Kapitel 36:
Er lachte. Es war scheiß egal, was hier gerade vor sich ging. Er lachte! Laut und fröhlich. Zufrieden. Ja, er schien zufrieden mit seinem Leben. Diese Tatsache, machte mich wütend. So verdammt wütend! Ich spürte, wie mein Herzschlag in die Höhe schoss. Erst langsam, dann immer schneller. Ich war so in meiner Wut vertieft, dass ich gar nicht merkte, wie Agron das Handy vom Ohr genommen hatte und mich anstarrte. Nein, ich starrte ihn an. Voller Hass, Abscheu und Ekel.
„Wie geht es dir?“, fragte er mich.
Er provozierte mich. Er spielte mit mir. Und er genoss es. Wieso war er so furchtlos? Wieso hatte er keine Angst, dass ich mit der Wahrheit heraus rücken würde und jeder mitkriegt, was für ein kranker Psychopath er ist? Kaum hatte ich mir die Frage gestellt, schon gab mein Gehirn mir meine Antwort. Ich war feige. Ja, ich war feige! Eine dumme, mutlose Versagerin, die einfach ihren Mund nicht auf bekam! Ich war armselig und vielleicht auch zu schwach. Nein, was heißt vielleicht. Ich war schwach und er wusste es am besten. Er wusste es und nutzte das eiskalt aus. Meine Hände hatten sich zu Fäusten geballt und es kostete mich eine ungeheure Kraft, von der ich nicht wusste woher sie kam, um jetzt nicht die Fassung zu verlieren. Seine Mundwinkel zuckten belustigt. Er machte sich über mich lustig und ich tat das, was mir als erstes in den Sinn kam. Ich spuckte ihm mitten ins Gesicht! Es waren keine Worte notwendig, um das zu sagen, was ich sagen wollte. Meine Reaktion verriet alles. Noch ein letztes mal, warf ich ihm einen angewiderten Blick zu und lief ohne mich nochmal umzudrehen, die Straße entlang... zu Kaan.
Ich kam schleppend voran. Meine Beine fühlten sich wie Blei an. Als Kanns Wagen in mein Sichtfeld gelang, lief ich schneller. Er bemerkte mich, sprang aus dem Wagen und kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Er breitete seine Arme aus, noch bevor er mich erreichte. Das war es, was ich jetzt brauchte. Ich fiel weinend in seine Arme und versuchte gar nicht erst meine Tränen zurück zu halten. Zärtlich strich er mir über die Haare, über den Rücken und hielt mich einfach nur fest. Mir war so kalt und ich zitterte am ganzen Leib. Noch immer konnte ich nicht glauben, was soeben passiert war. Nach ein paar Minuten hatte ich mich endlich wieder beruhigt.
„Er hat mich .. verstoßen. Er meinte ich sei für ihn gestorben Kaan.“, flüsterte ich in seine Brust. „Das hat er nur aus Wut gesagt. Gib ihm Zeit.“
„Er war so .. anders. Ich hab ihn nicht wieder erkannt. Sein Blick war voller .. ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass es weh getan hat.“
„Es ist bestimmt nicht einfach, wenn man mitkriegt, dass die Tochter jetzt einen Mann an ihrer Seite hat. Er will dich nur beschützen, er will das Beste für dich.“
„Du bist das Beste für mich Kaan!“
„Das weiß dein Papa aber noch nicht. Deshalb, gib ihm Zeit.“Schniefend löste ich mich von ihm. Der Mond schien hell und voll am Himmel. Durch das Licht wirkte Kaan wie ein Engel, der gekommen war um mir zu helfen. Sein Lächeln war so .. es war so wohltuend. Es tat so gut, dass er für mich da war und mich verstand. Er wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und gab mir einen langen Kuss auf die Stirn. Dann nahm er meine Hand, zog mich zur Beifahrerseite und hielt mir die Tür auf. Wortlos stieg ich ein und kurz darauf fuhren wir wieder nach Köln ..
Zeit. Vielleicht war es wirklich das, was Papa brauchte. Mir blieb in Endeffekt nichts anderes übrig als zu Warten, dass sich irgendwas tut. Ein Anruf, oder ein Besuch meiner Eltern. Verständnis ihrerseits. Ich klammerte mich so sehr an dieser Hoffnung, obwohl ich wüsste, dass es unwahrscheinlich war. Papa war ein sehr dickköpfiger Mensch. Seinen Worten nach zu urteilen, habe ich etwas ganz ganz schlimmes, etwas moralisch falsches und unverzeihliches getan ..
Nach der knapp zweistündigen Fahrt, kamen wir wieder in Köln an. Arjeta wartete im Foyer auf mich. Ich muss schrecklich ausgehen haben, meine Schminke hatte sich wohl über mein ganzes Gesicht verteilt. Arjeta brach unvermittelt in Tränen aus und umarmte mich.
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Lautlose Schreie
Narrativa generaleDafina ist angehende Jura Studentin. Sie zieht von Mannheim nach Köln, wo sie an der Seite ihres besten Freundes studieren wird. Sie ist ein ganz normales Mädchen, doch der Schein trügt. Eine Kindheit voller schlimmer Erinnerungen, ein Schwager, der...