort mitgehört hatten. Aber auch das war mir egal! Ich fühlte mich von Eugen und seinen Machenschaften verraten. Kain sah alles andere als gesund aus und das war nicht nur Ducans Schuld, sondern auch Eugens! Er hatte Kain das angetan. Das es auf Ducans Befehl hin geschah, machte die Handlungen des Magiers nicht besser!

„Ich bitte Euch, Hoheit. Es ist absolut ungefährlich!"

„Vergesst es! Und nun verschwindet aus meinen Gemächern!", forderte ich ihn lautstark auf und Eugen sah mich fast schon bedauernd an, während er immer noch dieses Röhrchen mit der Nadel in den Händen hielt, das angeblich so ungefährlich sein sollte. Um mir dieses Ding in den Arm zu rammen, würde er mich wohl wieder „paralysieren" müssen, freiwillig würde ich das niemals über mich ergehen lassen! Niemals! Es war bereits furchtbar genug, das Kain diese Folter ertragen musste und ich scheinbar nichts dagegen unternehmen konnte. Selbst wenn ich Ducan bewies, dass ich Prinzessin Lilyanna war. Nicht dass das noch nötig wäre, der hinterhältige Mistkerl hatte es wohl die ganze Zeit gewusst und es einfach ignoriert! Und warum ich hier in meinen Gemächern versauern sollte, musste mir keiner erklären.

Ich war ein Ungemach für Ducan. Er wollte seine Geliebte heiraten und er befürchtete, nun, da ich hier war, würde man von ihm fordern, sie fallen zu lassen und mich zu ehelichen! Nicht, dass ich darauf besonders großen Wert legen würde. Ducan war mir egal und dabei spielte es keine Rolle, was seine Berührung in mir auslöste oder wie gut ich mich gefühlt hatte, als ich in seinen Armen gelegen hatte. Alleine, dass ich mir das hatte eingestehen müssen, machte mich wütend. Ich wusste nicht warum, aber ich fühlte mich zu Ducan hingezogen, trotz allem, was er tat und ich schämte mich zutiefst dafür! In den Versuch mir das zu erklären, war ich zu dem Schluss gekommen, dass es einfach zu lange her gewesen war, dass mich jemand in den Arm genommen und mich beschützt hatte. Mein Körper musste da also einfach etwas verwechselt haben, denn Ducan hatte alles andere als vor, als mich zu beschützen! Er wollte mich verstecken, damit er sie heiraten konnte.

Owellya.

Als ich ihren Namen auch nur dachte, wurde mir die Kehle eng und ich musste mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass sie eigentlich nichts für ihre Situation konnte. Ducan liebte sie und wollte sie heiraten und dass ich ihm jetzt in die Quere kam und er versuchte, weiterhin seine Geliebte zu ehelichen, war nicht ihre Schuld. Sie sollte mir leidtun. Tat sie aber nicht und ich wusste nicht warum. Ich war auch nicht wütend auf sie als hätte sie mir etwas weggenommen und nicht eifer ... Nein. Halt. DAS war ich ganz sicher nicht! Das wäre lächerlich.

Es klopfte vorsichtig an meine Tür und noch bevor ich „herein" sagen konnte, trat eine dünne Dienerin in meine Gemächer, ein Tablett in der Hand. Sie sah scheu zwischen mir und Eugen hin und her, knickste kurz und stellte die Mahlzeit neben den immer noch unberührten Teller mit den Süßspeisen, die ich erhalten hatte, kurz bevor ich meinen kleinen Ausflug zu Eugen und Kain unternommen hatte.

Das war wohl auch mein Letzter gewesen. Noch bevor ich mich halbwegs wieder hatte bewegen können und Eugen mich ein weiteres Mal aufgesucht hatte, hatte ich den Dienstboten Eingang gesucht und nicht gefunden. Er war verschwunden, oder wie Eugen es mir gesagt hatte: magisch verschlossen. Da, wo vorher der Eingang gewesen war, war nun nur noch glattes Mauerwerk hinter den schweren Wandteppich zu finden. Auch in dieser Hinsicht hatte er mich verraten! Ich hätte ihm nie vertrauen sollen! Nie!

„Wo ist die andere Dienerin? Die mir die Süßspeisen nach dem Mittagessen brachte?" fragte ich die junge Frau, weil mich der kaum zu bändige Wunsch dazu anhielt, endlich ein mir wohlgesonnenes Gesicht zu sehen. Nach Eugens Verrat und Ducan, brauchte ich das gerade dringend.

„Sie ist krank, MyLady. Sie sagte, sie habe Magenschmerzen und ist in ihrer Unterkunft geblieben, als wir sie zum Abendessen holen wollten." sagte sie mit so leiser Stimme, dass ich sie kaum verstand. Aber als ich es tat, fiel mein Blick auf das Tablett mit den süßen Leckereien, die ich bis jetzt verschmäht hatte, weil die heiße Milch mit Honig noch meinen Magen füllte. Sie war krank, hatte Magenschmerzen. Sie hatte von dem Tablet gegessen. Ich nicht. Ich hatte es ihr gegeben und ... Ich spürte wie mir schlagartig wieder die Beine schwer wurden.

„Eugen! Sucht diese Dienerin auf!", forderte ich dann etwas schwerfällig und der Magier zog lediglich fragend eine Augenbraue nach oben. Von diesem Umschwung meiner Gefühle wahrscheinlich vollkommen überfordert.

„Ich habe Ihr von dem Teller gegeben, als Dankeschön dafür, dass sie mir den Weg durch die Dienstbotengänge wies. Ich habe davon noch nichts gegessen, aber ... was ist, wenn mein Onkel weiß, dass ich hier bin?", woher sollte ich schon wissen, wie viele Spione er hier hatte, ob er überhaupt welche hatte. Es konnte alles ein Zufall sein, aber wenn diese Dienerin starb, weil sie etwas gegessen hatte, was für mich bestimmt gewesen war, dann wäre Ihr Schicksal ebenfalls meine Schuld. Wie das von Kain und das konnte ich nicht ertragen. Egal wie wütend ich auf Eugen gerade war, dieser Verdacht lag wie ein Stein in meinem Magen und war gerade schlimmer als das Gefühl alleine auf der Welt zu sein.

Beta: geany

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alle anderen müssen sich noch gedulden :)

Chroniken der Winterlande Band 1 & 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt