Pretty shy Girl ✔️

68. Beste Freundin der Welt

Alenia

Am Samstag gegen halb zwei ruft mich Claire an. Ich nehme den Anruf an. "Hey." "Hallo. Ich wollte dich fragen, ob du mit zu Bryan willst?" "Wann denn?" "Jetzt." "Gerne. Treffen wir uns vor dem Gefängnis?" "Ja. Bis gleich." Das Telefonat endet. Ich ziehe mir meine neuen Sandalen an und beschließe, das Kleid für Claire in einer Tüte mit zu nehmen. Ich selbst trage eine hellblaue Hotpants und ein weißes, lockeres Oberteil. "Mama! Ich treffe mich mit Claire." rufe ich. "Viel Spaß!" ruft sie zurück. "Danke!"

Ich mache mich auf den Weg zum Gefängnis. Ich habe einen etwas kürzeren Weg als Claire, weswegen ich mich nicht stresse. Am Gefängnis angekommen, warte ich zwei Minuten, bis Claire auch eintrifft. Sie trägt eine weiße Jeans mit Löchern an den Knien, ein graues T-shirt mit weißer Schrift, dessen Ende zu einem Knoten zusammen gebunden ist, sodass man ein wenig ihren Bauch sehen kann und dazu passend graue Sneakers mit weißer Sohle.

"Hey." Wir umarmen uns. "Hier. Für dich." Ich halte ihr die Tüte hin. Sie sieht mich verwirrt an, ehe sie einen Blick in die Tüte wirft. Kurz sieht sie sich um, ob jemand in der Nähe ist, was nicht der Fall ist. Dann zieht sie das weiße Kleid aus dem Sack. Ihre Augen weiten sich.

"Wieso?" fragt sie geschockt. "Einfach weil du eine so tolle Person und die beste Freundin der Welt bist." Sie legt das Kleid zurück und umarmt mich. "Danke. Es ist wirklich wunderschön." flüstert sie. "Es freut mich, dass es dir gefällt."

Wir gehen ins Gebäude. Claire muss verständlicherweise die Tüte abgeben. Dann dürfen wir in den Besucherraum. Wenig später kommt Bryan herein. Claire steht auf und umarmt ihren Bruder. "Hey Kleines. Wie geht es dir?" fragt er sie. "Sehr gut, danke. Und dir? Alles ok?" "Na sicher." Bryan und ich umarmen uns. "Hey. Wie geht es dir?" fragt er. "Gut, gut. Danke." Wir setzen uns.

"Habt ihr das mit Zayn klären können?" fragt er. Ich sehe zu Claire, die nickt. "Alles wieder gut." "Wenn wir schon beim Thema Zayn sind. Warum ist er eigentlich bei dir zu Hause aufgetaucht?" frage ich misstrauisch. "Er wollte eigentlich etwas in Englisch machen." antwortet Claire. "Verstehe." "Weißt du schon, wann genau du raus kommst?" fragt Claire Bryan. Dieser schüttelt verneinend den Kopf. "Ich kann dir nur so viel sagen, dass es wahrscheinlich erst nach den Sommerferien soweit sein wird."

Wir reden noch über dies und das, bis die Besuchszeit wieder mal um ist. Wir verlassen den Raum, holen das Kleid von Claire und gehen aus dem Gefängnis. Claire seufzt. "Der Abschied fällt mir immer so schwer." murmelt sie.

Ich lege einen Arm um ihre Schulter und drücke sie sanft gegen mich, während wir uns vom Gebäude entfernen. "Wollen wir noch etwas zusammen machen?" frage ich. "Wie spät ist es?" fragt sie. "Kurz nach drei." "Wir können Eis essen gehen." schlägt Claire vor. "Das ist eine sehr gute Idee."

Zusammen gehen wir in die Stadt, zu unserer Lieblingseisdiele. Claire nimmt Cookie und ich Vanille. Anschließend spazieren wir zu dem See, der sich am Rande der Stadt befindet. Dort setzen wir uns an diesen, auf einen Steg.

"Was willst du in der Zukunft machen?" frage ich Claire. "Aufs berufliche bezogen?" "Ja." "Ich weiß nicht. Irgendwas in Richtung Sozial. Vielleicht Therapeutin. Aber eine Arbeit mit Tieren würde mich auch interessieren. Im Zoo oder Tierheim. Und du?" "Ich will am liebsten irgendwas mit tanzen machen, aber das geht nicht." "Na sicher geht das. Du musst nur auf eine Tanzschule und dann wird es schon laufen." "Weißt du, ich würde gerne auf eine Tanzschule, aber ich habe Angst, dass ich eine falsche Vorstellung von so einer Schule habe." "Finde es doch einfach heraus. In einer Woche schließt du die zehnte Klasse ab. Du kannst dich von der jetzigen Schule abmelden und zur Tanzschule wechseln." "Aber dann bin ich dort in der ersten Klasse und ich will dich nicht alleine lassen." "Also ernstes bist du sicher nicht die einzige, die auf diese Schule wechselt und in deinem Alter ist und zweitens stimmt das doch gar nicht. Du lässt mich nicht alleine. Ich habe ja noch immer Milo, Shan, Arian und Zayn."

Ich denke über ihre Worte nach. "Außerdem ist die Tanzschule nicht weit weg von unserer jetzigen Schule. Vielleicht eine viertel Stunde zu Fuß. In der großen Pause könnten wir uns also immer treffen." sagt Claire noch. Ich seufze. "Du hast recht. Ich denke, ich werde mich bei der Tanzschule anmelden, aber ich überlege es mir noch." Claire lächelt mich an. "Du wirst schon deinen Weg finden." meint sie. "Ich denke auch." Claire will etwas sagen, doch wird sie durch das Klingeln von ihrem Handy unterbrochen.

Sie holt es aus ihrer Hosentasche und sieht auf den Bildschirm. "Bin gleich wieder da." murmelt sie und entfernt sich einige Schritte von mir, ehe sie den Anruf annimmt. Wieso geht sie weg? Das macht sie eigentlich nicht. Ich beobachte sie. Claire geht am Steg hin und her. Auf ihren Lippen breitet sich ein Lächeln aus. Ein wirklich glückliches Lächeln. Sie redet noch einige Sekunden, dann entfernt sie ihr Handy vom Ohr und kommt zu mir zurück. Ich würde sie gerne fragen, wer das war, doch mache es nicht. Es wird schon seine Gründe haben, warum sie weg gegangen ist. Sie setzt sich wieder neben mich, doch ihre Ausstrahlung hat sich verändert. Sie wirkt glücklich oder eher vorfreudig.

Wir stehen auf und spazieren noch ein wenig neben dem See entlang, bis Claire mit ihrem Handy die Uhrzeit nachschaut. Viertel fünf ist es. "Ich werde langsam nach Hause gehen." Sie lächelt mich an. "Ich begleite dich noch ein Stück. Ist ja der selbe Weg." Claire nimmt dies lächelnd an.

Nachdem sich unsere Wege trennen, verabschieden wir uns voneinander und ich gehe nach Hause. "Bin wieder da!" rufe ich. Meine Mutter kommt aus dem Wohnzimmer und lächelt mich an, um mich anschließend in den Arm zu nehmen. Ich erwidere die Umarmung. "Hattest du einen schönen Tag?" fragt sie. "Ja." Meine Mutter geht zurück ins Wohnzimmer und ich hoch in mein Zimmer.