Kapitel 136
Ducan
Ich folgte den Funken des Magie- Bannes zu meinen Gemächern und musste nicht lange darüber nachdenken, was passiert war, als ich das Laken, dass an den Pfosten meines Bettes befestigt war, erblickte. Mir wurde kalt, bei dem Szenario, dass sich in meinem Kopf abspielte. Dann stand ich auch schon am Fenster und als ich heruntersah... sah ich zwei Silhouetten im schneebedeckten Vorhof meines Palastes. Nein. Nein. Fünkchen war mit Schatten bereits auf dem Weg und ich folgte ihnen. Bewegte mich so schnell wie meine Magie es zuließ, erreichte schneller als jeder Nicht-Magier den Hof und beachtete die zweite Frauenleiche gar nicht, die mir dort offenbarte. Mein Blickfeld verengte sich. Alles, was mich kümmerte, alles, was meine Welt in diesem Moment ausmachte, war sie. Nein. Nein. NEIN! Schrie es in meinem Inneren bereits, während ich mich ihr näherte. Ich verstand es nicht, war verwirrt, verzweifelt, dem Abgrund nahe. Ich verstehe es nicht, will es nicht verstehen, nicht realisieren.
Lilyanna.
Das ging nicht! War unmöglich!
Doch da lag sie. In einer weichen Decke, mitten an einem fast schon verstörend schönen Tag. Der Schnee, der langsam in ihrem warmen Blut taute und dann wieder im kalten Wind blutrot kristallisierte. Wie tausende kleine, blutrote Diamanten rahmten sie sie ein und bildeten einen scharfen Kontrast zu dem Rest ihres Körpers. Ihre Haut war blass, ihre Lippen begannen schon blau zu werden. Ihr Haar umhüllte ihren Kopf wie eine goldene Krone. Ihre Augen. Nein. Nein. Sie blickten in den Himmel, offen, ungläubig. Leer. Nein. Ich näherte mich ihr, während sich andere im Hof sammelten, doch es war mir egal. Ich ging zu ihr, ließ Magie in ihren geschundenen Körper fließen. Heilen, ich musste sie heilen! Doch ihr Körper nahm keine Magie auf. Es war schwer, etwas Totem Magie einzuflößen.
Aber ... Nein. Ich gab nicht auf. Wollte es nicht verstehen. Griff nach ihr. Ich Gesicht war so schön wie immer. Ihre goldene Haut hob sich vom Schnee um sie herum ab, von meinen Fingern, die ihre Wange berührten. Kalt. Ich wärmte sie. Es war ein Instinkt, sie zu wärmen. Immer weiter, weil ich es nicht ertragen konnte, dass sie fror.
"Lily...", meine Stimme brach, war nur ein Flüstern, ein Hauch, denn langsam schlich sich das Wissen in mein Unterbewusstsein, dass selbst ich nichts mehr für sie tun konnte. All die Macht, die ich in mir trug, all die fast unendlich anmutende Kraft, würde sie nicht zurückbringen. Nein. Ich ließ meine Hände weiter über ihr Gesicht gleiten, Fünkchen und Schatten stellten sich neben mich, hoben ihre Schnauzen gen Himmel und begannen ihr Klagelied.
Nein. Sie konnte nicht tot sein.
Sie konnte... Eine Träne rieb wie ein Stein über meine Wange, landete auf ihrem Gesicht, wo sie ohne etwas zu erreichen auch von ihrer Wange glitt. Nein. Ich griff in ihren Nacken, hob sie an. Der Kamm lag einen Meter neben ihr, er sollte sie vor Schaden bewahren, wie alle Schmuckstücke, die ich ihr geschenkt hatte, musste aber bei ihrem Sturz aus ihrem Haar geglitten sein. Er hatte sie nicht geschützt. Ich fühlte das Blut in ihrem Haar, auch wenn ihre Schädeldecke nicht zu zertrümmert war, wie sie nach diesem Sturz hätte sein sollen. Es hatte gereicht, um sie zu töten. Nein. Ich drückte sie an mich, bettete ihren Körper an meiner Brust als der Schmerz über mich hereinbrach.
"NEIN!", brachte ich hervor. Umschloss ihren Körper mit meinen Armen, umfing sie, pumpte so viel Magie in sie, bis meine Haare begannen schwarz zu werden. Ihr durfte nicht kalt werden, sie musste heilen und... Ich spürte, wie er es tat. Ihr Körper heilte gezwungenermaßen maßen und doch...würde es sie nicht zurückbringen. Ich wusste das. Was tot ist, konnte nicht zum Leben erweckt werden. Ihr Körper, den ich an mich gedrückt hielt, war nur eine Hülle. Eine wunderschöne, ewig jung bleibende Hülle. Aber Lilyanna... sie war fort. Dennoch hielt ich sie, weinte um sie, bis meine Schulter bebten, meine Kehle nur schluchzen verließ und ich nicht mehr an mir halten konnte. Alles in mir zerbrach.
Meine Kälte, mein Eis verdampfte, und mein Herz begann zu bluten.
"Nein", ich sagte es immer und immer wieder. Immer und immer wieder. Sie durfte nicht gehen, ich brauchte sie. Liebte sie. Ich wollte sie zurück und dann, im nächsten Moment, verdampfte noch mehr Eis und Schnee um mich herum. Ich spürte es. Vernahm wie der Schnee, in dem ich hockte, in dem sie lag, verschwand. Nässe drang durch meine Kleidung und dann verkochte als es auf meine Haut traf. Denn ich war es, der kochte. Zorn brannte meine eisigen Schilde nieder. Ich hob den Kopf, ohne Lilyanna loszulassen, ich würde sie niemals loslassen, denn als ich Eugens Angst geweiteten Blick vernahm, erkannte ich, dass es erneut passierte. Meine kalte Magie wurde zu Feuer und nur ein einziges Wort drang durch meine Kehle.
"VERRAT!", entfuhr es mir, als Fünkchen und Schatten sich dichter an mich drängen, meine Gefühle einfingen. Von Trauer zu rasender Wut und Rachegelüsten. Ich hatte das Laken gesehen, mit dem sich Lilyanna festgemacht hatte. Ich wusste, wie gut sie darin war zu fliehen, wie geschickt, wie vorsichtig. Sie war freiheitsliebend und eigensinnig, aber nicht selbstzerstörerisch. Das war kein Unfall gewesen!
"Hoheit!", entfuhr es Eugen und dann, als er merkte, dass sich nichts ändern würde, egal was er sagte, wurde er bleich.
"SCHAFFEN SIE DIE ADLIGEN WEG! SOFORT!", schrie er einige Wachen an, doch ... das war nicht das, was ich wollte. Niemand würde gehen! Niemand mir entkommen! Ich erhob mich, legte Lilyanna so sanft wie möglich nieder, bevor ich eine Feuersäule heraufbeschwor, der sie schützte. NIEMAND WÜRDE SIE BERÜHREN! SIE GEHÖRTE MIR! VERRAT! Heiß und unaufhaltsam brannte sich die Magie durch meinen Körper, entfaltete sich in einer Extreme, wie ich sie zuletzt vor Jahren vernommen hatte.
"SOFORT!", befahl Eugen erneut, als die Wachen sich vor Angst nicht rührten, und sie hätten sich bewegt, wenn meine Stimme sie nicht fesseln würde.
"NEIN! ALLE BLEIBEN HIER!", befahl ich und es war mehr als die Worte des Königs. Ich zwang sie dazu. Fesselte ihre Köpfe mit Magie, machte mir ihren Willen untertan und übernahm ihren Körper. Keiner rührte sich, kein Adliger, kein Wachmann, nicht einmal Eugen, dessen magische Barriere ich zerfetzte, hatte als wäre sie aus Papier. er hatte mir und meiner Macht nichts entgegenzusetzen, es war zwecklos, sich zu wehren. Doch das tat er auch nicht, sich zu fügen war die einzige Chance nicht, als lebendes Gemüse zu enden und schaden zu vermeiden. Dann drang ich in ihren Geist ein. Jeden einzelnen von ihnen richtete teilweise zu viel Schaden an, doch es war mir gleich.
Ich wühlte, forschte und zerstörte rabiat, wenn sich mir jemand in den Weg stellte ... bis... Zion. Ich vernahm seinen Geist, seine Trauer und ... seine Freude über Lilyannas Anblick. Ich griff nach seinem Verstand, bis er schrie, zerrte ihn daran aus der Menge. Sah, wie sein Körper durch den Schnee geschliffen wurde. Zu mir heran.
"Wer?", fragte ich ihn, als er nahe genug war, doch er schwieg, ich spürte seine Fassungslosigkeit und auch dass er es nichts wusste...nur...sein Bedauern, dass Lilyanna erst jetzt gestorben war. Die magischen Krallen, die sich in ihn gebohrt hatten, zerfetzten sein Verstand und das nicht nur im übertragenen Sinne.
Ich zerquetschte sein Gehirn, ließ ihn tot zu Boden gleiten und griff nach einem anderen Adligen, bei dem ich unter der Oberfläche mehr spürte als Furcht und Angst, sondern auch etwas Schadenfreude. Er hasste Lilyanna, warum war mir gleich. Ich zerrte ihn aus der Menge, wie zuvor Zion.
"Wer?", fragte ich auch ihn. Auch er wusste es nicht und fand sein abruptes Ende zwischen meinen blutigen Fingern. Und so würde ich weiter machen...bis ich meine Antwort hatte. Das schwor ich mir und wenn ich dafür mein ganzes Königreich persönlich niederbrennen musste. Ich würde erfahren, was ich wissen musste und es war mir egal, wie sehr sie mich danach fürchteten. Sie sollten mich fürchten, denn in dem Moment als sie mir Lilyanna genommen haben, hatten sie ihr Anrecht auf einen gütigen König verloren.
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Chroniken der Winterlande Band 1 & 2
Roman d'amour(jeden Freitag) Die Prinzessin, die sie einmal war, ist fast vergessen. Ihr Zuhause unerreichbar fern und dieses kalte Herz, das einst ihr gehörte, hatte nun eine Andere. Lilyanna hat sich längst mit ihrem neunen Leben als Flüchtling und gelegentlic...