Das hier habt ihr @Hopxe93 zu verdanken ^^
Kapitel 6
Ich erwachte mit dem Geschmack von Eisen im Mund und mit einer wahnsinnigen Kälte im Rücken. Dass mir kalt war, war für mich nichts Neues. Ich war ein Sommerlandskind und hatte mich nie an die Kälte in diesem Königreich gewöhnt, aber der Eisengeschmack war ekelhaft. Als ich mich mit dröhnenden Schädel umwälzte, um ihn auszuspucken, bemerkte ich meine gefesselten Hände, erst dann erinnerte ich mich. Der Diebstahl, der Eisdiamant, die Königsgarde. Kain. Bei den Göttern! Kain!
Blitzartig schüttelte ich die Benommenheit ab und rappelte mich auf, um mich umzusehen. Ich lag auf einen Steinboden und hatte eigentlich Gitterstäbe und einen finsteren Kerker erwartet, doch das war es nicht. Es war edler Boden, mit goldenen Fugen und einen aus farbigen Steinen gelegtes Muster. Ich sah Säulen, die so hochgingen, dass ich meinen Kopf schmerzhaft weit in den Nacken legen musste, um ihr Ende zu sehen. Eine bemalte Decke, mit einem gemalten Sternenhimmel und einen Mond der noch nicht zerbrochen war.
Spontan fiel mir die Geschichte meiner Mutter wieder ein. Sie hatte mir erzählt, dass der Mond nicht immer gebrochen gewesen war, dass es vor vielen, vielen Sonnenzyklen einen großen Knall gegeben hatte und den vorher perfekt runden Mond in diesen Zustand zurückgeblieben war. Sie hatte von Feuerregen erzählt, der auf die Erde gefallen ist. Ich hatte keine Ahnung, warum ich mich ausgerechnet jetzt an so etwas unsinnigen erinnerte.
"Da hat wohl wer ausgeschlafen", ertönte eine höhnische Männerstimme und ich sah einen Soldaten in silberner glänzender Rüstung und dem typischen blauen Umhang der Königsgarde. Er hatte seinen Helm abgenommen und sah so herablassend auf mich herab, dass ich ihm am liebsten ins Gesicht gespuckt hätte, aber ich tat es nicht. So viel Anstand hatte ich noch.
"Sag uns einfach wo der Diamant ist, das bleibt dir das Nächste erspart", sagte er weiter und ich presste meine Lippen aufeinander, bis sie schmerzten. Ich würde niemals freiwillig etwas sagen, höchstens alles leugnen. Zumindest, solange, wie ich konnte, auch wenn ich wusste, dass sie mir wehtun würden, um es herauszubekommen, bevor sie mich dann als Strafe aufknüpfen ließen. Ich hatte den König bestohlen, ich wusste, was das bedeutete.
"Mach es dir nicht noch schwerer, dein Freund war schon dumm genug zu schweigen!", sagte er und deutete dann auf eine weitere Gestalt auf den Boden. Ich erkannte Kains ohnmächtigen und verkrampften Körper. Dann blickte ich weiter und sah Beine umhüllt von edlem Stoff und langgliedrige Hände die gerade erst von Kain abließen. Gepflegte Fingernägel und Ringe an der Hand.
Ein Mann mit silbernen, langen Haar, wie es nur Männer in Königsfamilien trugen und eine Reihe von silbernen Ringen in seinem Ohr. Er war gerade dabei, sich zu erheben und als er das tat, zuckte ich automatisch zusammen. Er war groß, mit breiten Schultern, dass in einem Leinenhemd steckte, dessen Ärmel er lässig nach oben gerollt hatte. Kräftige Unterarme mit starken Sehnen, die sich unter seiner Haut abzeichneten. Und Magie, die um seine Finger herum flirte, wie kleine Blitze. Ich starrte wie gebannt auf diese Hand, solange bis dieses Zucken auf seiner Haut aufhörte zu tanzen und ich spürte wie er mich ansah.
Dann erfasste ich sein Gesicht. Kantig, männlich, wunderschön und absolut kalt wie das Land, das er regierte. Mir musste niemand sagen, wenn ich da vor mir hatte, ich wusste es sofort. Der Winterkönig. König Ducan vom Winterkönigreich, den Mann, den ich einmal hatte heiraten sollen. Damals, in einem anderen Leben. Seine Augen fixierten mich, sahen missbilligend aus, als sein Blick über mein Haar glitt, dass sich in goldenen Strähnen über den edlen Boden verteilte. Ich schluckte und begann zu zittern, wollte mich aufrappeln und fliehen, aber als ich das versuchte, legte sich plötzlich ein schwerer Fuß genau zwischen meine Schulterblätter und drückte mich zurück auf den Boden.
"Ein bisschen Respekt, Mädchen, wo du doch schon einen ganzen Stand beleidigt hast", sagte der Soldat hinter mir und ich dachte wieder an meine Haare. Ja, wenn einfache Frauen lange Haare trugen, betrachteten das einig Adlige sicherlich als Beleidigung. Das hatte ich schon als Kind nicht verstanden und jetzt tat ich es noch weniger.
Ich starrte in die Augen des Mannes, den ich einmal hatte heiraten sollen und spürte wie ich nichts als Angst empfand. In dem absoluten Wissen, dass ich sterben würde, gefangen blieb. Denn egal was ich tat, egal was ich sagte, er würde mir nicht glauben und selbst wenn er das tat: Ich wollte nicht seine Frau werden, ich wollte lieber als Lil sterben, als ein Spielball der Politik zu werden, denn etwas anderes würde mich nicht erwarten? Liebe? Nein. Auch als seine Frau hätte ich die nicht bekommen, er liebte eine Andere. Schon immer. Ich wäre nur das Symbol einer politischen Verbindung.
"Lilyanna?" Kains Stimme war ein Hauchen, als er sich begann zu bewegen und sich angestrengt zu mir herumdrehte, um mich anzusehen. Seine Augen waren panisch und zuckten unkontrolliert, als hätte er selbst jetzt noch Schmerzen und trotz allem sah er mich an, als machte er sich nur Sorgen um mich. Seine Hände waren hinter seinem Rücken festgebunden aber er versuchte sie abzustreifen, nicht zum ersten Mal. Ich sah seinen Wund gescheuerten Gelenke. Mir stiegen Tränen in die Augen, diesmal seinetwegen. Kain. Ob er ahnte, dass er gerade meinen wahren Namen benutzt hatte? Ob er ahnte, dass ich es tatsächlich war? Prinzessin Lilyanna?
"Bitte. Er hat damit nichts zu tun, lasst ihn gehen!", flehte ich und war erstaunt wie fest meine Stimme klang, als sich ein Blick aus kalten, silbernen Augen auf mich legte. König Ducan. Er war so attraktiv, dass es weh tat ihm ins Gesicht zu sehen und dennoch stieg nichts als Furcht in mir auf.
"Wo ist der Stein?", fragte Ducan und seine Stimme war noch schlimmer als seine Augen. Die Kälte war klirrend, schnitt in meinen Verstand, wie eine Klinge. Ich schwieg und er kam auf mich zu, beugte sich herunter um mich mit der Hand zu berühren, um die wieder diese Blitze zuckten. Magie. Aber sicherlich keine angenehme. Kain rutschte auf den Boden in meine Richtung und es schien fast so, als wolle er doch tatsächlich den König angreifen, aber da kam ein weiterer Soldat und hielt ihn mit einem Fuß auf seinen Kopf in Schach. Als wäre er nichts weiter als Ungeziefer.
"Überlege es dir, Junge. Niemand wäre traurig darüber, wenn ich dir den Schädel zertrümmere", sagte dieser aber Kain kümmerte das nicht. Sein Blick bohrte sich in mein Gesicht, während ich zwischen ihm und dieser Hand hin und her sah, die sich mir näherte. Ein Funken sprangen bereits über, bohrten sich schmerzhaft in meine Haut aber das würde nichts in Vergleich zu dem sein, was mich erwartete, wenn er mich damit berührte. Ich spürte das Stück meines Körpers verkrampfte als es mit der Magie in Berührung kam und ich wusste, dass ich gleich schreien würde. Dass der Mann, von dem ich mir einst Schutz und Liebe erhofft hatte, mir gleich sehr sehr wehtun würde. Er würde mich folter, notfalls verstümmeln, um die Antworten zu bekommen, die er haben wollte und dann würde ich sterben. Gequält und ermordet von dem Mann, der einmal mein Schicksal gewesen war. Ein passendes Ende, beschloss ich. Es spielte auch nicht wirklich eine Rolle. Lilyanna war bereits tot, Lil würde ihr folgen und fast war dieser Gedanke tröstlich. Es würde vorbei sein.
Beta. noch nicht
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Chroniken der Winterlande Band 1 & 2
Romansa(jeden Freitag) Die Prinzessin, die sie einmal war, ist fast vergessen. Ihr Zuhause unerreichbar fern und dieses kalte Herz, das einst ihr gehörte, hatte nun eine Andere. Lilyanna hat sich längst mit ihrem neunen Leben als Flüchtling und gelegentlic...