Kapitel 14

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Kapitel 14 : 

Mergim schien ihn zu ignorieren, denn er rief weiter nach mir und schlug gegen die Tür. 

„Bist du schwerhörig?! Schon mal dran gedacht, dass sie nicht aufmachen will?", meinte Kaan. 
„Misch dich nicht ein!", erwiderte Mergim scharf. 
„Und wie ich mich einmische."
„Wer zum Teufel bist du eigentlich?"

Ich riss die Tür auf, bevor das ganze zu eskalieren drohte. Zu meinem Entsetzten, hatten die beiden sich an den Kragen gepackt. Schnell ging ich dazwischen und meinte, dass alles okay sei. Mergim trat wortlos an mir vorbei und ging in die Wohnung. Kaan fing meinen Blick auf und die paar Sekunden, in denen wir uns ansahen, kamen mir wie eine Ewigkeit vor. Mit klopfendem Herzen ging ich rein und schloss die Tür. Mergim hatte sich nicht die Mühe gemacht, ins Wohnzimmer zu gehen, sondern stand mit Händen in den Hosentaschen im Flur. 

„Wir müssen reden.", sagte er. 
„Es gibt nichts zu reden Mergim. Ich dachte, dass hätte ich dir gestern schon klar gemacht."

Ich bemühte mich ruhig zu klingen, aber das Zittern in meiner Stimme war nicht zu überhören. 

„Ich hab gedacht, ich sei wie ein Bruder für dich? Ich hab gedacht, wir seien Freunde? Ich hab gedacht, du vertraust mir? Davon sehe ich gerade nichts!"
„So ist es auch Gimi! Aber jeder Mensch hat Geheimnisse! Willst du mir sagen du hast keine?"
„Es geht nicht um mich .." 
„Nein, beantworte meine Frage!", unterbrach ich ihn. „Hast du keine Geheimnisse?"
„Doch.", gab er zu. 
„Na, siehst du?" 
„Das ist nicht das selbe!" 
„Wieso? Nur weil ich mir selbst weh tue? Manche Geheimnisse tun nun mal weh."
„Aber Dafin .." 

Er suchte nach den richtigen Worten, schien sie aber nicht zu finden. Stattdessen lehnte er sich gegen die Wand und nahm tief Luft. Ich tat es ihm gleich. So standen wir uns lange Zeit gegenüber, ohne etwas zu sagen. Komischerweise, war ich gerade die Ruhe in Person. Dieses Gespräch hatte ich mir weitaus schlimmer vorgestellt, keine Ahnung wieso. 

„Du wirst es mir nicht sagen, oder?", fragte er schließlich. 

Kaum merklich schüttelte ich mit dem Kopf. 

„Und ich hab auch keine andere Wahl, als es zu akzeptieren, oder?"

Erneut schüttelte ich meinen Kopf, aber diesmal kullerten mir dabei Tränen über die Wangen, die ich schnell wegwischte. Mergim breitete seine Arme aus. Sofort folgte ich seiner Einladung und umarmte ihn. Schweigend hielt er mich fest und strich mir behutsam über den Rücken. 

„Ich mach mir doch nur Sorgen um dich.", flüsterte er. 
„Musste du nicht."
„Bitte versprich mir, dass du versuchen wirst damit aufzuhören. Bitte ..", flehte er. 
„Versprochen."

Meine Stimme bebte, aber ich schwor mir, alles dafür zu tun, um mein Versprechen nicht zu brechen. Ich wollte ja selber damit aufhören. Nach jedem mal, redete ich mir ein, dass es das letzte mal war. So oft tat ich es ohnehin nicht. Es gab Tage, in denen ich stark war und es schaffte mich zurück zu halten. Dann war ich immer stolz auf mich. So oft tat ich es ohnehin nicht. Immer nur dann, wenn ich den Druck nicht standhalten konnte. Den Druck, der mein Inneres zerfraß. Mergim drückte mir einen Kuss auf den Kopf und löste sich dann von mir. Auf seinem Gesicht lag ein gequälter Ausdruck, er schien hilflos. Das wiederum löste in mir ein Schuldgefühl aus, denn wenn er nicht davon erfahren hätte, würde es gar nicht erst dazu kommen. Er nahm meine Hände und lächelte mir dann aufmunternd zu. 

„Wir schaffen das, okay? Du wirst davon loskommen, du darfst keine Sekunde daran zweifeln.", sagte er. 

Ich nickte zustimmend und zwang mich zu einem Lächeln. Die frischen Wunden unter meiner Jeans brannten wie Feuer und erinnerte mich wieder an meine Schwäche. Ich musste es schaffen! Mergim wollte gerade zur Uni und ich bat ihn mich mitzunehmen. Als ich ihm jedoch einen Kaffee anbot, solange ich mich umzog, lehnte er ab. 

Lautlose SchreieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt