𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 65

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Çan zog an seiner Kippe, die er vor der Türe der Kopplins mit Katja neben sich fast schon in einem überschnellen Tempo inhalierte.

»Ich weiß nicht, ob das wieder ... wird.« , meinte er zu der Blondine.

»Doch. Optimistisch bleiben.«

Er sah sie vielsagend an. »Bist du das wirklich?«

»Nein. Aber ich versuch's.«

»Sie klammert sich regelrecht an diesem ...«

»Ich weiß. Aber ... Dag hat damals auch etwas über ihren Kopf hinweg entschieden, als er die Wand bemalt hat. Danach ...«

»Nein. Ich glaube nicht, dass sie ihm das je verziehen hat. Ich war zwar da nicht ... anwesend, aber ... ohne Grund haben beide sich nicht so ...«

»Das mit der Wand war ... hart, aber musste früher oder später geschehen.« , sagte Katja. »Du hast Isabelle zu dem Zeitpunkt tatsächlich nicht gesehen, aber ihr Leben hatte sich nur in diesem Zimmer abgespielt. Manchmal ... muss ein Cut schnell geschehen.«

Çan schüttelte seinen Kopf. »Nein. Ich seh' das anders. Trauerbewältigung läuft bei jedem anders ab. Manche benötigen etwas, an dem sie festhalten können. Das was Nia getan hat, ...«

»... war der Hilfeschrei eines Kindes.« , setzte sie seinen Satz fort. »Ich kenne sie, seit sie geboren ist. Sie war immer der Goldschatz der beiden. Sie war der Mittelpunkt und ... wurde zur Nebensache.«

»Entschuldigt dennoch nicht ihr impulsives ...«

»Welches sie von ihrer Mutter hat. Isabelle sollte selber wissen, wie es ist zu handeln und dann erst zu denken. Sie hat Nia geschlagen. Es war nur ein Schlag, andererseits ... zu viel für dieses Kind, das sonst auf Samthänden getragen wurde. Auch ihre Worte. Sie hat sie verletzt.«

»Dag hat bereits mehrmals angerufen. Isabelle will aber nicht mit ihm reden.«

»Und genau das ist ihr weiterer Fehler. Sie sollte Hilfe annehmen. Besonders seine. Aber das hat sie damals schon nicht getan.«

»Du kannst sie aber auch nicht dazu zwingen. Sie muss das selbst ...«

»Isabelle ist gar nicht in der Lage selber zu entscheiden. Sie hat sich damals in die Arbeit geflüchtet, und ...«

»Mir hat das damals auch geholfen Katja. Nicht jeder Mensch, benötigt einen anderen Menschen, um ... zu heilen. Manche benötigen ... ein Hobby. In dem Fall ... ihre Arbeit.«

So hatte die Blondine es noch gar nicht im Ganzen gesehen. Çan hatte diesbezüglich irgendwie Recht. Während Dag in seiner Trauer jemanden benötigt hatte ... einen Menschen, war es für Isabelle schlichtweg nicht nötig gewesen. Sie hatte zwar lange gebraucht, aber sie hatte sich auf ihre Art und Weise zurückgeholt ... ohne ... Dag.

Sie musste an ihre Flucht denken. Als sie hochschwanger bei ihr gelandet war, nachdem sie abgehauen war, als Dag mit dieser ... Nicole im Bett gelegen hatte.

Der Lockenkopf war eigentlich mehr oder weniger derjenige, der in ein seelisches Tief gefallen war. Für Isabelle war es schlimm ... keine Frage. Aber ... hatte sie nicht auch bewiesen, dass sie ... ohne ihn zurechtkam?

»Nia geht es nicht gut.« , sprach sie, denn irgendwie hatte sie ja eine Antwort für das andere zwischen den Zeilen gefunden.

»Das verstehe ich natürlich.« , sagte Çan. »Wieso hast du sie nicht mitgebracht?«

Katja schüttelte den Kopf. »Sie will bei mir bleiben.«

»Sie sollte sich aber entschuldigen, und ...«

»Isabelle genauso. Aber ich glaube, das schaffen beide jetzt noch nicht.« Sie sah zur Türe. »Ich sollte jetzt reingehen.«

»Ja mach das. Wenn ich wieder herkommen soll, sag' mir Bescheid.«

»Aber bitte ohne Ramona. Ihre Sicht ...«

»Wir sind getrennt.«

»Oh. Das ...«

»Das muss dir nicht leidtun, Katja. Sie war nicht die Richtige für mich. Und ich nicht der Richtige für sie.« Er lächelte sie nochmal an und verabschiedete sich, eh die Blondine die Türe aufschloss und in das Haus trat.

Von ihm wusste sie, dass ihre beste Freundin sich im Wohnzimmer aufhielt, weshalb sie auch ohne Umwege diesen Raum betrat.

Isabelle lag auf der Couch. Die Stoffreste in ihren Händen.

»Hey Süße.« , sprach sie. »Çan ist jetzt nach Hause gefahr'n.« Sie reagierte nicht. Katja setzte sich neben sie. »Nia ... geht es ... momentan gut.« , begann sie, ohne ... mehr über die Psyche des Kindes preiszugeben.

Nun blickte Isabelle sie an. »Ich hab' sie geschlagen.« , kam fast flüsternd aus ihr heraus.

»Dein innerer Druck war in dem Moment ...« Sie suchte nach den richtigen Worten. »Das wird wieder.« , beendete sie ihren Satz.

Isabelle schüttelte den Kopf. »Meine ganze Familie ist kaputt. Ich ... ich bin kaputt.«

»Die Therapie wird helfen. Egal, was das Ergebnis sein wird, aber ...«

»Ich weiß nicht, was ich tun soll.«

Katja kraulte Isabelles Kopf. »All das, was sich richtig anfühlt. Das, wo du weißt, dass es falsch ist ... es sich falsch anfühlt ... lass sein.«

»Ich hab' sie nicht gehört.« Ihre Stimme blieb leise. »Nicht ein einziges Mal. Ich bin die schlimmste Mutter, die es gibt.«

»Das bist du nicht. Du bist nur ... jeder macht mal Fehler. Es ist keineswegs zu spät ... an allem zu arbeiten Isabelle.«

Sie nickte kaum ersichtlich. »Ich muss dran arbeiten.« , gab sie monoton von sich.

Katja lächelte ein wenig. Es war zumindest ein Anfang. Ihre Freundin hatte eingesehen, dass sie übertrieben gehandelt hatte. Wenn man jetzt Nia helfen würde, könnte sich alles ... bessern. »Das schafft ihr.« , sprach sie ihr Mut zu.

»Ich muss auch an meiner Ehe arbeiten.«

»Du ... was?«

»Ich muss das wieder ... hinbekommen. Nia braucht uns beide.«

»Ja ... das stimmt schon. Aber ...«

»Ich schaffe das. Ich muss über alles hinwegsehen.« Sie setzte sich auf.

Verdrängen fand Katja keineswegs richtig und auch nicht, das sie sich einredete, ihre Beziehung ihrer Tochter zuliebe hinzubekommen. So etwas sollte man nicht vom Kind her abhängig machen ... sondern von den Gefühlen, die man für die andere Person hegte.

Aber damit wollte sie sich erst später beschäftigen.

Das hier ... war ein guter Anfang. Sie nahm ihr behutsam die Stoffteile aus den Händen. »Vertraust du mir?« Isabelle sah sie einfach nur an und nickte schließlich. »Gut. Ich werde die mitnehmen. Du wirst sie wiederbekommen. Das verspreche ich dir.«

Ich brauch dir nicht zu erklären wie schön das wär' so für immer BAND 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt