Die Kugel

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Kapitel 124

Lilyanna

Ich schlief unruhig und bemerkte es natürlich, wie Ducan sich nach einer kurzen Nacht erhob, ankleidete und ging. Ich nahm es ihm nicht übel, er hatte Pflichten, doch ich fühlte mich dennoch irgendwie allein. Irgendwie verwundbar und während ich da lag und in die Nacht starrte, nahm ich mir vor, mich von der Angst, die in mir hochkroch, nicht einnehmen zu lassen.

Ich war es gewohnt, Angst vor der Zukunft zu haben und es war vollkommen dämlich, mich erst jetzt deswegen zu sorgen. Doch es war anders als damals bei Cedrik. Als in den Freudenhäusern untergekommen war, hatte ich Angst davor zu verhungern oder einer Krankheit anheimzufallen, aber eine konkrete Bedrohung für mein Leben war stets nur nebensächlich gewesen. Ich konnte nicht wirklich behaupten, Angst vor Häschern meines Onkels gehabt zu haben, schließlich hatte mich die Welt für tot gehalten und mit den schlimmsten Typen auf der Straße war ich immer irgendwie klargekommen.

Jetzt hatte sich das geändert.

Es hatte mich beruhigt zu wissen, wer für den letzten Anschlag auf mein Leben verantwortlich gewesen war, weil ich glaubte, wenn ich nur vorsichtig genug sein würde, ginge alles gut, doch jetzt? Die Unsicherheit schlich sich in mein Herz und ließ mich im Bett herumwälzen. Ich versuchte ehrlich noch einmal einzuschlafen, aber spätestens als ich hörte, wie jemand in meine angrenzende Gemächer kam und ein Tablett abstellte, war ich des Versuches überdrüssig geworden. Und es drängten sich weitere Sorgen in meinen Verstand.

Ob die Dienerin bemerkt hatte, dass das Bett leer war?

Würde sich der Adel weiter den Mund darüber zerfetzen, dass ich bereits jetzt mit dem König schlief? Wahrscheinlich. Doch viel größere Frage war, wie viele Feinde mir das noch ein bringen würde.

Als ich mich zwang endlich aufzustehen, betrachtete ich aufmerksam meine Hände und auch mein Dekolleté im Spiegel, dort wo auch ich das Kleid bei der Anprobe gestern Morgen an mich gedrückt hatte.

Doch abgesehen von leicht goldener Haut war da nichts. Eugen hatte recht behalten.

Wäre der Stoff schon vergiftet gewesen, als wir es auf der Truhe geholt hatten, hätten wir es bemerkt. Das Gift wirkte schnell.

Das Kleid musste irgendwann dazwischen präpariert worden sein. Dennoch könnte jeder in Charlottes Zimmer eingebrochen sein, um es zu vergiften. Dass ich ein Kleid gefunden hatte und es bei einer meinen Hofdamen war, um angepasst zu werden, war ein offenes Geheimnis gewesen. Auch Owellya hatte es gefunden, allerdings nicht um es zu vergiften, sondern es anzuziehen. Als hatte sie der Versuchung nicht widerstehen können, selbst ein Hochzeitskleid zu tragen, das einer Königin würdig war.

Nur ein einziges Mal.

Sie konnte einem fast Leid tun. Fast.

Nachdem ich von Ducans in mein Zimmer gegangen war, machte ich mich kurz frisch und aß etwas von dem Frühstück, bevor ich mich selbst frisierte und anzog. Ich wollte immer noch keine Zofe haben und würde nicht daran sterben, mich selbst anzuziehen. Doch als ich mich dann daran versuchte, die Gemächer zu verlassen, wurde ich von einem Wachposten vor meiner Tür aufgehalten.

"Es tut mir leid Prinzessin, aber auf Befehl des Königs muss ich Euch dazu anhalten Eure Gemächer nicht zu verlassen", meinte er und betrachtete ihn mit großen Augen. Ducan hatte das befohlen?

Ich konnte kaum glauben, dass er mich hier einsperren und verengte deswegen wütend die Augen, bevor ich dennoch versuchte, an den Posten vorbeizugehen, doch da waren sie plötzlich zu Dritt und versperrten mir den Weg.

Kurz schnaufte ich, täuschte links an und wollte rechts unter einen der Arme einfach hindurchschlüpfen, doch diese Wachen ließen sich nicht beirren.

"Hoheit, wir haben den Auftrag Euch, wenn nötig mit Gewalt wieder in Eure Gemächer zu verfrachten. Ich flehe Euch an, uns nicht dazu zu zwingen", sagte ein Zweiter und ich sah ihm in die Augen. Meinte er das etwas ernst? Er sah nicht so aus, als würde er Witze machen.

Chroniken der Winterlande Band 1 & 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt