~Kapitel 88~

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Als wir etwas später das Zimmer des Rektors wieder verlassen hatten, waren die Schulgänge leer. Das war vermutlich auch gut so. Und obwohl ich das hier wirklich durchziehen wollte, war mir gerade einfach nur danach, meinen Dad anzurufen und ihn zu bitten, mich abzuholen.

„Also wollt ihr das durchziehen und zur Polizei gehen?", wollte Betty unsicher wissen.

„Ich weiß nicht, meine Eltern wissen nichts davon und wenn ich jetzt zur Polizei gehe, dann kommt alles raus", sagte das dunkelhaarige Mädchen und für einen Moment sah ich mich selbst in ihr. Das war genau das, wovor ich mich die ganze Zeit in den letzten Monaten gefürchtet hatte.

„Ich weiß, wie das ist. Ich habe es auch geheim gehalten. Und am Ende bin ich von der Schule geflogen und im Krankenhaus gelandet. Ich weiß, dass es unglaublich schwer ist, aber es ist das richtige. Wir dürfen ihn nicht damit davonkommen lassen. Wir wissen, was es mit einem macht. Vielleicht können wir zumindest verhindern, dass es weitere Mädchen trifft", sagte ich und sie zuckte unsicher mit den Schultern.

„Ich weiß es nicht", murmelte sie und blinzelte einige Tränen weg.

„Ich bin auf jeden Fall dabei. Ich habe das wirklich lange genug akzeptiert, er muss endlich dafür büßen, was er getan hat. Ich kann auch das Reden übernehmen, es fällt mir nicht schwer darüber zu sprechen", schlug Betty vor und ich sah wieder zu dem anderen Mädchen, welches erneut mit den Schultern zuckte.

„Ich bin heute um 16 Uhr bei der Polizeistation in Midtown. Wenn du möchtest, treffen wir uns dort", schlug ich dem Mädchen vor. Sie biss sich unsicher auf die Lippe.

„Ich überlege es mir", murmelte sie, bevor sie sich wegdrehte und davonlief. Einen Moment sah ich ihr hinterher, dann wandte ich mich Betty zu.

„Wie fällt es dir so leicht darüber zu sprechen?", wollte ich wissen. Immerhin hatte ich es immer wieder versucht und nie einen Ton rausbekommen.

„Naja, ich habe es sofort danach meiner Mutter erzählt und meiner Therapeutin. Es konnte sich gar nicht erst die Angst aufbauen, darüber zu sprechen. Deshalb hatte ich auch eigentlich damit abgeschlossen und akzeptiert, dass es passiert ist. Aber das ist nicht okay, ich sollte nicht einfach so weitermachen. Und schon gar nicht zulassen, dass er so weitermacht", sie schüttelte den Kopf.

„Wow, das ist wirklich beeindruckend", gab ich zu, denn hätte ich von Anfang an so reagiert wie sie, wäre es vermutlich nie so weit gekommen, wie es letztlich kam. Betty zuckte mit den Schultern.

„Übrigens wollte ich dir noch sagen, dass es mir leidtut, wie Liz dich behandelt hat. Ich weiß, ich hätte dazwischengehen können und das habe ich nicht getan. Keine Ahnung, es war ziemlich scheiße von mir", sagte sie und ich nickte. 

Einerseits stimmte ich ihr zu, denn es war scheiße von ihr. Ich dachte, sie wäre meine Freundin und trotzdem hatte sie kein bisschen zu mir gehalten. Andererseits konnte ich verstehen, wie scheiße man sich verhielt, wenn man in Liz' Nähe war. Immerhin war ich früher nicht anders.

„Schon okay", antwortete ich, auch wenn es in mir vermutlich anders aussah.

„Ist es nicht", widersprach sie und lächelte unsicher. Nun zuckte ich mit den Schultern. Ich wusste nicht so recht, was ich darauf antworten sollte.

„Also sehen wir uns um 16 Uhr bei der Polizei?", wollte sie wissen und ich nickte. Das würde ich nun auch noch durchziehen. Ich war nicht umsonst so weit gekommen.

„Gut, dann bis später", sagte sie noch, bevor auch sie sich umdrehte und davon lief.

Überfordert schüttelte ich den Kopf und atmete tief durch, bevor ich in die andere Richtung lief. Ich war mir tatsächlich nicht ganz schlüssig, ob ich nicht einfach Dad anrufen solle, damit er mich abholte. Andererseits wollte ich ja unbedingt gleich wieder zur Schule. 

Außerdem war jetzt alles raus, richtig? Sie würden mich weiterhin anstarren, doch hoffentlich nicht mehr aus den falschen Gründen. Es war mir nicht einmal wichtig, dass mir jeder einzelne Schüler hier glaubte. Wenn ich zumindest einen Teil davon überzeugen konnte, dass es die Wahrheit war, sollte mir das reichen. Und selbst wenn mir niemand glaubte, hoffte ich trotzdem, dass die anderen Mädchen hier vorsichtiger sein würden, als ich es war.

„Alles in Ordnung?", ertönte Peters Stimme von der Seite. Ich wäre beinahe an ihm vorbeigelaufen, weil ich so in meine Gedanken vertieft war.

Mit einem Lächeln auf den Lippen und Tränen in den Augen öffnete ich meine Arme und schlang sie um ihn. Ich konnte nicht beschreiben, was ich fühlte und was in mir vorging. Doch Erleichterung war ein sehr großer Teil davon. 

Es tat mir weh, dass nicht nur ich diese grauenhafte Erfahrung machen musste, sondern auch andere Mädchen. Gleichzeitig fühlte es sich auf eine egoistische Art gut an, nichtmehr allein damit zu sein. Wenn jemand wusste, wie ich mich fühlte, dann die anderen Mädchen. Gleichzeitig spürte ich auch ein wenig Neid, weil Betty die Situation so viel besser geregelt hatte als ich. Es hätte so einfach sein können. Wobei einfach vermutlich das falsche Wort dafür ist.

„Ich weiß es nicht", antwortete ich ehrlich. Er sah mich neugierig an. Wieder schüttelte ich den Kopf, um meine Gedanken zu sammeln.

„Rektor Morita hat uns geglaubt", begann ich und nickte „er wird Brandon der Schule verweisen und hat uns geraten zur Polizei zu gehen. Betty und ich werden heute in Midtown zum Revier gehen und ihn anzeigen. Ich weiß nicht, ob das andere Mädchen auch kommt, sie hat es bisher niemandem erzählt", gab ich wieder, was sich die letzten Minuten abgespielt hatte. Peters Arme hielten mich fest an seine Brust gedrückt.

„Ich bin stolz auf dich", sagte er lediglich und ich lächelte friedlich. Genau das war er, was ich fühlte. Frieden. Inneren Frieden. Er war noch nicht völlig sicher in meinem Herzen, weil ich dazu wissen müsste, dass Brandon so etwas nie wieder jemandem antun würde, doch bis dahin würde es sich erträglich anfühlen in meiner Seele.

„Wieso bist du nicht im Unterricht?", wollte ich irgendwann wissen. Bis dahin hatte er mich einfach nur im Arm gehalten und ich wollte mich sicher nicht darüber beschweren.

„Wie sollte ich mich konzentrieren, ohne zu wissen, wie es dir geht?", entgegnete er und ich löste mich aus seiner Umarmung, um ihm in die Augen zu sehen. Ich legte den Kopf schräg und lächelte ihn verliebt an.

„Wie hab ich dich verdient, Peter Parker?", fragte ich flüsternd. Nun lächelte er.

„Ich weiß, ich bin schon ziemlich perfekt", sagte er nickend und mit gespielt arrogantem Unterton, was mein Lächeln noch breiter werden ließ.

„Ziemlich", antwortete ich. 

Meine rechte Hand legte sich auf seine Wange und strich sanft über seine Haut. Ich könnte in Tränen ausbrechen, allein weil er so perfekt war. Ich musterte jeden Zentimeter seines Gesichts, bevor ich mich vorlehnte, leicht auf die Zehenspitzen ging und ihn sanft küsste. Seine Hand legte sich an meine Taille und zog mich weiter zu sich. Ich lächelte in den Kuss.

„Oh mein Gott, ekelhaft! Das wollt ihr doch jetzt wohl nicht ständig tun, oder?", gab MJ angeekelt von sich, weshalb wir erschrocken auseinanderfuhren und sie überfordert anstarrten.

+++
Ich traue mich wirklich gar nicht, das schon anzukündigen, aber die Geschichte von Taylor und Peter wird nur noch ein paar wenige Kapitel haben :( Was wünscht ihr euch für die beiden?

Und ja, ich habe es geschafft, endlich wieder Freitag hochzuladen. Aber die nächste Zeit werden häufiger Kapitel kommen, weil ich tatsächlich dieses Jahr noch fertig werden möchte und deshalb kommen wahrscheinlich bis Ende des Jahres 2 Kapitel pro Woche :)

Love you 3000, T.


Darkest Nights | Peter Parker FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt