Kapitel 64
Lilyanna
Ducan betrachtete mich eine Zeitlang und ich konnte nicht anders, als meinen Blick zu senken und zu bereuen überhaupt etwas gesagt zu haben. Ich wusste nicht genau, wie wir nach dieser Nacht zueinander standen, aber ich war mir sicher, dass er auf meine tölpelhafte Einschätzung in Sachen Magie gerne verzichtete.
"Was meinst du mit 'falsch'?" fragte er dennoch und ich war überrascht, dass er überhaupt etwas auf meine Meinung gab. Zu meiner Schande konnte ich ihm diese Frage aber nicht beantworten. Ich hatte nämlich keine Ahnung, wie ich dieses Gefühl beschreiben sollte.
"Ich weiß nicht. Es ist nur so ein Gedanke. Du musst nichts darauf geben, ich verstehe nichts von Magie", sagte ich ehrlich, aber Ducan schien sich davon nicht irritieren zu lassen. Er kam auf mich zu und der plötzliche Klos der sich in meinen Hals bildete, machte es unmöglich zu schlucken. Als er mit dieser präzisen Eleganz auf mich zukam, wurde ich wieder daran erinnert, wie es sich angefühlt hatte, ihn auf mir zu spüren. Er hatte ja gesagt, dass es unerlässlich war, dass wir im Bett miteinander funktionierten, denn er brauchte einen Erben und den konnte ich ihm nur auf eine Weise schenken. Das war meine Pflicht. Aber ich hatte mehr getan als es nur über mich ergehen zu lassen. Ich hatte es genossen. Jede verdammte Sekunde davon.
"Tue ich aber. Kannst du beschreiben, was dich zu dieser Annahme veranlasst?" fragte er und ich schüttelte den Kopf.
"Es ist nur ein kurzer Gedanke gewesen, der mich einfach überkam. Vielleicht, weil sie so anders sind. Sie wirken unheimlich. Vielleicht hat man sie deshalb aus den anderen Ländern vertrieben und nicht nur, weil sie sich nicht unterordnen wollten." Ich tat es mit einem Schulterzucken ab und versuchte mich daran zu erinnern, dass diese Menschen Ducan und mich zwar nicht gerade herzlich empfangen hatten, aber uns dennoch ein warmes Bett gegeben hatten. Da wo ich herkam, war das eindeutig ein Grund über ihre sonstigen Eigenheiten hinwegzusehen.
"Vielleicht" stimmte Ducan zu, schien aber nun eher noch misstrauischer zu sein. Toll. Das war eindeutig meine Schuld. Ich wollte nicht der Grund dafür sein, dass dieser brodelte Konflikt, zwischen diesen Magiern hier und dem Königshaus sich weiter verhärtete.
Als ich und Ducan fertig angezogen waren, packten wir unsere Sachen zusammen und weil sich die Wölfe nicht mehr herumtragen lassen wollten, tapsten sie mit ihren kleinen Pfoten hinter Ducan und mir hinterher. Dabei knurrten sie ständig ein paar besonders dunkle Ecken an. Was sie wohl daran auszusetzen hatten. Vielleicht knurrten diese Tiere einfach nur gerne und das hatte gar nichts mit den Magiern selbst zu tun.
Am Ende eines Ganges dann, stand plötzlich ein Diener vor uns, verbeugte sich knapp und deutete mit einer Handbewegung in eine Richtung.
"Ich führe Sie zum großen Saal, Hoheiten", meinte er und Ducan wartete bis der Mann vorausgegangen war und folgte ihm mit etwas Abstand. Ich tat es ihm gleich. Die Kutte, die der Diener trug, schien etwas zu lang für ihn zu sein und die Wölfe nahmen das zum Anlass immer wieder mit gefletschten Szenen danach zu schnappen. Als der Diener das bemerkte wurden seine Schritte hektischer, aber er versuchte offensichtlich die Fassung zu bewahren.
"Sie haben Angst vor ihnen? Sie sind doch nur Welpen." hauchte ich dem König der Winterlande zu und das leise zucken in Ducans Mundwinkel und der deutlich verdunkelte Blick, verriet mir, dass er es genoss diese Leute in Furcht zu sehen.
"Es sind Klagewölfe, man sollten sie fürchten. Sobald sie etwas älter werden, sollten auch wir das tun." erinnerte Ducan mich wieder und ich verzog missbilligend das Gesicht. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass diese süßen Tiere mit etwas antun würden und wie um ihn das zu beweisen, hockte ich mich mitten im Gang einfach hin und lockte sie zu mir.
Ducan neben mir stoppte ebenfalls und auch der Diener hielt inne.
"Kommt her, meine Süßen!", lockte ich sie mit sanfter und freundlicher Stimme. Die beiden Welpen stellten das Zähnefletschen ein, stellten die Ohren auf und kamen dann zu mir, um sich streicheln zu lassen. Ihr langer Schwanz, der gerade noch bedrohlich das Fell geborsten hatte, schwenkte nun sanft hin und her. Sie schlagen ihn um meine Fußknöchel und Hände als ich meine Finger durch ihr Fell gleiten ließ und das magische Prickeln auf meiner Haut genoss.
Der Diener betrachtete mich mit großen Augen und als ich eines der Tiere auf meinen Arm hob, das kleine, das gestern noch verletzt gewesen war, rollte es sich in meinen Arm zusammen. Der andere lief aufgeregt um mich herum und entschloss dann dazu, dass er mehr Chancen bei Ducan haben könnte.
Der König der Winterlande bückte sich kurz und ergriff den größeren der Wölfe mit einer Hand. Sofort wurde das Fell des Tieres dunkel und als es wohl genug Magie in sich aufgenommen hatte, forderte es wieder heruntergelassen zu werden. Der Welpe schüttelte
sich und begann wieder damit, den Diener anzuknurren. Irrte ich mich, oder war er gerade etwas größer geworden?
"Man setzte sie einst ein, um die Schattenkreaturen zu jagen", erklang plötzlich eine Stimme hinter ihnen und als ich mich umwandte, erkannte ich die Magierin, die uns bereits auf dem Hof begrüßt hatte. Sofern man das so nennen konnte.
"Doch sie waren gierig, schwer zu kontrollieren und gefährlich. Man tut besser daran, sie in die Wälder zu entlassen. Dort sind sie bereits Bedrohung genug." die Wut, die aufgrund dieser Worte in mir hochstieg aber, schluckte ich hinter, lediglich Ducan erwiderte kühl:
"Das entscheide ich. Die Prinzessin kann sich davon ein ganzes Rudel zulegen, wenn sie es wünscht, darüber habt ihr weder zu urteilen, noch es zu kommentieren!" Seine Stimme war so durchdringend, dass selbst die Wölfe kurz ruhig wurden und ihn anstarrten als fürchteten sie selbst etwas falsch gemacht haben. Sie hatten die Ohren angelegt und winselten leise.
Solange, bis die Spannung im Gang sich wieder löste. Die Frau nickte und gehorchte damit seinen Worten. Wenn auch sichtlich unwillig. Dann ging das Knurren der Welpen weiter und wir setzten unseren Weg fort. Das Frühstück würde sicher eine Katastrophe werden.
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Chroniken der Winterlande Band 1 & 2
Romantik(jeden Freitag) Die Prinzessin, die sie einmal war, ist fast vergessen. Ihr Zuhause unerreichbar fern und dieses kalte Herz, das einst ihr gehörte, hatte nun eine Andere. Lilyanna hat sich längst mit ihrem neunen Leben als Flüchtling und gelegentlic...