Kapitel 80
Lilyanna
Etwas in mir wollte ihm widersprechen. Der eine Teil, der gute Erinnerungen mit Kain verband und ihn immer noch als Freund betrachtete, wollte nicht, dass Ducan ihn etwas antat, aber dennoch nickte ich einfach und akzeptierte damit das Ende eine Freundschaft, die mir immer das Gefühl gegeben hatte, dass ich gemocht wurde.
Ich hatte keine Ahnung, ob Kain sich all die Jahre nur verstellt hatte oder ob er nachträglich korrumpiert worden war, aber ich wusste, dass der Kain den ich kannte auf irgendeiner Art und Weise nicht mehr existierte. Ich bedauerte das, so wie ich einige Dinge in meiner Vergangenheit bedauerte, aber ich hatte eine Zukunft, für die sich zu kämpfen lohnte und deswegen würde ich nicht an all dem Schlimmen festhalten, das versuchte mich herunterzuziehen. Kain hatte sich dazu entschlossen, einer dieser Dinge zu sein. Das war bedauerlich, aber damit würde ich klarkommen. Zumindest nahm ich mir das vor.
Ich sah zu Ducan auf, der mich mit seinen unleserlichen, durchdringenden Blick betrachtete und mir das Gefühl gab, noch weniger am Leib als ich es eh schon tat. Es schien fast so, als könnte er meinen Gedanken folgen und ich fühlte mich dadurch noch verletzlicher, als jemals zuvor.
Eine leise Ahnung beschlich mich, dass Ducan die Macht hatte mir tiefer zu gehen als jeder andere jemals zuvor und wenn er mich verriet wie Kain es getan hatte, würde ich zerbrechen. Ich wusste das und der Drang einmal mehr einfach davonzulaufen, war übermächtig. Niemals wieder hatte ich zulassen wollen, dass mich irgendetwas oder irgendjemand so verletzen könnte. Cedrik selbst hatte mich einmal davor gewarnt, denn es machte einen besiegbar.
Mein Blick schwenkte zur Tür und ich fragte mich, ob Ducan mein Zimmer irgendwann auch verlassen würde oder ob ich das andere nehmen konnte. ich fühlte mich in seiner Nähe wohler als ich es vermutlich tun sollte.
„Nein", meinte er plötzlich. Vollkommen ohne einen Zusammenhang und als ich ihn verdutzt ansah, wirkte er nicht eine Sekunde lang unsicher.
"Was? Nein?" fragte ich und er sah mich wieder durchdringend an.
"Du willst weglaufen, aber die Antwort ist nein. Ich verbiete es. Keine getrennten Schlafzimmer. Wir funktionieren auf diese Weise und ich brauche Erben!", meinte er so sachlich, als hätte er einen Bericht vorgelesen. Ab und an konnte diese klirrende Kälte in ihm wirklich anstrengend sein.
Ich schnaufte und wandte mich von ihm weg, um ihm zu demonstrieren, was ich von seinem Verbot hielt. Er schien immer noch zu vergessen, dass er noch keine Herrschaftsgewalt über mich hatte. Noch nicht. Und die Art wie er über unseren intimen Moment letzte Nacht dachte, machte mich auch wütend.
War das alles, was er dabei empfunden hatte? Reichte es ihm, dass es technisch klappte und alles, was er damit beabsichtigte war, mich zu schwängern?
Die Enttäuschung, die sich wie ein Messer in mein Herz bohrte, traf auch meinen Stolz, weil ich mich fühlte wie eine Idiotin, die sich insgeheim mehr erhofft hatte. Doch ich gehörte nicht zu den Frauen, die das einfach schweigend hinnehmen würden! Wenn ich mit dieser Kälte würde leben müssen, würde er auch mit meinem Temperament leben müssen!
"Nicht dass ich davon ausgehen würde, dass es Euch kümmert, Hoheit", begann ich so förmlich, dass er wohl ahnte, was gleich kommen würde und jetzt bereits wütend die Augen verengte.
"Aber ich würde es vorziehen nicht zu früh, als Zuchtpferd missbraucht zu werden, schließlich können wir in den nächsten Monaten nicht heiraten, oder irre ich mich da?", fragte ich scheinheilig nett und dennoch mit einem aggressiven Unterton, den niemand überhören könnte. Ich konnte förmlich dabei zusehen, wie missbilligend Ducan meine Worte auffasste. Vielleicht konnte ich mich ihm nicht körperlich entziehen, physisch nicht entkommen können, aber ich konnte definitiv emotionalen Abstand halten, wenn ich das wollte! Zumindest redete ich mir das ein.
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Chroniken der Winterlande Band 1 & 2
Romance(jeden Freitag) Die Prinzessin, die sie einmal war, ist fast vergessen. Ihr Zuhause unerreichbar fern und dieses kalte Herz, das einst ihr gehörte, hatte nun eine Andere. Lilyanna hat sich längst mit ihrem neunen Leben als Flüchtling und gelegentlic...