Kapitel 38
Ducan
Ducan....
Die Stimme in meinem Kopf war es nicht, die mich aus meiner nächtlichen Meditation riss, mit der ich die Stunden Schlaf ersetzte, in der meine Magie so unbeherrscht um mich herumschlug, dass ich es mir nicht wagen konnte, tatsächlich schlafen zu gehen. Es wäre nicht das erste Mal, dass meine Magie unbeabsichtigt außer Kontrolle geriet und ich konnte es mir nicht leisten, die Beherrschung zu verlieren. Mithilfe der Meditation konnte ich dennoch eine gewisse Erholung finden und halbwegs konzentriert in den nächsten Morgen starten, ohne das Risiko eines Kontrollverlustes während des Schlafes eingehen zu müssen.
Doch ich wurde herausgerissen. Nicht durch meinen Namen, der plötzlich so laut in meinen Ohren klang, dass man denken könnte, jemand stände neben mir und rief mich, sondern es war der Schmerz in meiner Brust, wenige Sekunden danach, der mich komplett wachrief und dafür sorgte, dass ich meine kniende Position auf den Boden verlor, die ich immer zur Meditation einnahm und fast vornüber stürzte, während ich die Zähne aufeinander presste, um nicht zu schreien.
Ein Schmerz, der eine ungewollte Erinnerung in mir wachrief, den ich aber als Junge nicht so heftig gespürt hatte wie in diesen Moment, weil der Junge von damals, noch zu sehr mit den mentalen Schmerz zu kämpfen hatte, seine Mutter getötet zu haben. Aber es war ähnlich genug, um mir wieder glauben zu machen, jemand würde erneut ein Teil meines Herzens rauben wollen. Und damit meinte ich nicht das Organ, sondern das Herz der Magie in mir, das so sehr an meinen Gefühlen gekettet war, das nur ein teilweises Entfernen sicher genug gewesen war, um dafür zu sorgen, dass ich die Kontrolle behalten konnte. Ein irreparabler Vorgang und nun scheine ich ihn ein weiteres Mal zu durchleben.
Doch da war noch mehr als Schmerz.
Ich versuchte durch die Pein hin durchzuatmen und die Bilder zu fassen zu bekommen, die vor meinen Augen hinwegglitten. Bilder, die nicht von mir stammten.
Eine Kinderhand, die einen leuchtenden Stein hielt, während sie durch blühende Wiesen spazierte. In der glatten Oberfläche spiegelte sich das Gesicht eines hübschen, jungen Mädchens. Ihre Augen blickten starr in das innere des Steines, während das Leuchten von dem Stein auf sie überging. Dann wechselten die Bilder. Dieselbe Hand, nun die einer Frau, die in eine Satteltasche griff und denselben Stein herauszog, während diese vor Kälte zitterte. Das kurze Aufglühen des Steines während ihrer Berührungen war nur noch ein schwaches glimmen und blieb von der jungen Frau unbemerkt. Und dann das Gesicht von Cedrik, als er den Stein erhielt und dabei stolz lächelte. Ein Gesicht, das sich aber in den von Kain verwandelte und das Lächeln wurde von Stolz zu grenzenlose Wut.
Lilyanna.
Das waren Lilyannas Erinnerungen und die letzte musste sich hier im Schloss abspielen, denn ich erkannte ihre Gemächer wieder und dann begriff ich, dass es Kain war der den Schmerz verursachte. Und er tat das in erster Linie ihr an, nicht mir.
Das war Lilyannas Schmerz.
Wieder biss ich die Zähne zusammen, befahl der Magie um mich herum, mich von diesem Schmerz davon abzuschirmen, damit ich mich vom Boden erheben konnte. Aber der Schmerz kam nicht von Außen, er kam aus meinen Inneren und so tat ich das einzige, was mir dabei helfen konnte, meine verkrampften Lungen dazu zubringen, wieder Luft zu holen: Ich stieß Magie in jedes meiner Körperteile, so viel, dass meine Haut begann zu leuchten und die Magie jeden Muskel meines Körpers zur Gänze erfüllte. Der Schmerz wich dem Gefühl, gleich selbst zu explodieren und ich schaffte es noch in derselben Sekunde mich aufzurappeln und überlegte nicht lange, ob es klug war oder nicht: ich stürzte, zum entsetzen meiner Wachen etwas wacklig auf den Beinen, schwitzend, von dem unterdrückten Schmerz, in nichts weiter als meinen Beinkleidern und nackten Füßen, aus meinen Gemächern. Ignorierte ihre fragenden Blicke und stürmte mit schnellen Schritten durch die Palastgänge. Ich hörte die schweren Stiefel meiner Garde hinter mir und war fast erleichtert, als ich zwei Gänge weiter in Sichtweite von Lilyannas Gemächern war und zwei andere meiner Männer dort, wie befohlen Wache, standen. Allerdings mit den Rücken zur Tür, sodass sie nicht sahen, das Licht unter den Fuß der Tür hervorquoll. Während meine eigene Haut so geladen von Magie war, dass über all um mich herum kleine magische Ausladungen wie blitze hin und her sprangen.
„Öffnet die Tür!", befahl ich harsch und sie gehorchten schnell. Allerdings nicht schnell genug, um mich nicht dazu zu bewegen, selbst den Rest der Tür aufzudrücken und als erster einen Blick in die Gemächer zu werfen.
Das Leuchten erstarb langsam, aber blendete die Wachen trotzdem während es mich nicht in meiner Sicht behinderte. Ich sah deutlich wie Lilyanna ohnmächtig auf den Boden lag, gekleidet in des sanften Stoffes eines Nachtgewandes, dass so weiß war, wie frisch gefallener Schnee und sich markant von ihrer goldenen Haut abhob. Sie sah friedlich aus. Das goldene Haar fächerte sich weit um ihre zierliche Gestalt, aber der sanfte Ausdruck auf ihrem Gesicht täuschte mich nicht: Ich sah deutlich wie sich etwas Schwarzes auf ihren Körper ausbreitete, überall dort, wo das Leuchten ihrer Haut verschwand und obwohl ich nicht wusste, ob es helfen würde, rannte ich auf die Prinzessin zu, kniete mich vor ihr und zog sie an meine Brust, bevor ich erneut Unmengen von Magie meinen Körper fluten ließ.
Ich begann von neuen zu Leuchten und mit mir...auch sie. Fasziniert sah ich zu wie sie mein magisches tun spiegelte, obwohl sie weder annähernd so viel Magie in ihren Körper hatte wie ich, auch nicht als fast reinblütig adlige Prinzessin, noch es kontrollieren konnte. Sie war keine Magieanwenderin, keine Magierin. Das sollte nicht möglich sein. Es sei den natürlich. Sie tat das gar nicht: Ich tat das.
Und Lilyanna war mit mir auf irgendeine Art und Weise verbunden. Was ebenfalls vollkommen unmöglich sein sollte. Doch das spielte momentan keine Rolle. Die merkwürdigen Abdrücke auf ihren Oberarm verschwanden, als das Leuchten diese Stelle einnahm. Die Finsternis fiel von ihr ab wie die Reste von verbrannten Papier, die der Wind forttrug. Ich fuhr mit meiner Hand über diese Stelle und konnte das Abfallen beschleunigen. Dann sah ich auf Lilyannas Gesicht, wo ebenfalls ein dunkler Fleck gerade komplett verschwand und auf den Ort wo ihre Brüste begannen.
Das freizügige Kleidungsstück, das sowieso bereits viel zu viel von ihrer makellosen Haut freigab, besaß über ihre Brust eine Reihe von Knöpfen, die offen standen und einen ungenierten Blick auf das Tal offenbarten, das ihre Brüste bildeten. Auch dort war ihre Haut noch schwarz und blieb es auch, selbst als ich meine Magie an meine eigene Brust leitete und als Reaktion darauf auf ihre Haut genau dort stärker leuchtete.
Kurz entschlossen, legte ich meine Hand unangemessener Weise auf die Stelle, wobei ich es kaum verhindern konnte auch ihren Busen zu berühren und versuchte den heiklen Ort, den es darstellte, auszublenden und strahlte direkt in Lilyanna Magie hinein. Die Blitze trafen auf ihre Haut, ich sah, wie sie zuckte und ihr Gesicht sich leicht verzog, als wäre die Prozedur unangenehm aber endlich löste sich die Finsternis von ihre Haut und die Überreste schwebten kurz in der Luft bevor sie komplett zerfielen.
Ich hatte keine Erklärung für das, was es gewesen war, oder warum sie geleuchtet hatte aber meine, und wahrscheinlich auch ihre Schmerzen, verblassten sofort, als hätte ich einen Dorn aus meinem Fleisch gezogen. Leider war ich so tief in meinen Fragen versunken, dass ich weder bemerkte wie Lilyanna in meinen Armen erwachte, noch dass meine Hand noch immer auf eine ihrer Brüste lag, die nun auch für meine Augen emblößt direkt vor meinen Augen sichtbar waren. Ich realisierte es erst, als ich hörte, wie die Frau unter meinen Fingern empört die Luft einsog, meine Hand von ihrem Körper schob und dann auszuholen und mir direkt ins Gesicht zu schlagen.
DU LIEST GERADE
Chroniken der Winterlande Band 1 & 2
Romance(jeden Freitag) Die Prinzessin, die sie einmal war, ist fast vergessen. Ihr Zuhause unerreichbar fern und dieses kalte Herz, das einst ihr gehörte, hatte nun eine Andere. Lilyanna hat sich längst mit ihrem neunen Leben als Flüchtling und gelegentlic...