Kapitel 73

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Kapitel 73 : 

„Teuta, bitte! Du musst mir glauben!“, rief ich verzweifelt. 

Die Tränen liefen mir nun im Strömen über das Gesicht, ich konnte nicht fassen, dass ich verloren hatte. Teuta starrte noch immer zu Boden, ihre Hände waren zu Fäusten geballt. 

„Ich hab gesagt .. raus aus diesem Haus.“, zischte sie mit zusammen gebissenen Zähnen. 

Mir schoss ein Gedanke durch den Kopf, der vielleicht meine letzte Hoffnung war. 

„Bitte glaub mir! Schau auf seiner Schulter, er muss dort eine Kratzwunde haben.“

Sie musste mir glauben. Sie musste mir doch glauben, wenn sie die Wunde sieht! Agrons Grinsen verschwand, sein Blick verfinsterte sich und ich merkte, wie er augenblicklich nervös wurde. 

„Mach dich nicht lächerlich.“, sagte er. 
„Raus hier! Raus, verdammt nochmal!“, schrie Teuta plötzlich. 

Endlich hob sie ihren Kopf. Aber sie sah nicht in meine Richtung .. ihre Augen waren zu Agron gerichtet. Ihr Gesicht war rot vor Wut. Ich kann nicht in Worte fassen, was in diesem Moment in mir vorging. Mir war übel, warum auch immer und mein Inneres drohte zu zerbersten. Wohin nur mit diesen Gefühlen? Wohin nur mit diesem Schmerz? 

„Du sollst von hier verschwinden, bevor ich die Polizei holen!“
„Schatz, was redest du da?“, fragte Agron verwirrt. 

Er kam auf sie zu. Teuta jedoch hob ihre Hände in die Luft und schrie so laut, dass ich zusammen zuckte. Ich hatte das Gefühl, als würde der Boden unter meinen Füßen vibrieren. 

„Hau ab! Ich will dich nicht sehen!“

Agron war schockiert, das sah man ihm an. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ich herkommen würde. Noch weniger hatte er damit gerechnet, dass Teuta mir glauben würde. Wieso eigentlich? Wieso hielt er sich für so Fehlerlos? Hochmut kommt vor dem Fall. 

„Das wirst du bereuen, dass du ihr glaubst. Das ist lächerlich und ..“
„Verschwinde!“, fiel Teuta ihm ins Wort. 

Sein Kiefer spannte sich an und seine Augen funkelten vor Wut. Er zögerte eine ganze Weile und ich hatte furchtbare Angst, dass er irgendwas tun würde. Laut fluchend verließ er anschließend das Zimmer. Teuta und ich standen reglos da und rührten uns nicht. Ich wusste nicht was ich sagen, tun oder fühlen sollte. Als ich die Haustür laut ins Schloss fallen hörte, gewann die Erleichterung schließlich die Oberhand. Ich hatte es getan. Ich hatte es wirklich getan. Endlich war das Geheimnis, das mir Jahrelang auf der Seele lag, gelüftet. Endlich war die Last von meinen Schultern genommen. Erleichterung war da, ja. Aber trotz allem verspürte ich beim Anblick meiner Schwester, einen großen stechenden Schmerz in der Brust, der mich augenblicklich daran erinnerte, dass nichts gut war. Nein, gar nichts war gut. Vielleicht war es nun sogar schlimmer. 

„Es tut mir leid.“, flüsterte ich. 

Es tat mir wirklich leid, so unendlich leid. Wie würde es jetzt weiter gehen? Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung und wollte daran auch nicht denken. Viel zu lange hatte ich schon geschwiegen. Es war längst überfällig gewesen die Wahrheit zu sagen, so sehr diese auch schmerzte und alles durcheinander brachte. Vorsichtig ging ich auf Teuta zu, die wie ein Häufchen Elend im Wohnzimmer stand und sich nach wie vor nicht bewegte. Bisher weinte sie nicht, als ich jedoch merkte wie ihre Lippe anfing zu beben, wusste ich, dass ihre Fassade zu bröckeln begann. 

„Es tut mir so leid.“, sagte ich erneut und legte langsam meine Hand auf ihre Schulter. 

Sie hob ihren Kopf und sah mich direkt an. Ihre Tränen gefüllten Augen, versetzten mir einen Stich ins Herz. Ein lauter Schluchzer erfüllte den Raum. Teuta brach vor meinen Füßen zusammen und fiel zu Boden. Ich ging in die Knie und nahm sie in den Arm, während ihr Klagen durch das gesamte Haus hallte. Unbeschreibliche Szene. Noch nie zuvor hatte ich meine Schwester in so einem Zustand gesehen und der Gedanke daran, dass ich dafür verantwortlich war, machte das Ganze nur noch schlimmer. Verzweifelt klammerte sie sich an meinen Armen und weinte bitterlich. Auch meine Seele weinte mit. Ich war eingehüllt in meinem Schmerz. 

Lautlose SchreieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt