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Völlig außer Atem halte ich an. Mein Hals fühlt sich rau an. Vergleichbar mit Schleifpapier. Er fühlt sich angeschwollen an. Vergleichbar wie wenn du einen deiner Knochen prellst, verstauchst oder brichst. Es reizt mich der maßen und ich kann ihn nicht lindern.

Dazu kommt noch das sich meine Knie wie Wackelpudding anfühlen. Sie könnten jeden Moment zusammenbrechen.

„Wo bist du nur?“ flüstere ich und drehe mich einmal im Kreis. Doch alles was mir mein Blickfeld zeigt, sind Bäume über Bäume. Dicht aneinander, sodass ich keine 10 Meter weit schauen kann.

Verzweifelt lasse ich mich doch auf den Hintern fallen.

Ich bin allein.

Allein.

Wie lange?

Für immer?

Ich vergrabe mein Gesicht in den Ellenbogen, den ich auf meine Knie stütze. Es fühlt sich so an, als würde ich in ein großes schwarzes Loch fallen.

Fühlbar pumpt sich eine Schicht Tränen in meine Augen und drohen über die Lider zu rollen. Man kann Tränen nie aufhalten, egal wie sehr man sich auch anstrengt. Egal wie sehr du dich gegen sie wehrst, am Ende packen sie dich doch und es überkommt dich eine große Welle.

„Oh May ...“ flüstere ich, weil meine Stimmbänder viel zu angeschwollen sind als das ich normal reden kann. Die Tränen verschmelzen sich mit meinen nackten Arm.

Ich werde dieses Mädchen nie wieder sehen. Nie wieder in meinen ganzen Leben. Ich habe keine Ahnung wo sie sein könnte. Dieser Wald ist riesig.

Die Sonne scheint zwischen den dichten Bäumen zu mir herunter und wärmt nur ein wenig meine nackten Arme. Der Boden taut langsam auf.

Werde ich es überhaupt jemals schaffen aus diesen Wald raus zu kommen?

Wenn ich nicht aufstehe und weiter gehe, werde ich es nicht schaffen. Also raffe ich mich auf, wische über meine feuchten Wangen und nehme einen tiefen Atemzug.

Aber es bricht mir viel zu sehr das Herz, als das ich jetzt aufhören kann zu heulen wie ein Wasserfall. Dennoch muss ich weitergehen.

Ein paar Äste knacken unter meinen Körpergewicht. Und vielleicht sollte ich mich ablenken, indem ich summe oder singe. Vielleicht verliere ich dann die Gedanken an May und die Tränen werden sich lindern.

„I'm dancing. To the sound. Of my words in the crowd. Too high to come down. So let me see your hands in the air,. Let me see your hands in the air. Let me see your hands in the air.“ flüstere ich und schließe meine Augen. Die Worte zergehen auf meiner Zunge und ich fühle mich etwas besser.

„I was lonely for some time. Now it's only you and I. I won't leave without your love tonight, tonight.“ singe ich und sehe auf. Mein Gott, wenn ich so darüber nachdenke komme ich mir so vor, als müsste ich jeden Moment eingewiesen werden.

~.~

„Ist das ein …?“

„Wagen? Ja. Komm.“

Roman packt Harry besser auf seinen Rücken und läuft los. Ich folge ihm schnell.

Wir sind eine ganze Weile gelaufen, bis wir in einem Dorf rauskamen. Ich habe keine Ahnung, was das für ein Dorf ist, aber es ist sehr klein und überall auf der Straße liegen Zeitungen oder Bierdosen.

„Der sieht so aus, als wäre er frisch dorthin gestellt ...“ sagt Roman und schaut sich suchend nach Leuten um, die den hier vor kurzen geparkt haben, aber hier ist niemand der den Wagen fahren könnte.

Ich schaue durch das Fenster. Dort drinnen liegen Waffen, eine Landkarte und jede menge Lebensmittel. „Roman, ich habe eine bessere Idee.“

„Was denn?“

Ich schaue zu ihm auf. „Kannst du Autos ohne Schlüssel anmachen?“

Er zieht eine Augenbraue hoch. „Sehe ich so aus, als wäre ich ein Krimineller gewesen?!“

Verdutzt sehe ich seinen Körper auf und ab. „Ähhhh,“ Bis ich in seine blauen Auge sehe. „Ja?!“

„Zur Hölle, nein!“ lacht er. „Aber ich kann es versuchen.“ Er nimmt Harry von seinen Rücken und drückt ihn mir in die Hände. Harry Locken fallen über sein Gesicht. Und als ich ihn gegen den Wagen drücke und seine Haare betrachte, denke ich darüber nach ihn einen Zopf zu machen.

Roman ist schon längst im Wagen und versucht ihn an zu bekommen, während ich das Zopfgummi aus meinen Haaren mache und Haarys Locken aus seinen Gesicht streiche. Als er mir sein Gesicht zeigt, überkommt mich ein so seltsames Gefühl was ich nicht beschreiben kann.

Dieses Grau in seinem Gesicht lässt ihn so traurig und verloren aussehen, dass mir die Tränen kommen. Wieso passiert das ausgerechnet mit dir?

Aber ich fasse mich, bevor ich die Kontrolle verliere.

Ich streiche sein Haar zurück, versuche jede Strähne als einen kleinen Zopf zu fassen und mache danach das Haargummi um ihn.

Leises Atmen höre ich neben meinem Gesicht. Er ist es …

„Ich kriege es nicht hin ...“

Roman taucht aus den Wagen auf und schüttelt den Kopf.

~.~

Meine Beine tragen mich seid gefühlten Tagen durch den Wald. Aber es waren mit Sicherheit nur wenige Minuten. Mein Hals hat sich beruhigt, genauso wie mit den weinen. Ich habe die ganze Zeit nur dieses Lied gesungen.

Doch mir raubt es selbst den Atem, als ich auf einer Straße von einem Dorf stehe und sie hinunter sehe. Ich bin endlich aus diesen Wald raus.

Ich muss darüber lachen, weil ich es nicht begreifen kann.

Mit wackeligen Beinen laufe ich die Straße, die zugemüllt ist, hinab.

Ob May und Roman hier wohl waren?

UNLEASH HELL || h.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt