"Tut mir leid, ich hätte das nicht fragen sollen!", ruderte Peter direkt zurück, als er merkte, dass mir die Frage unangenehm war.
Doch andererseits wusste ich, dass Peter niemals derartige Sprüche darüber loslassen würde. Außerdem musste ich zugeben, dass ich ebenfalls stark daran interessiert war, wieso er bei seiner Tante wohnte, anstatt bei seinen Eltern. Und wenn ich den ersten Schritt machen würde, würde er mir vielleicht auch irgendwann genug vertrauen, um mir etwas von seiner Familie zu erzählen.
"Ist schon okay. Du meinst als sie sagte, ich hätte Manieren, wenn ich eine Mutter hätte?", wiederholte ich Liz' Worte, die mir beinahe das Herz heraus gerissen hätten.
Es war nicht einmal der Schmerz über ihren Tod, der in diesem Moment über mir herein brach. Es war vielmehr die Wut darüber, dass sie meiner Mutter damit indirekt vorwarf, mich nicht richtig erzogen zu haben. Und wenn ich bei etwas die Kontrolle verlieren konnte, dann wohl bei schlechten Worten über Mum.Sie war die beste Mutter, die ich mir hätte wünschen können. Es war nicht immer leicht zu zweit, obwohl Dad immer für uns gesorgt hatte. Doch Geld war nicht alles. Noch dazu wollte Mum sich nicht komplett von ihm finanzieren lassen, sondern unabhängig für mich sorgen können.
"Ja aber du musst wirklich nicht darüber reden, wenn du nicht willst", entgegnete Peter mir und ich nickte verstehend.
"Meine Mum ist gestorben als ich 11 Jahre alt war", eröffnete ich ihm und er musterte mich einen Moment lang erschrocken. Natürlich klang das hart. Und auch wenn es bereits über 5 Jahre her war, hörte es nicht auf weh zu tun.
Es war die absolute Lüge, dass dieser Verlustschmerz irgendwann besser wurde. Man gewöhnte sich lediglich daran mit dem dauernden Schmerz weiterzumachen."Das tut mir so leid. Ich stell auch immer die falschen Fragen ich Idiot", grübelte Peter und ich schenkte ihm ein warmes Lächeln. Er sollte sich nun sicher keine Vorwürfe machen. Würde ich nicht über Mum reden wollen, hätte ich ihm das direkt gesagt.
"Quatsch, das konntest du doch nicht wissen. Außerdem erzähle ich gerne von ihr, sie war unglaublich", sagte ich lächelnd.
"Was ist mir ihr passiert?", harkte Peter weiter nach und mein Herz begann mir bis zum Hals zu schlagen.
"Sie hatte Krebs", antwortete ich und verfluchte die Welt einen Moment lang dafür, dass es ihnen möglich war, andere Planeten zu erkunden aber sie es nicht schafften, meiner Mutter das Leben zu retten.
"Scheiße. Krebs ist so ein Arschloch!", murrte Peter und ich nickte zustimmend. Wem sagst du das, Parker?
"Weißt du was das Schlimmste daran ist?", fragte ich und er sah zu mir rüber, "Sterben ist scheiße aber es ist noch das sanfteste von allem was außenrum passiert. Es ist nicht wie bei einer Urgroßmutter, bei der man am Morgen erfährt, dass sie über Nacht friedlich eingeschlafen ist. Da kann man sagen, man behält sie in guter Erinnerung und auch das Wissen, dass sie ihr Leben hinter sich hatte ist irgendwo beruhigend.
Aber das kann man nicht behaupten, wenn eine 34-jährige, alleinerziehende Mutter stirbt und ihre Tochter zurücklässt. Wir hatten noch so viel vor und ich würde sie zur Zeit so verdammt brauchen", gab ich beinahe wütend von mir.
Nicht, weil ich sauer auf Mum war, dass sie gehen musste. Ich war sauer auf das Universum, das Schicksal oder was auch immer dafür verantwortlich war, dass sie gehen musste."Das ist absolut nicht fair", merkte Peter an und ich nickte lediglich.
"Es ist unfair, du hast recht. Die Rollen haben sich in dieser Zeit ziemlich schnell vertauscht. Ich hab versucht für sie da zu sein und ihr alles ein bisschen leichter zu machen. Dabei hab ich es ihr vermutlich nur schwerer gemacht. Wenn ich nicht gewesen wäre, hätte sie sich nicht so lange verzweifelt am Leben festgehalten. Ich hasse es, dass sie wegen mir so lange leiden musste", erzählte ich und hoffte, Peter damit nicht zu viel von meinem Leben Preis zu geben.
"Ich glaube nicht, dass sie so denkt. Und ich bin mir auch sicher, dass sie nicht will, dass du dir deshalb Vorwürfe machst. Natürlich möchte sie dich als Mutter nicht verlassen, das hat nichts damit zutun, dass du sie im Leben festgehalten hast. Das klingt alles, als wäre es ein langer Prozess gewesen?", sagte Peter und ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen.
Ich biss mir fest auf die Lippe und versuchte sie weg zu blinzeln. Schließlich nickte ich und sah auf den Fluss hinaus.Plötzlich spürte ich, wie sich Peter's warme Hand, auf meine legte, die ich mittlerweile neben meinem Bein auf dem Steg abgestützt hatte. Mein Blick fuhr zu ihm und wir sahen uns eine Weile nur in die Augen, bis mir tatsächlich eine Träne über die Wange lief.
"Ich weiß es klingt verrückt. Aber diese Reise mit Mum war gleichzeitig schrecklich aber auch wunderschön", erzählte ich und spürte, wie noch eine Träne über meine Wange floss. Peter strich mit dem Daumen über meinen Handrücken und gab mir somit Kraft weiter zu sprechen.
"Es hat uns auf eine ganz andere Art verbunden, obwohl es so so schrecklich war ihr beim Sterben zuzusehen. Ich hab mich ihr nie zuvor so nah gefühlt. Und ich bin froh, dass ich in dem Moment da war, als sie aufgehört hat zu atmen, obwohl es weh tat", erzählte ich zuende und sah Peter dabei noch immer in die Augen.
"Ich bin mir sicher, sie ist gerade unheimlich stolz auf dich", murmelte Peter und ließ nicht zu, dass der Blickkontakt abbrach. Seine Augen zogen mich in einen unbrechbaren Bann.
"Glaubst du? Ich glaube sie wäre enttäuscht, würde sie sehen wie mein Leben gerade den Bach runter geht", lachte ich humorlos auf und wandte den Blick nun doch noch ab.
"Ich bau einfach ein Floß und dann schieben wir dein Leben den Bach wieder hoch, okay?", fragte Peter plötzlich ernst und ich konnte nicht anders, als bei diesem bescheuerten Wortspiel in hysterischem Gelächter auszubrechen.
Ich musste völlig verrückt auf ihn wirken, wie ich in der einen Sekunde Tränen vergoss und im nächsten wie eine Irre lachte. Doch das hatten meine Eltern heute schließlich auch schon erleben müssen. Ich war ein absolutes emotionales Wrack, darin bestand keinerlei Zweifel. Vermutlich verlor ich lediglich den Verstand und war dabei verrückt zu werden.
"Du schiebst mein Leben also den Bach wieder hoch, ja?", fragte ich kichernd und wischte mir meine Tränen weg. Peter lächelte mich breit an.
"Ich verspreche es sogar. Was ist mit deinem Dad? Du wohnst jetzt bei ihm, oder?", fragte Peter und ich nickte lächelnd.
"Ja, bin damals bei ihm uns seiner neuen Familie eingezogen", erzählte ich.
"War das nicht komisch?"
"Am Anfang ein bisschen aber es wurde ziemlich schnell normal. Ich hatte seine neue Frau schon kennengelernt, bevor Mum krank wurde und wir hatten alle ein ziemlich gutes Verhältnis.
Dad hat sich schon immer um mich gekümmert, obwohl meine Eltern nicht mehr zusammen waren. Deshalb war es auch nicht ganz so komisch, bei ihm einzuziehen.
Anfangs hatte ich nur Angst, meine kleine Schwester würde bevorzugt werden, weil sie das Kind von den beiden war und ich nur von Dad aber das hat sich auch nie bewahrheitet", erzählte ich immer und immer weiter, weil es so leicht war, mit Peter zu sprechen."Du fühlst dich also wohl in deiner Familie?", harkte er nochmal nach, um sicher zu gehen, dass es mir dort gut ging, was mir absolut das Herz erwärmte.
"Sehr, mach dir keine Sorgen. Dad und ich stehen uns unglaublich nah, er teilt meine Liebe zu Naturwissenschaften und wir machen uns regelmäßig einen Scherz daraus, die anderen beim Abendessen zu verwirren. Ich könnte mir wirklich keine bessere Familie wünschen", versicherte ich ihm und er lächelte mich erleichtert an.
"Was ist mit dir? Wie lange wohnst du schon mit deiner Tante zusammen und.. und wieso?", fragte ich vorsichtig und hoffte inständig, dass ich mit dieser Frage nicht zu sehr in Peter's Privatsphäre eintrat.
Sein Gesichtsaudruck veränderte sich nur minimal, denn sein Lächeln blieb bestehen, nur seine Augen verloren etwas an Glanz, als ich ihm die Frage stellte.
+++
Jetzt ist wohl Peter's Zeit um seine Geschichte zu erzählen. Wird er mit ihr darüber reden?
Love you 3000, T.
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Darkest Nights | Peter Parker FF
FanfictionIch dachte ich sei nur eine Nebenrolle im Leben anderer. Ich dachte niemand würde mich wahrnehmen. Dabei brauchte es nur eine verhängnisvolle Party und nichts war mehr, wie es sein sollte. Plötzlich spielte ich die Hauptrolle. Eine Rolle, mit der...