Kapitel 49 :
„Du warst schwanger? Was soll das heißen?“, fragte ich leise.
„Ja, hab es in der 13. Woche verloren ..“Oh mein Gott! Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt! Teuta wischte sich mit einem Taschentuch die Tränen aus dem Gesicht, die ihr mittlerweile im Strömen über die Wangen liefen. Und ich? Ich saß regungslos da und versuchte mich von diesem Schock zu erholen.
„Wie .. wie ist das passiert.“
„Ich bin die Treppe herunter gefallen.“, sagte sie weinend.
„Aber das .. ich mein .. oh Gott ..“, stammelte ich fassungslos.Mir kam urplötzlich ein kranker Gedanke in den Sinn, den ich dann zu meiner eigenen Überraschung auch tatsächlich aussprach. In vielen Fällen ist 'Ich bin die Treppe herunter gefallen', eine Umschreibung von einem aggressiven Ehemann. Vielleicht war das auch hier so?
„Hat Agron etwas damit zu tun?“, fragte ich geradeheraus.
„Was? Wie kommst du jetzt darauf?“Sie wirkte stark verunsichert, wich meinem Blick aus und spielte dabei nervös an ihrer Handtasche herum. Einen Moment lang war es still, sie schien in Gedanken. Scheiße, ich hatte Recht!
„Hat er dich geschlagen? Oder hat er dich geschubst? Hat er dir was getan?“, schrie ich.
Meine plötzlich laute Stimme, beförderte sie wieder ins Hier und Jetzt.
„Nein! Um Gottes Willen, nein! Es ist nur .. wir hatten eine kleine Auseinandersetzung im Flur, und dann bin ich .. ich bin einfach zu schnell gelaufen und hab das Gleichgewicht verloren.“
Ihre Stimme stockte, sie kämpfte erfolglos gegen die Tränen an.
„Wenn er dir ..“
„Nein Dafin. Nein, er hat mich nicht geschlagen, oder mich geschubst. Es war ein Unfall.“
„Teuta bitte!“Ich versuchte irgendwie krampfhaft, ihn dafür verantwortlich zu machen.
„Er hat mich noch nie geschlagen. Nicht einmal eine Ohrfeige. Nichts! Noch nie hat er die Hand gegen mich erhoben. Das würde er auch nicht tun. Er liebt mich Dafin und ich liebe ihn!“
Nein. Nein. Nein! Ich wollte das nicht hören verdammt! Wie konnte man so ein Monster lieben?! Wieso merkte denn keiner, was für ein krankes, perverses Schwein er war? Wieso?
„Nach diesem Vorfall .. es war eine harte Zeit Dafin. Ich weiß nicht, was ich ohne Agron gemacht hätte. Er unterstützt mich wo es nur geht, ist da für mich und für die Kinder. Weißt du, eine Zeitlang wollte ich gar nicht erst aus dem Bett und hab sogar Flamur und Besa vernachlässigt. Aber Agron war da und hat mir geholfen, aus meinem Loch zu kommen. Er macht sich solche Vorwürfe.“
Ich konnte einfach nicht mehr dieses Gerede über ihn hören. Wie toll er doch war. Was für ein Vorzeige Ehemann und Vater er sei. Wie er sich um alles kümmert. Seine Vorliebe mich zu missbrauchen mal beiseite gelassen. Der Typ war doch ein Traum! Sarkasmus off. Aber das alles schob ich in den Hintergrund, denn meine Schwester hatte ihr Baby verloren. Und sowas muss schrecklich sein! Ich rutschte ein Stück näher an sie heran und umarmte sie. Und während wir so da saßen, sprach sie weiter. Mein Herz zog sich zusammen, als sie mir erzählte, wie Oma, Papa zur Vernunft gebracht hatte. Wie sie gesagt hatte, dass er mich nach Haue holen soll. Und wie sie am nächsten Morgen, tot in ihrem Bett lag. Friedlich eingeschlafen war sie.
„Der Schock saß tief. Es kam so .. unerwartet. Du darfst Papa keine Vorwürfe machen, weil er dich nicht rein gelassen hat. Es war Onkels Schuld. Weißt du wie hart es für Papa war? Seine heile Welt ist innerhalb von wenigen Monaten zusammen gebrochen. Erst warst du weg, und dann mussten er noch mit dem Verlust seiner Mutter klar kommen. Er war an dem Tag nicht klar im Kopf, auf der anderen Seite war Onkel und ich wollte nicht, dass das ganze eskaliert.“
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Lautlose Schreie
General FictionDafina ist angehende Jura Studentin. Sie zieht von Mannheim nach Köln, wo sie an der Seite ihres besten Freundes studieren wird. Sie ist ein ganz normales Mädchen, doch der Schein trügt. Eine Kindheit voller schlimmer Erinnerungen, ein Schwager, der...