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Ich stürme die Stufen der Treppen in Windeseile hinunter. Immer weiter türmt sich eine so heftige Wut in mir auf, dass mir sogar schlecht wird.

Wie kann man nur so egoistisch sein? So etwas ist mir noch nie passiert und erwartet hätte ich es auch nicht. Nicht von ihn.

Auf den Weg zum Wohnzimmer, brettere ich meine Hand so Dolle gegen die Wand, dass ich das Gefühl habe sie vibrieren zu spüren.

Meine Fingerknöchel sind aufgeplatzt von den Druck den ich gegen die Wand ausübte.

Wutschäumend stehe ich im Rahmen, der das Wohnzimmers und den Flur verbindet. Ich muss mich beruhigen. Wie von alleine schließen sich meine Augen. Versuche langsam von dem Adrenalin runter zu kommen.

„Ist alles okay, Roman?“

Ich reagiere nicht auf Paige, will mich mehr auf das ‚runter bringen‘ konzentrieren. Doch wie erwartet, muss sie mich am Ellenbogen packen.

Wir sehen uns an.

„Was ist denn mit dir?“ fragt sie jetzt noch aufgeregter. Ruckartig ziehe ich meinen Arm aus ihrer Hand, trete weiter ins Wohnzimmer um mich auf das Sofa zu setzten.

„Roman! Deine Finger!“ höre ich sie aufrufen. Schon sitzt sie neben mir, umschließt meine linke Hand um sie näher anzusehen. Es brennt ein wenig, aber es ist nicht so, dass ich sterben werde. So reagiert Paige nämlich gerade.

„Was ist passiert?“ Sie luckt zu mir auf.

„Nichts.“

Ihre Brauen ziehen sich zusammen. Schnell hebt sie den Kopf. „Nichts?“ fragt sie. Ich sehe sie einfach nur an.

„Wenn nichts passiert wäre, dann sähe deine Hand aber anders aus, Roman.“ Schmunzelt sie.

Ich seufze tief auf. „Bitte“, atme ich. „Harry ist der größte Egoist den ich kenne.“

Paige streicht sich die Haare aus dem Gesicht. „Wieso denkst du das auf einmal?“

„Er hat mit Nikki geschlafen.“

Es ist wie ein harter Stich ins Herz, wenn meine Lippen diese Worte verlieren.

Paiges dunkle Augen fixieren meine. Dann lacht sie. „Ne, ne, verarsch mich nicht.“ Sie streicht vorsichtig über die blutigen Stellen meiner Knöchel.

„Sehe ich so aus, als ob ich dich verarsche?“ frage ich sie. Enttäuscht atmet sie aus, langsam hebt sie den Kopf.

„Das tut mir leid, Roman. Ich weiß das du sie magst.“

Ich lehne mich zurück, lege den Kopf in den Nacken und starre zur Holzdecke auf. „Passt schon.“ Kontere ich.

Natürlich passt es nicht. Es enttäuscht mich der maßen, dass die beiden es getrieben haben. Und es war so offensichtlich. So überaus dumm und offensichtlich. Wieso habe ich es nicht früher bemerkt, dass zwischen den beiden was läuft?

Dafür frage ich mich aber mehr, wieso Harry mit Nikki schläft, obwohl er May liebt?

Um May zu vergessen?

Dafür kann er sich doch besaufen. Hätte er nur etwas gesagt, hätte ich mit ihm einen getrunken. Aber jetzt ist es zu spät. Er kann mich am Arsch lecken. So etwas hinterfotziges habe ich noch nie erlebt.

Dean betritt plötzlich den Raum.

„Alles okay, Romi Boy?“

Ich schürze die Lippen, schaue nach vorne, während mein Kopf sich von der einen zur anderen Seite schüttelt. Meine Augen treffen seine. „Nope.“

Er runzelt fragend die Stirn.

Mit dem Zeigefinger deute ich auf die Decke, dann öffne ich meine linke Handfläche und lasse meine rechte mehrmals gegen sie treffen. Eine heftige Andeutung da drauf, dass die zwei über uns miteinander geschlafen haben.

Deans Augen weiten sich. „Was ist los mit der Jugend heutzutage?“ flüstert er.

„Ich bin dafür, dass wir zu dritt weiterziehen. Der Arsch kann mich mal und sie erst recht. Also, worauf warten wir?“ sage ich und will aufstehen. Paige jedoch zieht mich wieder auf den Hintern.

„Nein, so können wir das nicht entscheiden. Das ist nicht fair.“ Meint sie.

Dean deutet leicht auf mich. „Schatz, verdammt, er mag Nikki und Harry fickt sie? Das ist wohl nicht fair.“

Paige verdreht die Augen. „Kannst du mal bitte da drauf achten, wie du dich ausdrückst?“

Ich lache kurz auf. „Es stimmt doch. Er hat sie gefickt. Er wird sie morgen auch noch mal ficken und übermorgen auch noch mal. Also, wo ist das Problem?“

„Ihr seid unmöglich.“ Paige steht auf und verlässt das Wohnzimmer. Dean lacht auf, woraufhin ich ihm einstimme.

„Also,“ Ich stützte meine Ellenbogen auf meine Knie, beuge mich somit näher zu Dean. „Du kannst dir abschminken, dass ich noch länger bei den beiden bleibe. Entweder gehen sie oder ich. Und das meine ich Ernst.“

Dean füllt seine Wangen mit Luft. „Hey, Mann, überleg es dir doch noch mal richtig. Ich meine …“

„Nein!“ Ich stehe auf meinen Beinen und sehe ihn wütend an. „Ich überlege es mir nicht noch einmal. Harry,“ Ich zeige nach links in Richtung Treppe. „hat mit der geschlafen, ohne die Hemmungen daran zu verlieren an May zu denken oder auch nur mal an mich zu denken, auch wenn das jetzt egoistisch klingt.“

Dean sagt kein Wort mehr.

„Entweder wir zu dritt oder ich alleine.“ Stelle ich ihn klar und gehe in die Küche, wo Paige ist. Sie schneidet irgendetwas, aber länger als eine Sekunde interessiert es mich nicht. Ich schnappe mir meine Waffen aus einer kleinen Kammer, stecke mein Messer in den Hosenbund. Die Glock hinten in die Hose, Gas,- Nebel,- und Handgranate schnüre ich an den Gürtel und nehme die MG4 in die Hand.

„Was hast du vor?“ fragt Paige.

„Mich abregen. Was sonst?“

Ich schlage die Tür zu und trete vor bis zur Haustür. Genau dann muss Nikki die Treppen runterkommen. Ich verdrehe die Augen, als wir uns ansehen.

„Roman!“ ruft sie und will auf mich zugehen, doch ich schlage die Tür hinter mir zu. Die frische Luft tut gut. Lässt mich sofort zum Stillstand bringen.

Und für einen Moment fühle ich mich frei.

Die Tür öffnet sich hinter mir.

„Roman?“ höre ich die sanfte Stimme von Nikki sagen. Ich gehe die Stufen runter, ohne weiter ihr Beachtung zu schenken.

„Es tut mir leid. Es war falsch.“ Sagt sie, bevor ich das Grundstück verlasse.

Ich halte an.

„Ich weiß, dass du sauer bist, aber …“

Ich mache auf den Absatz kehrt. Sie ist mir nachgegangen. Böse funkle ich sie an. „Dir tut es leid?“

„Ja …“ Sie kommt noch näher. Ich schaue zu ihr runter, sobald sie nur noch Zentimeter von mir entfernt ist. Über ihren Kopf hinweg starre ich zur Haustür.

„Roman, ich … ich weiß auch nicht. Es …“

„Nein. Nein, hör auf. Es hat sich erledigt.“

Sie will mich packen, doch ich entziehe mich ihr und schreite meinen Gang fort. Sie würde mich um den Finger wickeln, wenn ich jetzt nicht gehe. Sie kann das ganz schön leicht machen. Und mich als Liebenden kann das ganz schnell passieren.

Meine Beine tragen mich quer über die Straße, Richtung Wald.

„Willst du abhauen?“ höre ich sie zu mir rufen.

Ich schüttle leicht den Kopf. Was denkt sie bitte? Kann mir das jemand mal sagen? Was geht in ihren Kopf ab, dass sie wirklich denkt, mich um den Finger wickeln zu wollen, obwohl sie vor nicht mal einer halben Stunde mit Harry gebumbst hat?

Ich lade meine MG4, als ich den ersten Beißer entdecken kann. Eigentlich sollte ich meine Munition sparen, aber dafür bin ich viel zu unter Druck gestellt und stehe unter Liebeskummer.

UNLEASH HELL || h.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt