Kapitel 75 :
Blut überall Blut. Ich stand schwankend auf und wäre dabei fast auf den Fliesenboden geknallt, da sich alles vor mir drehte. Blackout, ich sah schwarz. Und das war nicht gut, das war gar nicht gut. Irgendwie fand ich zwei Handtücher und drückte sie mir gegen die Oberschenkel. Ich war so dumm. So dumm, verdammt! Gerade als ich die Badezimmertür öffnete, um nach Teuta zu rufen, stand Flamur plötzlich vor mir. Er riss schockiert die Augen auf. Auch das noch ..
„Mam!“, schrie er durch das ganze Haus. „Teze blutet!“
Statt bei meinem Anblick abzuhauen, trat er direkt auf mich zu und versuchte mich zu stützten. Es dauerte nicht lange, da kam auch schon Teuta durch den Gang gestürmt.
„Dafina!“, rief sie.
Ich wollte reden, ihr erklären was passiert war. Aber es ging nicht. Mir fehlte die Kraft um den Mund zu öffnen. Wahrscheinlich hat sie es ohnehin sofort verstanden. Ich weiß nicht genau, was danach folgte. Ich erinnere mich nur noch an Besa, die am Treppenabsatz stand und weinte. Dunkelheit umhüllte mich und fiel ich in ein tiefes, schwarzes Loch ..
Mir stieg ein vertrauter Duft in die Nase und ich saugte ihn gierig in mich auf. Meine Lider fühlten sich richtig schwer an, wie Blei. Deshalb entschied ich mich dazu, die Augen geschlossen zu halten und den Geruch zu genießen. Mergims Stimme ertönte in meinen Ohren. Träumte ich? Ja, oder?
„Sollten wir sie nicht besser ins Krankenhaus fahren?“, sagte er.
Krankenhaus? Was für Krankenhaus?!
„Nein, keine Sorge. Ich hab alles unter Kontrolle, vertraut mir. Sie wird gleich aufstehen.“
Dona? Was machte Dona denn hier? So schwer es mir auch fiel, ich öffnete meine Augen. Es dauerte eine Weile, bis ich mich an das gedämpfte Licht im Zimmer gewohnte.
„Sie ist wach!“, hörte ich Mama rufen.
Sie saß direkt neben mir und nahm meine Hand. Ich lag auf einem Bett .. ich glaube im Gästezimmer. Ja, doch. Das war im Gästezimmer und es war voll. Alle waren da. Mama, Papa, meine Schwestern. Mergim .. auch Mergim war da. Allmählich dämmerte mir .. ich war im Bad gewesen und hatte mich .. zu tief geschnitten. An den Rest erinnerte ich mich nicht wirklich. Dona beugte sich zu mir herunter und strich mir sanft über die Stirn.
„Geht es dir gut?“, fragte sie mich.
„Ich denke schon.“
„Eine Wunde musste genäht werden .. aber alles halb so wild.“, sagte sie.
„Genäht? Wer ..“
„Wer wohl?“
Sie lächelte mich an und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Welch ein Vorteil, wenn die Schwester Ärztin ist. Mama hielt nach wie vor meine Hand und strich behutsam darüber. Ich trug noch immer mein Oberteil, das mit Blutspritzern verschmiert war. Eine Decke verdeckte alles von der Hüfte abwärts, und mich erfasste augenblicklich so ein heftiges Schamgefühl, dass ich am liebsten im Erdboden versinken wollte! Alle wussten was ich getan hatte! Ob sie auch den Grund dafür wussten? Ein Blick in Papas Richtung reichte, um das zu erfahren. Er sprach mit Mergim, der ihn zu beruhigen versuchte, denn er tobte vor Wut! Sie hatten ihnen also alles erzählt. Ohne mich. Besser so. Also war mir wenigstens das erspart geblieben. Mama weinte fürchterlich und hörte damit gar nicht mehr auf. Mimoza kniete neben ihr und sprach auf sie ein. Vergebens.
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Lautlose Schreie
General FictionDafina ist angehende Jura Studentin. Sie zieht von Mannheim nach Köln, wo sie an der Seite ihres besten Freundes studieren wird. Sie ist ein ganz normales Mädchen, doch der Schein trügt. Eine Kindheit voller schlimmer Erinnerungen, ein Schwager, der...