1. Kapitel

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|Tarja| "Ich kann es gar nicht abwarten, dass du ihn endlich kennenlernst!", quietschte meine beste Freundin Vivi freudestrahlend. "Er ist so unglaublich charmant, witzig, sexy...ach er ist einfach perfekt!", schwärmte sie und ihre blauen Augen leuchteten auf. Es ging um ihren neuen Freund - und ich sollte ihn heute kennenlernen.

Seit etwa einem Monat kannten die beiden sich. Sie hatten sich bei einem Fotoshooting kennengelernt, denn Vivi war Make-up Artistin und Model. Kein Wunder bei diesem Körper, den langen perfekten blonden Haaren und überhaupt ihrer unglaublichen Ausstrahlung.

"Aah da ist er ja schon...", quiekte sie plötzlich. Direkt vor dem Starbucks, in dem wir uns mit Vivis neuer Eroberung treffen wollten, stand ein großer, blonder Mann. Er trug Jeans, dazu ein lockeres T-Shirt und eine Sonnenbrille, die sein halbes Gesicht einnahm. Seine Hände hatte er lässig in den Hosentaschen vergraben. Als er Vivi erblickte, verzogen sich seine schmalen Lippen zu einem Grinsen. Hmm joa...also im Punkto 'sexy', behielt Vivi definitiv Recht...

Sie fiel ihm um den Hals und in einer lockeren Bewegung zog er sie an der Hüfte zu sich heran. Die beiden küssten sich leidenschaftlich, als hätten sie sich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Okay, das stimmte sogar, er war nämlich angeblich viel unterwegs... Defintiv ein Punkt, weshalb er für mich überhaupt nichts wäre, aber da Vivi und ich eh grundverschieden waren, mischte ich mich da nicht ein. 'Gönn es ihr doch einfach', wies ich mich innerlich zurecht. Konnte sie schließlich nichts zu, dass meine letzte Beziehung mir die Lust auf das männliche Geschlecht dezent verdorbene hatte...

"Darf ich vorstellen, das ist Samu! Samu, das ist meine beste Freundin Tarja.", erklärt Vivi stolz. Lässig setzte er seine Sonnenbrille ab und fuhr sich durch die blonden Haare. "Hey.", murmelte ich und er nickte mir knapp zu. Seine stahlblauen Augen musterte mich...irgendetwas lag in ihnen...Abschätzigkeit? Arroganz? Na ja es war nichts Neues, dass Vivi sich einen Macho angelte... Da Beziehungen bei ihr aber eh nie sonderlich lange hielten, unterdrückt ich diesen Gedanken und ignorierte seine Unhöflichkeit. Wenn er wirklich so viel beruflich unterwegs war, wäre er vielleicht noch schneller Geschichte, als es Vivis Liebschaften ohnehin waren.

Wir betraten das Café und ich beschloss, Vivi zuliebe, ein nettes Lächeln aufzusetzen. So glücklich wie sie schien, wollte ich es ihr nicht vermiesen. Samu zog derweil einen Stuhl zurück, auf dem Vivi Platz nahm. 'Was ein Schleimer!', dachte ich im Stillen und kurzzeitig musste mein Pokerface einem genervten Augenrollen weichen. Sein Blick traf auf meinen. Mist, ihm schien nicht entgangen zu sein, wie ich auf seine Geste reagiert hatte. Egal, so wie er mich ansah, schien er mich eh nicht abzukönnen. Ich erinnert mich wieder an die Absehbarkeit seiner Existenz in Vivis und somit auch in meinem Leben...

Vivi hingegen konnte kaum ihre Augen von ihm lassen. Gut, aber wenn der Charakter scheiße war, konnte selbst das Aussehen nichts mehr reißen!

"Wie läufts mit der Band?", fragte Vivi an Samu gerichtet. "Band?", hakte ich nach und Samu sah mich an. "Du kennst uns nicht?", fragte er zynisch. Ich zog kritisch die Augenbrauen zusammen. "Muss ich?" Okay, jetzt mochte er mich noch weniger. Schande über mich, dass ich seine 'ach so tolle Band' nicht kannte... Unfassbar wie ein Blick allein, diesen eigentlich schönen klaren blauen Augen, Hässlichkeit einhauchen konnte.

"Er ist der Sänger von Sunrise Avenue.", erklärte Vivi. "Ah...", brummelte ich spöttisch. Samus Blick triefte nur so vor Arroganz. Wie hoch trug der Typ seine Nase eigentlich? Keine Ahnung wer das sein sollte, aber um ehrlich zu sein, war es mir auch scheißegal, denn nach diesem Gesichtsausdruck, wäre Samu noch schneller einer von vielen Liebelein, als er gucken konnte. UND wenn ich nachhelfen musste... So etwas eingebildetes, war mir wirklich noch nie untergekommen!

                                ***

"Und? Wie findest du ihn?", hakte Vivi auf dem Weg zurück in unsere WG neugierig nach. "Er ist hinreißend, richtig?" Ich schluckte. Sah sie es denn wirklich nicht? Merkt sie nicht, was für ein arroganter Mistkerl dieser Samu war? Okay klar, zu ihr war er die ganze Zeit nett und liebevoll gewesen, aber diese oberflächlichen Blicke und Kommentare in meine Richtung, konnten ihr doch nicht entgangen sein, oder?!

"Ich glaube er kann mich nicht leiden...", murmelte ich, anstatt meinen Ekel über diesen Typen kundzutun. "Wie kommst du denn darauf?", fragte Vivi entsetzt, als sie unsere Wohnungstür aufschloss. Ja genau, WIE kam ich da nur drauf?? Ich zuckte bloß mit den Schultern. "Also da hat er mir aber was anderes gesagt. Er fande dich total nett und interessant." Ich verdrehte die Augen, während ich mir meine Lederjacke von den Armen streifte. Aha, 'nett' ist ja bekanntermaßen die kleine Schwester von scheiße und 'interessant' war eindeutig vorgeheuchelte Beachtung, die definitiv nicht vorhanden war. Na ja gut, was sollte er seiner neuen Freundin auch sagen? Hey Schatz, deine beste Freundin ist ne blöde Kuh? Wäre definitiv nicht das beste Gespräch, für den Anfang einer Beziehung...

Aber Vivi wäre nicht Vivi gewesen, wenn sie nicht sofort erkannt hätte, wie skeptisch ich Samus Aussage gegenüber stand. "Hör auf immer so negativ und kritisch, über die Meinung anderer, im Bezug auf dich, zu denken, Tarja!", tadelte sie mich. "Na ja wir werden sehen...", entgegnete ich nur und ging in mein Zimmer. Vivi folgte mir sofort. "Das ist wirklich dein einziges Manko... manchmal ist es selbst für mich, als deine beste Freundin schwer, dir vor Augen zu halten, was für ein toller Mensch du bist..." Oh nein! Bloß nicht die Leier!

Es war ja nicht so, dass ich nicht wusste, dass mein Selbstbewusstsein quasi gegen Null lief, es mir nun mal verdammt schwer fiel, anderen Menschen zu vertrauen und vor allem, dass ich keine große Freundin von einer optimistischen Denkweise war. Aber all das konnte sie mir im Bezug auf Samu, nun wirklich nicht anhängen. Der Typ verhielt sich definitiv unausstehlich und das empfand ich nicht nur so, wegen meiner Schwäche für das Negative!

"Vivi is ja gut! Ich glaube einfach nur, dass dieser Typ total scheinheilig ist...", äußerte ich, schließlich doch meine ehrliche Meinung. Kurz verschränkte sie die Arme vor der Brust, musterte mich kritisch und dachte über meine Worte nach. Aber weil sie nun einmal das komplette Gegenteil von mir war, schlich sich sofort wieder ein verdächtiges Grinsen auf ihre Lippen. Oh Gott, was kam jetzt? "Okay. Glaub mir, ich werde dir schon noch beweisen, wie toll er ist und wie ernst er seine Worte gemeint hat. Ich denke es wäre das beste, wenn ihr euch besser kennenlernt. Ich lade ihn einfach morgen zum Essen ein und dann..." "Moment mal!", unterbrach ich ihre grausamen Pläne. "Seit wann ist es dir so wichtig, dass ich mich mit deinem Stecher verstehe?" Irritiert über ihr Engagement sah ich sie an und verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust. Wenn Vivi und ich diskutierten, DANN richtig!
"Stecher?", prustete sie los. Okay, das mit der anständigen Diskussion nehme ich zurück. Ich glaube so etwa hatte es bei uns noch nie gegeben.

"Okay Tarja, es ist so...ich bin jetzt 25 und na ja...ich glaube es ist Zeit den 'Stechern', wie du sie nennst, adieu zu sagen...", erklärte Vivi. "Du meinst...?" "Jaa, ich glaube, dass das mit Samu und mir diesmal etwas ernstes ist und deswegen ist es mir auch besonders wichtig, dass ihr euch versteht!", sagte sie nun etwas trockener. Verdammt! So viel zum Thema: Samu wäre vergänglich... Ich musste mich also tatsächlich mit diesem Arsch gutstellen? Na das konnte ja was werden...

You Give Love A Bad NameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt