Kapitel 15
„Das wäre in der Tat, ein überzeugendes Beweisstück. Ihr wisst nicht mehr zufällig, den Namen des Magier-Meisters, der bei euch war?"fragte Meister Eugen nun sehr viel aufmerksamer und warf seinen Lehrling wieder einen bösen Blick zu, als dieser sich nach mir umdrehte.
Erst da fiel mir auf, das Eugen mir selbst sehr angestrengt ins Gesicht sah und ich versuchte unauffällig an mir herunterzusehen. Das Kleid saß noch immer genau da, wo es sollte und war auch nicht verschmutzt. Aber es war halt traditionell sehr durchscheinend und selbst das Band um meine Brüste konnte die harten Spitzen meiner Brüste nicht verbergen. Es war eben kalt hier drin und da ich in einem Bordell erwachsen geworden war und aus den Sommerlanden stammte, fand ich daran auch nichts Unschickliches. Ganz im Gegenteil, die Prüdität dieses Landes fiel mir nicht zum ersten Mal unangenehm auf. Das die Magier es wahrscheinlich anders sahen, war nicht mein Problem.
„Leider nicht. Ich hoffte, dass ihr mir helfen könntet." Um genau zu sein brauchte ich seine Hilfe wirklich. Ohne einen Nachweis aus der Zitadelle, könnte ich nie beweisen Prinzessin Lilyanna zu sein. Und wenn er sich weigerte mir diesen Beweis zu beschaffen, würde es sicher schwer werden.
„Das kann ich. Wenn es eine offizielle Abberufung in den Palast gab, ist das vom Zirkel genehmigt worden und dementsprechend wurde auch festgehalten, wer zu Euch entsandt wurde. Selbst wenn der Magier nicht mehr leben sollte, sind seine Aufzeichnung noch vorhanden, zu unserer Schreib-Freudigkeit, wie Ihr es nanntet, kommt nämlich auch ein sehr affiner Drang, alles zu archivieren." sagte er und lächelte mir aufmunternd zu. Das erste freundliche Gesicht, das ich bis jetzt erhalten hatte. Nun ja, das zweite. Die Dienerin von vorhin war ebenfalls nett gewesen. Es sollte einen zudenken geben, dass sie beiden nicht aus den Winterlanden stammten. Die Dienerin sah mit ihrer braunen Haut und ihrem schwarzen Haar aus, wie eine Einwanderin aus den Herbstlanden und Eugen schien ebenfalls einen eher dunkleren Teint zu haben. Soweit man das unter der Kutte und der weiten Kapuze erkennen konnte
„Bitte, lasst mich die Narbe in Augenschein nehmen", bat er und deutete auf einen Stuhl vor einem Tisch, denn er mir auch noch zurückschob, als wäre ich tatsächlich wieder eine Prinzessin. Vielleicht glaubte er mir jetzt bereits. Ich setzte mich und strich hilfreich meine Haare beiseite, bevor Eugen ein kleines Stück Glas zu Hand nahm. Es sah aus wie eines der Gläser, die damals auch mein Ahnen-Lehrmeister aus meiner Kindheit benutzt hatte, um die Schrift zu vergrößern, weil seine alten Augen müde geworden waren.
„Kaum zu sehen aber eindeutig eine Stoßverletzung und an der Haut Dehnungsspuren. Was bedeutet, mein junger Lehrling?", fragte Eugen laut und ich sah aus den Augenwinkeln, wie der junge magier-lehring ertappt zusammen zuckte.
„Ähm. Dass die Wunde künstlich verschlossen wurde, schneller als die Haut sich anpassen konnte, das geschieht durch Nähen oder durch Magie", sagte er wie auswendig gelernt und Eugen nickte zufrieden, bevor er sich die Wunde wieder näher ansah.
„Keine Einstichspuren. Die Wunde war klein und niemand dachte, es wäre nötig sie zu nähen. Sie wird sich entzündet haben und wurde dann erst von dem Magier verschlossen. Mehr kann ich dazu nicht sagen, dafür ist sie zu klein." sprach er mehr zu sich selbst, aber ich spürte definitiv wie mir ein Stein vom Herzen fiel. Ja, diese Wunde könnte alles beweisen. Nur wie es danach für mich weiterging, wusste ich nicht.
„Keine Brandspuren?", fragte der junge Lehrling verwirrt und zuckte dann wieder zusammen, weil er seinen Meister unterbrochen hatte und Eugen ihn darauf böse anblickte.
„Verzeiht, Meister", fügte der Lehrling kleinlaut schnell hinzu und senkte seinen Blick, wobei er auf meine Beine blickte und wieder rot anlief.
„Auch dazu ist die Wunde zu geringfügig und auch zu alt. Aber Brandspuren wären natürlich ein eindeutiges Zeichen, für den Einsatz von Magie. Aber in der Regel erhalten die Königshäuser Salben, um diesen vorzubeugen und nachzubehandeln, also ist ihr Fehlen auch nicht verdächtig, sondern eher ein Beweis, für die Höhe Eurer Geburt", berichtete Eugen und ich war wieder erleichter. Doch eine Frage blieb dadurch dennoch offen.
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Chroniken der Winterlande Band 1 & 2
Romance(jeden Freitag) Die Prinzessin, die sie einmal war, ist fast vergessen. Ihr Zuhause unerreichbar fern und dieses kalte Herz, das einst ihr gehörte, hatte nun eine Andere. Lilyanna hat sich längst mit ihrem neunen Leben als Flüchtling und gelegentlic...