Prolog

27.2K 915 43
                                    

Prolog : 


Da lag ich. Mit verweinten Augen, blassem Teint und zitternden Körper. Ich verstand die Welt nicht mehr. Das war doch falsch, was er tat? Ich war erst 10, aber ich wusste, dass es falsch war. Ich sah ihn doch als den großen Bruder, den ich nie hatte. Er war immer so nett gewesen und brachte jeden zum Lachen. Mit seiner sympathischen Art, hatte er alle in den Bann gezogen. Auch mich. Aber wieso berührte er mich plötzlich so? Ich wollte das doch gar nicht! So berührte man doch keine Schwester? Lange hatte ich gebraucht um das zu realisieren, schließlich war ich noch ein kleines Kind. Das war falsch und er wusste es ebenfalls. Aber es schien ihm nichts auszumachen. Er genoss es, in vollen Zügen. Seine Hand fuhr über meinen Oberschenkel, hinterließ eine unangenehme Gänsehaut auf meinem Körper. Er hatte mir doch Versprochen damit aufzuhören? Aber er hörte nicht auf. Jedes mal wurde es schlimmer und meine lautlosen Schreie, drohten mich zu ersticken. Jedes mal betete ich stumm, dass er endlich aufhören möge. Doch vergeblich .. 

„Wieso tust du das?“, wimmerte ich und wand mich unter seinem Griff. 

Ich wollte Schreien, aber es ging nicht. Tränen liefen mir über die Schläfen. Tränen der Unschuld. Das war der pure Horror, den ich wahrscheinlich bis ans Ende meines Lebens nicht vergessen würde. Mein Blick war starr auf die Decke gerichtet, ich wollte nicht in seine blauen Augen sehen. Ich hielt ihn für einen Bruder, für jemanden, der mich beschützt. Aber dieser Mensch, der mir einst so viel bedeutet hatte, war nun mein größter Feind. Er war das Monster in meinen Albträumen und noch schlimmer, er war pure Realität. 

„Dafina .. meine Fina .. du bist so hübsch“, hauchte er mir ins Ohr. 

Mit dem Fingern strich er mir über die Wange und dann ließ er mich endlich los. Sofort schob ich meinen Rock nach unten und setzte mich auf. Meine eisig kalten Hände krallten sich in die Bettdecke, während mein Herz raste. Er näherte sich mir und küsste mich auf den Kopf. Ein brüderlicher Kuss, ganz unschuldig. Das tat er vor den anderen öfter. Nur ich wusste, was dahinter steckte. Und so würde es bleiben. Ich konnte niemanden davon erzählen. Das wäre doch ein Skandal .. wer würde mir schon glauben? Lautlos verließ er das Zimmer und ließ mich alleine zurück. Ich schwor mir, dass er das alles zurück kriegen würde. Vielleicht nicht von mir. Aber Gott ist groß, er gibt jedem das, was er verdient hat. Irgendwann! Eines Tages, würde er seine gerechte Strafe kriegen. Und dieser Tag rückte heute, knapp 9 Jahre später immer näher ..  

Lautlose SchreieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt