Kapitel 45

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Kapitel 45 : 

Sein Arm lag locker um mich, während sowohl mein Kopf, als auch meine Hand auf seiner Brust ruhten. Vorsichtig löste ich mich von ihm und rutsche von seiner Betthälfte weg. Langsam setzte ich mich auf und vergrub das Gesicht in meine Hände. Ich fühlte mich gerade so schlecht, und hatte ein schlechtes Gewissen gegenüber Kaan. Als hätte ich ihn hintergangen, obwohl ich ja eigentlich gar nicht getan hatte? Ich mein .. Mergim war wie mein Bruder und .. Oh Gott. Ich stand auf und drehte mich zu ihm um. Er schlief noch tief und fest. Kein Wunder auch, es war erst kurz nach 6, wie mich ein Blick auf die Uhr wissen ließ. Leise tapste ich ins Bad und knipste das Licht an. Ich ließ den Wasserhahn laufen und spritzte mir immer wieder eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht, die mich richtig wach rüttelte. Es war eine merkwürdig ruhige Nacht gewesen. Als wäre ich in einen Tiefschlaf gefallen, der all meine Probleme beseitigte. Nachdem ich mich angezogen hatte, setzte mich an den Wannenrand und nur wenige Sekunden später, flossen mir die Tränen vom Neuen übers Gesicht. Aber es tat gut, es wirkte befreiend. So langsam aber sicher löste sich der Knoten in meiner Brust. Ich sprang auf, als ich das gedämpfte Klingeln meines Handys hörte. Als ich danach griff, rieb Mergim sich gerade verschlafen die Augen. Mittlerweile war es schon nach 7. 

„Hallo Kaan.“, sprach ich ins Handy.
„Wo bist du?“
„Hab versucht dich zu erreichen. Ich bin heute Nachmittag wieder da.“, antwortete ich.

Stille. 

„Kaan, bist du noch dran?“
„Ja. Mit wem bist du?“
„Mit .. mit Mergim. Hat Arjeta dir ..“
„Wann geht euer Flieger? Ich hol dich vom Flughafen ab.“
„Das ist nicht nötig, ich fahr direkt in die Wohnung.“
„Wann geht der Flieger?“, brüllte er. 
„11 Uhr.“
„Gut. Ich warte auf dich.“

Aus dem Handy hörte man nur noch ein lautes Tut Tut Geräusch. Aufgelegt! Er war sauer. Er war verdammt sauer, aber was sollte ich denn machen? Ich hätte nicht auf ihn warten können! Außerdem hatte ich versucht ihn zu erreichen, er hatte also nicht das Recht sauer auf mich zu sein! Dazu gab es nicht einmal einen Grund, schließlich hab ich nichts falsches getan. Ich legte das Handy auf den Tisch und wandte mich Mergim zu, der noch im Bett lag. 

„Ich geh eine Runde frische Luft schnappen. Wir sollten bald aufbrechen.“, sagte ich. 

Er studierte mich eingehend, während ich auf seine Antwort wartete. Als er endlich nickte, machte ich die Tür auf und ging nach unten. Im Foyer war es angenehm kühl, und um die Uhrzeit, war nur wenig los. Als ich das Hotel verließ, schlug mir die Hitze entgegen. Die Sonne schien hoch am Himmel und brannte auf meiner blassen Haut. Ich musste hier weg. Keinen weiteren Tag würde ich es hier aushalten. Sie hatten mir deutlich gemacht, dass ich bei ihnen nichts zu suchen hatte, und jetzt, wo Oma weg war, wollte ich sowieso nicht dahin. Ich bezweifle, dass ich den Anblick dieser Personen, die mir so weh getan hatten, ertragen würde. Agron nicht zu vergessen. Ich lief eine Weile durch den Park, und dachte über mein Leben nach, das so plötzlich aus den Fugen geraten war. Es war keine heile, aber wenigstens eine geordnete Welt gewesen. Und jetzt war alles durcheinander und kaputt. Schlimmer konnte es nicht werden. So dachte ich zumindest, ich war mir sicher. Doch meine Gedanken, schien das Schicksal als Herausforderung zu nehmen. Denn es sollte schlimmer werden. Sehr viel schlimmer.

Kaum ein Wort hatte Mergim, auf der Fahrt zum Flughafen gesprochen. Obwohl ich ständig das Gefühl hatte, dass er mich etwas fragen wollte. Wegen Kaan. Erst als wir schon im Flieger saßen, und zirka die Hälfte der Strecke hinter uns hatten, sprach er mich auf ihn an. 

„War Kaan sauer auf dich?“, wollte er wissen. 
„Nein, wie kommst du darauf?“
„Sagt mir mein Instinkt.“
„Er wollte mir nur sagen, dass er mich abholen kommt.“
„Aha.“

Lautlose SchreieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt