Die Zeit im Krankenhaus verging nur sehr schleppend. Ich hätte nicht gedacht, dass mein Körper so lange dafür brauchte, sich zu regenerieren.
Doch scheinbar, was mir zunächst niemand erzählen wollte, sah es anfangs gar nicht gut um mich aus. Sie wollten mir am Anfang nicht sagen, dass ich sehr viel Blut verloren hatte und all das beinahe nicht überlebt hatte. Dafür fühlte ich mich wohl doch ganz gut.
Der vermutlich schlimmste Moment für mich war, als die Ärzte die Verbände abgemacht hatten. Wenn Sie sie gewechselt hatten, sah ich immer weg. Ich wollte es einfach nicht sehen.
Doch als ich sie letztlich nicht mehr tragen musste und nun doch damit konfrontiert war, was ich meinem Körper angetan hatte wurde mir zunächst übel und dann begann ich schlichtweg zu weinen. Diese Narben würde ich nie wieder loswerden. Und sie würden mich für den Rest meines Lebens an all das erinnern.
Nicht nur an das, was ich mir und den Menschen in meinem Umfeld angetan hatte, sondern auch an den Auslöser für das hier. An das, was in der Nacht passiert war, an die Tortur, die darauf folgte, die Lügen, den Schmerz und einfach alles.
Ich hatte kein Problem mit Narben. Dad hatte Narben. Peter hatte Narben. Doch diese entstanden in Momenten der Stärke, als sie sich selbst in den Hintergrund stellten, um anderen das Leben zu retten. Es waren Narben, die man bewundern konnte. Sie erzählten großartige Heldengeschichten. Ich konnte nicht einmal mein eigenes Leben beschützen.
Was mich letztlich wieder beruhigt hatte, war Peter, der meine Arme in seine nahm, die Wunden mit einer erschreckenden Genauigkeit inspizierte und mich schließlich sanft anlächelte, bevor er mir jeweils einen Kuss auf den Handrücken hauchte. Ich schätzte das war seine Art mir zu zeigen, dass er mich nun nicht aufgrund der Narben abstoßend fand.
Auch allgemein verließ er meine Seite nur gegen großen Widerstand. Ich sagte ihm immer wieder, dass er das nicht tun musste. Er sollte zur Schule gehen und ausreichend Schlaf abbekommen, seine Freunde treffen und nicht für 18 Stunden täglich neben mir sitzen.
Immerhin konnte Dad so reinen Gewissens zumindest hin und wieder nach Hause gehen, um sich auszuruhen. Ich erwartete all das nicht, ich hatte auch kein Problem mit Krankenhäusern oder ähnliches. Es wäre völlig in Ordnung für mich, würden sie mich einmal am Tag kurz besuchen und sich danach wieder auf den Alltag konzentrieren. Doch das konnte ich genauso gut der Wand mir gegenüber erzählen.
„Und was haben Sie in dem Moment gedacht, Ms. Stark?", wollte die blonde Psychologin mir gegenüber wissen.
Vor einigen Tagen bereits hatte ich meine erste Therapie Sitzung hier im Krankenhaus. Ich würde sie weiter besuchen, sobald ich zuhause war. Mindestens einmal in der Woche. Das war der Deal, den ich raushandeln konnte, um nicht für einige Zeit stationär in eine psychologische Einrichtung zu müssen.
Ich wollte mittlerweile so dringend zurück in meinen Alltag, um alles offene zu regeln, dass ich es absolut nicht ertragen würde, nun noch länger in einer Parallelwelt zu leben, in der ich komplett von der Außenwelt abgeschottet war.
Und obwohl das nach allem was passiert war schwer zu glauben war, wusste ich gerade selbst am besten, was ich brauchte, um wieder auf die Beine zu kommen. Und das war mein Alltag.
„Ich habe gar nicht gedacht", antwortete ich ehrlich „Ich kann mich erinnern, es fühlt sich nicht wie ein Filmriss oder sowas an. Aber trotzdem ist es so, als hätte ich meinem Körper nur dabei zugesehen, wie er sich das hier selbst angetan hatte", erzählte ich und hob meine verletzten Arme in ihre Richtung.
„Ich kann Ihnen nicht mal sagen, was mein letzter Gedanke war", fuhr ich fort „ich wollte, dass all das aufhört. Ich konnte nicht mehr mit all den Schmerzen umgehen. Es hat so unglaublich in meiner Brust wehgetan. Als würde irgendetwas schweres auf meinem Brustkorb sitzen. Nur dieser unerträgliche Schmerz. Als stände ich in Flammen. Ich wollte nur die Stille. Ich wollte überhaupt nicht sterben, ich wollte in diesem Moment nur einfach nicht mehr leben.. wenn das Sinn ergibt".
Dr. Wellington notierte etwas auf ihrem Block und lächelte mich dann sanft an.
„Es gibt sogar viel Sinn. Da ist ein großer Unterschied zwischen einem Todeswunsch und dem Wunsch, nicht mehr zu leben. Zu sterben bedeutet die Existenz aufzugeben, nicht mehr zu leben bedeutet, sich mit nichts mehr befassen zu müssen, nichts zu spüren, nicht zu denken, die absolute Stille. Ich höre das sehr oft", antwortete sie und ich sah sie verblüfft an.
„Tatsächlich?", wollte ich wissen und sie nickte.
„Tatsächlich. Die wenigsten Personen möchten sterben, weil der Tod so attraktiv ist. Sondern weil das Leben zu anstrengend ist. Hättest du in diesem Moment eine Fernbedienung gehabt, die es dir ermöglicht hätte, auf Pause zu drücken, denkst du, du hättest trotzdem versucht, dir das Leben zu nehmen?", wollte sie wissen und ich dachte einen Moment lang nach.
„Die Gedanken und Schmerzen hätten aufgehört?", wollte ich wissen. Dr. Wellington nickte. „Dann hätte ich vermutlich nur auf Pause gedrückt. Es war einfach zu viel. Ich war mit meiner Kraft am Ende und habe es nicht mehr ausgehalten", erklärte ich.
„Du hast eine Auszeit gebraucht und das so dringend, dass du dafür sogar den Tod in Kauf genommen hättest. Genau aus diesem Grund halte ich es nach wie vor eigentlich für eine gute Idee, dich für ein paar Wochen in einer Klinik unterzubringen", sagte sie und ich verzog das Gesicht. Sie brachte das immer wieder auf.
„Ich weiß aber das geht nicht. Ich möchte wirklich zurück in mein normales Leben. Meine Eltern wissen mittlerweile, was passiert ist und ich habe Peter an meiner Seite. Zurück in die Schule zu gehen wird mit Sicherheit erstmal eine Katastrophe aber je länger ich es hinauszögere, desto schlimmer wird es, also möchte ich es lieber so früh wie möglich durchziehen", antwortete ich.
„Dein Vater hat vorgeschlagen, dass du die Schule wechseln könntest, wieso kommt das nicht in Frage?", wollte sie wissen.
„Ich bin es leid mich zu verstecken. Oder davon zu laufen. Das Recht darf dem Unrecht nicht weichen. Ich bin nicht Schuld an all dem was passiert ist, ich sehe es nicht ein, dass ich die Schule verlasse, während sie problemlos dort ihr Leben weiterführen. Ich werde zurückkehren und ich werde die Wahrheit erzählen. Jeder wird wissen, was sie für Unmenschen sind. Sie werden dafür büßen. Dafür sorge ich".
++++
Was haltet ihr davon, dass Taylor auf ihrer Schule bleiben möchte? Und wird sie wirklich allen erzählen, was passiert ist? Denkt ihr, das ist die richtige Entscheidung?Auch hier nochmal eine kurze Entschuldigung. Ich versuche ja immer freitags ein Kapitel hochzuladen, letzte Woche hat das aus verschiedenen Gründen leider nicht geklappt :)
Love you 3000, T.
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Darkest Nights | Peter Parker FF
FanfictionIch dachte ich sei nur eine Nebenrolle im Leben anderer. Ich dachte niemand würde mich wahrnehmen. Dabei brauchte es nur eine verhängnisvolle Party und nichts war mehr, wie es sein sollte. Plötzlich spielte ich die Hauptrolle. Eine Rolle, mit der...