Unpässlich

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Kapitel 96

Lilyanna

Ich versuchte nicht zusammenzuzucken als die Dienerin unter den strengen Blick meines Verlobten und zukünftigen Königs den Eisumschlag um meinen Knöchelband. Ich war beim Absteigen mit meinem Fuß am Sattel hängen geblieben und hatte mir dabei irgendetwas gezerrt, was ich aber nicht hatte zugeben wollen. Ich hatte beim Laufen die Zähne zusammenbeißen müssen und erst jetzt, nachdem ich in meinen Gemächern saß, gemerkt wie schlimm es wirklich war.

Mein Knöchel war dick gewesen, doch auch dem hatte ich keine Beachtung geschenkt. Ich habe in meiner Jugend dutzende kleine und größere Blessuren davon getragen und war damit immer zurechtgekommen. Ein verzerrter Fuß war da kaum der Rede wert. Leider hatte die Ankleidedamen das anders gesehen, während sie mir beim Ablegen meiner Reisesachen geholfen hatte.

Ich hatte versucht sie davon abzuhalten ein großes Aufheben darum zu machen, doch als Ducan durch die Verbindungstür geschritten war, als wären meine Gemächer auch die seinen, hatte sie mich natürlich verpetzt.

Nun also lag ich auf einen bequemen Ottomane und auf meinem Fuß wurde ein Berg frischer Schnee aufgetürmt, damit das Pochen darin aufhörte.

Am liebsten hätte ich mich gegen diese Behandlung gewährt, aber, um ehrlich zu sein, tat es gut ihn so kühlen zu können

"Ist das alles, was ihr zu tun gedenkt?", fragte Ducan an Eugen gewandt, der sich vor einer Minute dazu gesellt hatte, denn Ducan weigerte sich, meine Gemächer, beziehungsweise mich zu verlassen und zu der Ratssitzung zu erscheinen, die er jetzt eigentlich haben sollte.

"Es ist nur ein verstauchter Knöchel, mein König. Magie ist da nicht nötig. Der Knöchel ist dick, aber nicht verfärbt, also ist nichts gerissen. Schon morgen wird kaum etwas zu sehen sein", meinte er und Ducans Gesichtsausdruck zeigte deutlich, dass er nicht derselben Meinung war.

"Sie kann nicht laufen!"

"Ich kann laufen!", beharrte ich, weil ich es nicht einsah, dass diese Männer sich über meinen Kopf hinweg stritten, als wäre ich nicht anwesend.

Als die Dienerin fertig mit den Schneeumschlägen war, knickste sie vor allen anwesenden und verschwand schnell. Sie machte fast den Eindruck, die Fluch zu ergreifen. Ich konnte es ihr nicht übel nehmen. Ich wäre am liebsten auch gegangen.

Aber wohin, wenn mein Verlobter einfach in mein Zimmer kam, ohne auch nur darüber nachzudenken, dass ich meine Privatsphäre haben wollen könnte. Es war ja süß, dass er sich sorgte, aber ich wusste nicht, ob diese besitzergreifende Art mir wirklich gefiel.

"Wenn du es versuchst, schwöre ich bei den Göttern, dass die Wölfe die Nacht vor den Türen unserer Gemächer verbringen!", drohte Ducan mir, weil er scheinbar ahnte, dass ich ihm meine Aussage auch beweisen würde, wenn er es darauf anlegte.

Ich schnappte empört nach Luft, verkniff mir aber den geplanten Einwand und drückte Fünkchens Kopf in meinen Schoß fester an mich. Sie war gerade wahrlich mein einziger Trost! Und ich würde nicht riskieren, dass er sie mir streitig machte. Nicht einmal für eine Nacht!

"Hoheit, Ihr solltet für den Rest des Tages ruhen. Ich habe in Eurer Abwesenheit einige Gesellschafterinnen für Euch ausgesucht. Vielleicht wollt Ihr sie Euch ansehen?", fragte Eugen und versuchte offenbar mich damit milde zu stimmen. Oder auch Ducan, wer wusste das schon.

"Gesellschafterinnen?", fragte ich und runzelte die Stirn, während Ducan plötzlich nicht weniger misstrauisch aussah.

"Eure Hofdamen. Diejenigen Ladys, die nach Eurer Verlobung hierher geschickt worden sind, um alles für Eure Ankunft vorzubereiten und sich mit diesem Land vertraut machen sollten, um Euch bei Eurer Ankunft eine Hilfe zu sein", erklärte er umfassend und ich erinnerte mich nur schwammig an ein paar junge Mädchen in ungefähr meinem Alter, die mir als Kind einmal vorgestellt worden waren.

Chroniken der Winterlande Band 1 & 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt