~Kapitel 62~

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Ich zögerte. Vermutlich viel zu lange. Die Dinge würden so viel leichter werden, wenn ich Mr.Stark einfach alles erzählte. Ich wusste, dass ich eine gute Stütze für Taylor war, doch gleichzeitig war mir bewusst, dass ich die Risse in ihrer Seele nicht alleine heilen konnte. Nicht, wenn dieser Bastard nicht endlich seine verdammte Strafe bekam und sie nicht weiter fertig machen konnte. Nicht, wenn sie weiterhin so viel vor ihrer Familie geheimhalten musste.

Sie würde die Unterstützung ihrer Familie brauchen. Das ewige Verschweigen raubte ihr noch so viel mehr Kraft. Und ich hatte erst heute gesehen, wo es hingeführt hatte. Sie hatte sich selbst Schaden zugefügt. Ich versuchte sie vor allem da draußen zu beschützen, doch ich konnte sie nicht vor sich selbst schützen. Denn in ihrem Kopf war sie alleine.

Doch gleichzeitig wusste ich, dass sie mir mit ihrem Leben vertraute. Wenn ich sie so hintergehen würde, egal ob es zu ihrem besten war oder nicht, ich könnte ihr nicht mehr in die Augen sehen. Ich hatte ihr versprochen alles für mich zu behalten und ich wollte das Vertrauen, das sie mir entgegen brachte unter keinen Umständen missbrauchen. Und letztlich durfte ich auch schlichtweg keine Entscheidungen über ihren Kopf hinweg treffen.

Würde sie eines Tages zu mir sagen, sie möchte, dass Mr.Stark von allem erfährt, könnte es jedoch nicht selbst aussprechen, dann würde ich dieses unangenehme Gespräch natürlich für sie führen. Doch nicht so, nicht ohne ihr Einverständnis. Ihr Einverständnis wurde bereits in zu schwerem Ausmaß missachtet.

"Ich kann nicht", antwortete ich schließlich und sah ihm entgegen. Ich wusste nicht, was ich in seinen Augen sah. Verzweiflung, Angst, Enttäuschung,.. vermutlich von allem ein bisschen. Er wandte den Blick ab. Vermutlich wollte er mich mit dieser Taktik dazu bringen, ihm doch noch alles zu erzählen.

"Wissen Sie..", begann ich unsicher. Er war mein Idol, mein Vorbild, ich wollte, dass er mich schätzte und weiterhin so sehr integrierte. Doch für Taylor empfand ich etwas noch viel stärkeres. Etwas ganz anderes.

"Du kannst dir nicht vorstellen, was für große Sorgen ich mir mache", unterbrach er mich und ich sah ihm wieder entgegen.

"Doch, das kann ich sehr gut", antwortete ich schlagfertig. Denn ich hatte so viel mehr von ihrem Leid gesehen, als er es sich vorstellen konnte. Ich bin mit ihr da durch gegangen.

"Sie verliert die Kontrolle", murmelte er und ich wurde hellhörig. Einen Vorteil hatte er dennoch. Er wohnte mit ihr zusammen und sah, zumindest teilweise, was ich nicht sehen konnte, weil ich nicht da war.

"Was meinen Sie damit?", fragte ich.

"Die Sache mit ihrer Hand. Sie hat einfach einen Spiegel zerschlagen. Wo soll das denn noch hinführen? Ich kann doch nicht ihre Zimmertüre ausbauen und sie 24/7 überwachen", gab er verzweifelt von sich. Und in gewisser weise konnte ich ihn verstehen. Wie sollte er ihr vertrauen? Er schien nicht zu wissen, dass sie sich auch hinterher noch selbst verletzt hatte, das konnte ich spüren. Trotzdem war auch mir unwohl bei dem Gedanken, was sie tat, wenn sie alleine war.

War sie wirklich dabei die Kontrolle zu verlieren? Bis auf einzelne Momente schien sie mir eigentlich stabil. Ich wusste, die Geschehnisse machten ihr dauerhaft zu schaffen, doch sie kam mir nicht so vor, als würde sie den Verstand verlieren.

"Ich weiß.. ich weiß doch", murmelte ich verzweifelt und fuhr mir durch die Haare. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Doch eigentlich wusste ich es. Mein Verstand sagte mir, dass ich Taylor nur helfen konnte, wenn ihre Familie endlich davon erfuhr. Doch mein Herz sagte mir, dass sie so sehr von mir enttäuscht wäre, dass ich sie möglicherweise verlieren könnte. Und das ging nicht. Das konnte ich nicht riskieren.

"Mr.Stark.. es tut mir leid. Sie können sich immer auf mich verlassen, das schwöre ich. Aber in dieser einen Sache.. ", sagte ich und schüttelte den Kopf. Ich konnte sie nicht verraten. Ob es nun zu ihrem besten war oder nicht.

~Taylors Sicht~

Als das Nachsitzen vorbei war, hatte ich bereits all meine Hausaufgaben fertig. Ich wusste selbst nicht so recht, wie ich mich darauf konzentrieren konnte, obwohl ich gespürt hatte, wie er mich ständig anstarrte. Vielleicht waren die Hausaufgaben auch einfach eine gute Art mich davon abzulenken.

Das Klingeln ließ mich jedoch unruhig werden. Nachdem ich eine so  große Klappe hatte und Brendan mehr oder weniger selbstbewusst entgegen getreten war, musste ich nun irgendwie nach Hause kommen. Zuerst einmal durch die mittlerweile leere Schule. Keine Aufsicht mehr, die ihn von irgendwas abhalten könnte.

Okay, ganz ruhig bleiben. Nat hatte gesagt, dass Ruhe und Gefasstheit der erste Schritt der Selbstverteidigung war. Ich durfte nicht in Panik verfallen, dann würde ich mich selbst zu sehr vom Wesentlichen ablenken. Ich musste alles wahrnehmen können, um rechtzeitig und durchdacht zu handeln.

Ich packte mit gespielter Gelassenheit meine Tasche und verließ normalen Schrittes den Klassenraum. Mein Spind war meine erste Haltestelle, dann würde ich nach Hause laufen. Es würde alles gut gehen.

"Hey!", rief Brendan wütend hinter mir. Ich drehte mich nicht um, ging einfach weiter.

"Hey! Bleib gefälligst stehen, wenn ich mit dir rede!", zischte er und bekam meine verletzte Hand zu greifen. Schmerzhaft riss er mich in seine Richtung. Ich biss fest die Zähne zusammen, würde ihm ganz sicher keine Schwäche zeigen oder zugeben, dass er mir Angst machte. Behalte die Kontrolle. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen. Ich musste nur fokussiert bleiben, ich wusste doch, was zu tun war.

"Fass mich nicht an, habe ich gesagt!", zischte ich zurück und wandte einen von Nat's Tricks an, um ihm den Arm zu verdrehen und gegen die Spindwand zu drücken.

Woah okay das hatte besser geklappt, als ich es vermutet hatte. Nur keine Panik.

"Außerdem..", begann ich unsicher "will ich, dass du mich in Ruhe lässt und verschwindest! Verstanden?", zischte ich weiter, meine Stimme klang jedoch brüchig.

Er riss seine Hand los, drehte sich wieder in meine Richtung und hob seine zur Faust geballten rechten Hand an, um mir aus der Drehung einen Schlag ins Gesicht zu verpassen. Mein Kopf flog zur Seite und ich hielt mir die pochende Wange. Fuck! Der Schlag hatte gesessen. Für einen Moment wurde mir verdammt schwindelig und ich rechnete schon fest damit, gleich das Gleichgewicht zu verlieren und auf dem Boden zu landen.

+++
So langsam habe ich selbst  verstanden, dass meine Cuts schon fies sind. Was meint ihr, wie geht die Situation aus?

Ich hoffe es geht euch allen gut <3

Love you 3000, T.

Darkest Nights | Peter Parker FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt