Kapitel 110
Ducan
Ich wartete darauf, dass Lilyannas Lächeln in sich zusammenfiel und schluckte den Schmerz herunter, den es mir verursachte, sie auf diese kalte Weise zu einer Unterredung bitten zu müssen. Aber ich konnte nicht ignorieren, dass sie Owellya tatsächlich vor Anwesenden vorgeworfen hatte, sie hätte töten zu wollen.
Selbst wenn es der Wahrheit entsprach, war das ein Affront gegen ein Mitglied meiner hohen Hofmitglieder, die ohne einen Beweis nicht einfach so geäußert werden durfte. Vor allem nicht, solange sie noch nicht meine Frau war und das Land noch nicht wusste, was es von dieser Königin zu erwarten hatte.
Die Beschwerde, die Owellya im ganzen Schloss nach der Anprobe mir offiziell vorgetragen hatte, war nicht ungehört geblieben. Es wurde im ganzen Schloss darüber geredet und wahrscheinlich auch außerhalb.
Lilyanna verabschiedete sich von Eugen, stellte die Geschenktruhe beiseite und kam dann auf mich zu, wobei sie versuchte gelassen und höflich zu wirken.
"Mein König", begrüßte sie mich und ich schloss kurz die Augen angesichts dieser absolut falschen Anrede.
Ich war nicht ihr König. Sie war keine meiner Untertanen und würde es auch nie sein, nur meine Frau und meine Königin. Allerdings missfiel mir diese Rolle extrem und ich wusste nicht wieso.
Während der Verlobung mit Owellya war ich ständig im Einklang mit dem Gedanken gewesen, dass sie meine Königin sein würde. Vielleicht fiel es mir so schwer, weil etwas in mir mein Verhältnis mit Lilyanna nicht darauf beschränken wollte.
König und Königin, das bedeutete lediglich ein Interesse zu teilen. Eine Verantwortung. Mehr beinhalteten diese Stellungen meist nicht. Doch die Tatsache, dass selbst jetzt, in dem Moment, in dem ich wütend auf Lilyanna war, es nicht lassen konnte, meine Magie um sie zu schlingen, verriet, dass es mehr war. Längst. Und das machte mir Sorgen, denn es gab Momente wie diesen hier, in denen ich mit ihr streng würde sein müssen.
Sie war nicht in dieser Schlangengrube aufgewachsen, ihre direkte und impulsive, manchmal sture Art konnte ihr hier auf die Füße fallen und im Gegensatz zu mir gab es hier Personen wie Owellya, die das versuchten gegen sie zu benutzen.
"Du hast Owellya in Anwesenheit deiner Hofdamen und ein paar Diener vorgeworfen dich umbringen zu wollen", meinte ich und sah wie Lillyanas Lächeln weiter zitterte. Etwas in ihren Augen blitzte kampflustig auf und ich wusste, dass dies hier nicht so einfach werden würde wie ich dachte.
Es gefiel mir nicht, sie tadeln zu müssen.
"Ehrlich gesagt, hatte ich gehofft, dass es nicht so viele mitbekommen haben"
"Es ist unwichtig, wie viele es waren, selbst wenn lediglich Owellya es gehört hätte, wäre es ein Affront gewesen. Wir haben keine Beweise dafür, dass sie an dem Mordanschlag beteiligt war und diese Anschuldigung ist schwerwiegend", meinte ich und ich konnte die Frustration in ihrem Blick nachvollziehen. Es war dieselbe, die ich in mir spürte. Doch ich hatte mich unter Kontrolle. Lilyanna aber verschränkte die Arme vor der Brust und begann damit an ihrer Unterlippe herumzukauen, ein eindeutiges Zeichen bei ihr, dass sie mit sich kämpfte sich zurückzuhalten.
Doch die Wut, die sie dabei ausstrahlte, versenkte mich schier. Sie würde nie in das beherrschte Bild einer Königin passen und wohl immer für mehr Ärger sorgen. Sie war eine Königin, die so wenig in die Winterlande mit seiner kühlen Gelassenheit passte, dass es nur als Scherz der Götter aufgefasst werden konnte. Als wäre Chaos die Zukunft meines Landes.
"Also hat dieses mörderische Miststück gepetzt und sich bei dir ausgeheult?", fragte sie und ich griff nach einem ihrer Arme in dem unsinnigen Versuch, sie zu beruhigen. Doch es war als versuchte man einen Sturm zu zügeln.
"Sie hat Beschwerde gegen dich eingelegt. Offiziell. Sie fordert, dass sie entweder offiziell angezeigt wird, oder dass du dich entschuldigst."
"ICH SOLL MICH ENTSCHULDIGEN?", fragte sie entsetzt und in dem Versuch diesen Orkan doch noch zu beherrschen, umschlang ich ihre beiden Arme und versuchte verständnisvoll zu wirken.
"Ich weiß, dass es schwer ist. Ich weiß, dass es nicht deine Art ist, aber diese Leute hier können dir Probleme machen, selbst wenn du die Krone trägst. Der Hof ist nicht zahnlos und Owellya zu beliebt und einflussreich, um sie langfristig als Gegnerin zu haben. Lass dich von ihr nicht aus der Ruhe bringen. Ich bitte dich!"
Als ihre Augen sich kurz schlossen und sie tief Luft holte, als versuche sie ehrlich meinen Rat zu folgen, war ich fast stolz auf sie .
"Entschuldige dich offiziell bei ihr und dann ist alles in Ordnung", wollte ich sie beruhigen. Doch es war genau das falsche.
Das Temperament der Prinzessin der Sommerlande war zurück und brannte heißer als je zuvor.
"ICH BEIßE MIR LIEBER DIE ZUNGE AB!", brachte sei hervor und wandte sich schneller von mir ab, als ich dazu in der Lage war sie aufzuhalten. Und ihr Zorn begann auch an meinen Nerven zu ziehen.
"Sei doch nicht so stur, Frau! Das wird dir...UNS nur noch mehr Probleme machen!", bat ich sie fast verzweifelt, doch meine Warnung prallte an ihr ab wie eine Schneeflocke am kalten, unzerbrechlichen Gestein.
"Tatsächlich? Ich kann mich nicht auf diese Art von ihr erpressen lassen! Die Meinung dieses Hofes ist mir egal und ich werde nicht zulassen, dass sie das in eine Waffe gegen mich verwendet, sonst wird sie mir für den Rest meines Lebens auf der Nase herumtanzen!", erwiderte sie und wandte sich so schnell von mir ab, dass ich sie nicht aufhalten konnte.
Mit wehenden Röcken glitt sie zurück zu Eugens Tischen, von dem wir uns etwas entfernt, hatten, aber natürlich hatten sowohl mein Hofmagier als auch sein Lehrling jedes der Worte mitbekommen, die wir miteinander getauscht hatten.
Ich ballte die Fäuste zusammen und sah meiner störrischen Verlobten nach, die keine Ahnung hatte, wie viel Probleme sie sich machte, wenn sie den Hof dermaßen gegen sich aufbrachte.
Ja, niemand würde sie mit einer Krone auf dem Kopf jemals offiziell in Zweifel ziehen. Doch ich wusste aus persönlicher Erfahrung, wie schwer es war zu regieren, wenn man sich nicht auf jemanden verlassen konnte, auf den man sich verlassen musste. Treue war ein Geschenk, dass man selbst mit aller Macht der Welt nicht erzwingen konnte. Das Schicksal ihrer Eltern sollte dafür Mahnung genug sein.
"Ich befehle dir, dich bei ihr zu entschuldigen!", entschied ich deshalb für ihr eigenes Wohl und Lilyanna blieb so abrupt stehen, dass ich kurz dachte, die Zeit hätte angehalten.
Es wurde still im Raum.
Eugen starrte mich mit offenem Mund an und selbst sein Lehrling klapperte nicht mehr mit seinen Fläschchen herum.
Dann wandte sich Lilyana langsam um und ihr Schweigen, ihre Kälte traf mich härter als ich es je erwartet hätte. Mit ihren Ausbrüchen und ihrem Trotz meinte ich mittlerweile umgehen zu können, doch diese Mauer, die sich plötzlich um sie legte wie ein Schutzwall, war etwas Neues. Etwas Verheerendes, von dem ich wusste, dass es alles zerstören könnte, was wir bis jetzt erreicht hatten.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, dann aber öffnete sie den Mund und obwohl sie sagte, was ich irgendwie hören wollte, war ich entsetzt davon.
"Wie Ihr befiehlt, Majestät", erwiderte sie in formvollendeter Eleganz, knickste tief und wandte sich dann von mir ab. In mehr als einer Hinsicht.
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in 20 min beginnt die Lesenacht!
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Chroniken der Winterlande Band 1 & 2
Romance(jeden Freitag) Die Prinzessin, die sie einmal war, ist fast vergessen. Ihr Zuhause unerreichbar fern und dieses kalte Herz, das einst ihr gehörte, hatte nun eine Andere. Lilyanna hat sich längst mit ihrem neunen Leben als Flüchtling und gelegentlic...