Unschuld - Teil 2

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Kapitel 31

„Dass die Zitadelle das so sieht, verwundert mich nicht. Ihr seid doch alle Unverheiratet und habt dennoch Kinder", gab ich zurück und zog dabei die Nase kraus, weil außerehelichen Intimitäten zwar in der einfachen Bevölkerung fast normal waren, aber man vermied es dennoch, weil ein uneheliches Kind zu bekommen, einen selbst ruinierte. Bastarde muss man sich nun einmal leisten können. Manche Männer kümmerten sich um ihre unehelichen Kinder, aber die meisten hatten das nicht vor und die Frau konnte schlecht beweisen, wer der Vater war und so vermeidet man als unverheiratete Frau so etwas am besten ganz. Die Zitadellenmitglieder sahen das allerdings anders. Sie hatten oft Nachwuchs und das ausschließlich außerehelich. Weibliche Magieanwänder waren allerdings auch nie alleine mit ihren Kindern, selbst wenn der Vater die Vaterschaft abstritt. Die Zitadelle unterstützte eben ihre Mitglieder. Den Luxus hatten normal bürgerliche nicht.

„Die Regeln der Göttlichen widersagen uns eine Ehe, nicht unsere natürlichen Triebe und Wünsche nach Familie und Intimitäten sind absolut natürlich. Obwohl auch die Sommerlande fast dazu übergelaufen sind, wie die Frühlingslande zuvor, eine Art Zurückhaltung zu verlangen. Ein Zölibat, nannten sie das, wenn ich mich recht entsinne. Eine widernatürliche Angelegenheit" sagte Eugen und ich verengte die Augen.

So weit hergeholt empfand ich diese Forderung allerdings nicht. Es mag widernatürlich sein, aber jedes Zitadellenmitglied war einmal ein Adeliger gewesen und wenn seine Kinder keine Magie wirken konnten, dann würden diese selbst nie der Zitadelle beitreten und damit hätten sie Anspruch auf Titel und Machtpositionen im Rest der Welt. Das führte bereits zu Erbfolge-Streitigkeiten, denn obwohl es üblich war, dass diese Kinder auf ihr Erbe verzichteten und in den Städten um die Zitadelle herum wohnhaft blieben, konnte man sie nicht dazu zwingen. Selbst wenn sie keine Magier waren, hatte sie magisches Blut in sich, wie ich auch. Und magisches Blut legitimierte zur Macht. Ich bin als Adelige geboren, das konnte mir keiner nehmen, genauso wenig wie man das diesen Kindern nehmen konnte. Nur weil man, die in einem innewohnende Magie nicht anwenden konnte, hieß das nicht, dass meine Nachkommen es nicht können würden. Wenn die Götter es so wollten, würde es so geschehen.

Nur wenn viele Generationen vergingen, schien es ausgeschlossen, das irgendwann einmal ein Kind geboren wurde, dass Magie anwenden konnte. Nach diesem Kriterium konnte man also feststellen wie viel magsiches Blut in einer Familie herrschte und inwieweit sie noch in der Gunst der Götter standen.

„Kann man es ihnen verübeln? Den Frühlingslanden, meine ich? Nach all dem Chaos, dass dort hervorgerufen wurde? Wenn ihr Kinder bekommt und die wieder erwartend nicht magisch begabt sind, werden sie keine Zitadellenmitglieder, aber Gewöhnliche sind sie aufgrund Euer aller adligen Herkunft auch nicht. Wenn sie Anspruch auf ihre Herkunft und ihre Titel erheben, bringt das ganze Erbfolgen durcheinander und führt zu Unsicherheiten in den Herrschaftsansprüchen. Immer kann, wie aus dem Nichts, ein Verwandter auftauchen, der größeren Anspruch auf Titel und Macht hat als man selbst. Das haben die Frühlingslande sehr schmerzlich erfahren müssen."

Da war nämlich genau das eingetreten, was man immer hatte vermeiden wollen. Ein hoher Adliger, ein enger vertrauter des Königshofes, hatte seine Ämter niederlegen müssen, weil ein Vetter aufgetaucht war, der nicht auf seine Erbansprüche verzichtet hatte und sich weigerte, in den Städten zu bleiben, die kurz außerhalb der Zitadelle lagen. Er hatte sein Anrecht auf eine hohe Position tatsächlich einfordern wollen und dabei war es ihm egal gewesen, dass er das göttliche Gefüge durcheinander brachte oder das seine Eltern keine Titel mehr innehatten. Nur weil er unehelich geboren worden war, hatte man seine Unverschämtheiten Ansprüche abwenden können, musste ihm aber dennoch einen hohen Rang anerkennen, damit er sich zufriedengab. Das alles hatte die innere Stabilität der Frühlingslande gefährdet. Sogar erheblich. Kurz hatte man sogar einen Bürgerkrieg befürchtet. Meine Mutter war ein junges Mädchen gewesen, als das geschah und sie von dieser ganzen Sache persönlich betroffen gewesen, denn es war ihr Onkel gewesen, denn man hatte den Titel stehlen wollen. Sie selbst hätte ebenso ihren Titel verloren, wenn es so weit gekommen wäre. Was hätte sie dann tun sollen? Von Titel hingen, Ämter und Gehälter ab, Heiratsverträge und sogar bereits bestehende Ehen. Das Chaos war unvorstellbar gewesen.

„Eure Mutter hat das schmerzlich erfahren, das ist mir bewusst, Prinzessin und dennoch: Die Zitadelle hat dazu eine klare Stellung. Wir verzichten auf unsere Ränge und Titel bei Eintritt in die Zitadelle, nur bei fehlenden Nachkommen eines Hauses ist es möglich, das ein Nachkomme von uns einen solchen Titel erbt. Und das ist nur ein einziges Mal vorgekommen. Auch, wenn es wohl in naher Zukunft wieder nötig sein wird." Sagte er und ich runzelte die Stirn. Ich wusste nicht, was er mit dem letzten Satz meinte, ließ mich aber auch von dem davor, nicht überzeugen. Wenn es doch so klar geregelt war, warum war so etwas dann dem Onkel meiner Mutter passiert? Nein, es gab Schlupflöcher und die konnte man auch offensichtlich Nutzen.

Allerdings war es vielleicht wirklich Unfair von den Magiern zu verlangen, keine Kinder haben zu dürfen.

„Habt Ihr Kinder, Meister Eugen?", fragte ich neugierig und er lächelte mich breit an, bevor er etwas mysteriös antwortete.

„Ich bin schon sehr lange in den Winterlanden, Prinzessin"

„Das beantwortet meine Frage nicht." Obwohl ein wenig schon. Magier leben eigentlich in der Zitadelle. Das war ihr Zuhause und dort waren auch die Kinder untergebracht, oder eben in den Ländereien davor, die zu keiner der vier herrschenden Nationen gehörten. Dass Eugen so lange schon hier war, lag alleine daran, dass Ducan nie der Zitadelle beigetreten war. Zumindest glaubte ich das.

„Es ist eine sehr unverblümte Frage", gab er zurück aber ich zuckte mit den Schultern

„Ihr wart auch sehr unverblümt, als Ihr mir indirekt sagtet, dass eine fehlende Jungfräulichkeit meinerseits Euch nicht davon abhalten wird, mich weiter zu einer Ehe mit Ducan zu drängen." erwiderte ich direkt und ich war fast etwas froh, dass sein Lächeln nicht verblasse. Dann aber nahmen seinen Augen einen leicht schalkhaftes Schimmer an, den ich von Cedric bereits kannte. Das bedeutete meistens, dass er sich über etwas freute, worüber man sich nicht freuen sollte. Wie etwa, wenn ich es geschafft hatte, ihm einige Münzen zu stehlen und nicht gleich wusste, ob er stolz oder Entrüstung empfinden sollte.

„Ihr könnt zwischen den Zeilen lesen, Prinzessin das ist gut und beängstigend zugleich." Also doch. Stolz oder Entrüstung. Ich fand allerdings unheimlich, dass Eugen dabei ähnlich empfand wie Cedric. Eugen hatte es auch eher amüsiert, dass ich durch die Dienstbotengänge huschte und mich Ducan so offen widersetzte, obwohl er das eigentlich schändlich finden sollte. In dieser Hinsicht ähnelte der Magier, meinen Zieh-Vater und dennoch wusste ich sofort, dass sie sich wahrscheinlich nicht mögen würden. Nicht ein bisschen.

„Dankt Cedric dafür", sagte ich und testete somit meine Vermutung. Eugen verzog tatsächlich das Gesicht und wurde mit einem Mal sehr ernst. Alleine Cedrics Namen sorgten dafür, das Eugen das Lachen verging. Woran das wohl lag?

Beta: noch nicht 

Beta: noch nicht 

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Chroniken der Winterlande Band 1 & 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt