~Kapitel 94~

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Peters Sicht

„Taylor, bleib stehen!", rief ich panisch und rannte ihr hinterher.

„Taylor!", hörte ich auch Tony hinter uns rufen. Er blieb jedoch stehen, vermutlich wusste er, dass es besser war, wenn ich ihr jetzt folgte.

Ich legte nochmal etwas an Geschwindigkeit nach, sodass ich sie kurze Zeit später eingeholt hatte. Meine Hand bekam ihre zu greifen und hielt sie davon ab, noch weiter zu rennen. Im Moment wusste ich nicht, wozu sie im Stande war. Ich würde sie nicht allein lassen können.

„Sieh mich an, bitte renn nicht weg", bat ich und griff nach ihren Wangen, damit sie mich ansehen musste. 

Ihre Augen waren rot unterlaufen und starrten mich leer an. Ich wusste, dass dieser Tag schwer, geradezu heftig für sie werden würde aber dass er so endete, damit hatte nicht einmal ich gerechnet. Tränen flossen aus ihren Augen, sie verzog jedoch keine Miene. Sie strahlte eine Kälte aus, die ich zuvor nicht von ihr kannte.

„Ich weiß, das ist nicht so gelaufen, wie wir es uns vorgestellt haben, aber..", begann ich, wurde jedoch von einem ironischen Lachen unterbrochen.

„6 Jahre, Peter", krächzte sie monoton. Ich nickte und wich ihrem Blick für einen Moment aus. 

Das war mit Sicherheit nicht das, was ich mir gewünscht hatte. Ich wusste, dass sie ihn nicht für immer einsperren würden aber ich hatte trotzdem gehofft, dass wir ihn für eine sehr lange Zeit nicht sehen müssten.

6 Jahre hingegen waren rein gar nichts. Nicht einmal die kleinste Genugtuung für das, was er den Mädchen angetan hatte. Von seinen zwei Handlangern wollte ich nicht einmal anfangen. Eine reine Bewährungsstrafe dafür, dass sie Brandon geholfen hatten, solche Dinge zu tun widersprach meinem Gerechtigkeitssinn. Insbesondere weil sie immer wieder dieselbe Masche abzogen. Sie planten all das und wussten genau, was sie da taten. Ein paar Tränen im Gerichtssaal und die Behauptung sie waren zu betrunken, um zu wissen, was sie da taten, hatten gereicht, um den Richter zu überzeugen.

Brandon hingegen hatte irgendwann zugegeben, dass er es getan hatte. Seine Aussagen widersprachen sich, die der Mädchen nicht. Seine Eltern taten mir beinahe leid. Seine Mutter hatte die Verhandlung mittendrin weinend verlassen. Vielleicht wussten sie nicht, was ihr Sohn für ein Mensch war, doch das interessierte mich auch gar nicht. Alles, was mich interessierte, stand vor mir und drohte zusammenzubrechen.

„Er wird 6 beschissene Jahre im Knast verbringen und dann? Wie alt ist er? 18? 19? Bis er rauskommt, hat er sein komplettes Leben noch vor sich! Er wird genug Zeit haben, mich zu finden und dafür zahlen zu lassen, dass ich ihn ins Gefängnis gebracht hatte!", zischte sie wütend. Ich wusste, dass diese Wut nicht mir galt. Trotzdem schmerzte mein Herz, weil ich genau wusste, wie sich diese Wut anfühlte. Mit der Ungerechtigkeit klarzukommen war eine beinahe unmögliche Aufgabe.

„Ich weiß, das ist beschissen unfair", begann ich verständnisvoll und lies ihre Wangen los, um ihre Hände zu ergreifen.

„Ich kann es selbst nicht verstehen. Aber ich weiß, dass dir rein gar nichts passieren kann, wenn er wieder rauskommt. Erstens darf er sich nichts erlauben, sonst sitzt er sofort wieder. Und zweitens bist du nicht allein. Du weißt, ich würde dich mit meinem Leben beschützen", sagte ich und meine Worte schienen Taylor endlich aus ihrer Schockstarre fallen. Sie blinzelte ein paar Mal, bevor sie aufschluchzte und ihren Kopf gegen meine Brust lehnte. Ich zog sie fest an meinen Körper.

„Es ist so unfair! Ich kann es nicht glauben!", weinte sie in mein Shirt. Ich nickte. Das war es wohl. Verdammt unfair. 

Die Begründung des Richters war, dass auf Brandon noch das Jugendstrafrecht Anwendung finden müsse. Er wäre ja mit Sicherheit noch in eine richtige Richtung zu lenken. 6 Jahre wären eine lange Zeit, um sich bewusst zu machen, dass er Fehler gemacht hatte. 

Darkest Nights | Peter Parker FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt