8. Kapitel

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|Tarja| Völlig verpennt und nichtsahnend, dass mir jeden Moment, gleich zwei Erscheinungen aufeinmal über den Weg laufen würden, taumelte ich am nächsten Morgen in die Küche, um mir einen Kaffee zu machen. Neben besagter Kaffeemaschine befand sich Erscheinung Nummer eins, meine beste Freundin Vivi, die (ich hatte keine Ahnung wie, aber ihr war es allzeit möglich) wie immer, selbst nach einer durchvögelten Nacht, atemberaubend aussah. Erscheinung Nummer zwei, Samu, lauerte nur wenige Meter weiter am Frühstückstisch und schlürfte genüsslich seinen Kaffee, wobei auch er aussah, als wäre er irgendeiner lässigen Hugo Boss Werbung entsprungen. Andererseits, wenn ich mir seine Boxershorts so anschaute, träfe Calvin Klein vermutlich eher zu... Mit einem Kopfschütteln musste ich mich selbst daran erinnern, ihn nicht so bescheuert anzustarren - war schließlich schlimm genug, dass ich neben den Zweien, wie eine Leiche aussah.

"Uuh Süße, was ist denn mit dir passiert?", fragte Vivi und musterte mich entsetzt. Genau! DAS ist es was eine Leiche am frühen Morgen braucht - den Kommentar von einem Model!
"Scheiße geschlafen.", grummelte ich und eroberte eine Kaffeetasse. Na endlich, ich kam meinem Lebensretter für diesen Tag schon mal ein Stückchen näher!

"Waren wir zu laut?", hakte Vivi weiter nach und riss die Augen auf, als würde sie die Tatsache, dass sie und Samu sich beim Sex wie Tiere im Urwald anhörten, überraschen. Wenns nur das gewesen wäre... dachte ich mürrisch. "Auch.", brummte ich zur Antwort und schenkte mir endlich Kaffee ein. "Warum denn noch?", wollte Vivi wissen und mein Blick glitt zu Samu, der unschuldig über den Rand seiner Tasse lugte. "Alpträume.", zischte ich und Samu verschluckte sich fast an seinem Kaffee.

"Musst du heute zur Arbeit?", fragte Vivi mich weiter und warf Samu derweil einen verwunderten Blick zu, da dieser sich die Seele aus dem Leibe hustete. "Ja aber erst um 14 Uhr. Und du?", richtete ich mich nun an sie. "Ich hab in einer halben Stunde ein Shooting, muss also jeden Moment los. Kann ich euch Zwei alleine lassen, ohne dass ihr euch die Augen auskratzt?", grinste sie. Ich lachte künstlich auf und war froh, dass ich im Gegensatz zu Samu nicht fast an meinem Kaffee erstickte.

"Ist in dem Zeug, was ihr euch da kippt irgendwas drin, oder seid ihr einfach beide gleich unfähig zu trinken?", fragte Vivi forsch und sah vom einen zum anderen. "Na ja wie auch immer...ich muss jetzt los..." Plötzlich wurde sie, typisch Vivi, ganz hektisch, gab Samu einen flüchtigen Kuss, griff nach ihren Sachen und war, ehe ich mich versah, mit einem Klicken der Tür verschwunden. Und wer blieb allein zurück? Exakt! Samu, das Arschloch, was sich letzte Nacht von seiner zarten Seite gezeigt hatte und ich, die Irre, die sich da was drauf einbildete.

"Ich äh...geh mich mal duschen...", murmelte ich, als ich an mir herunter sah und bermekte, dass das nun schon meine zweite Begegnung mit ihm, in Unterwäsche war. Samu schmunzelte über meinen unsicheren Blick. Ich stand schon fast in der Tür, als mir ein fixer Gedanke durch den Kopf schoss, der mich irgendwie nicht los ließ.

"Samu...würdest du mir das erklären, was hier letzte Nacht passiert ist?" Sein Blick wanderte umher, bis seine blauen Augen an mir hängen blieben. "Ich musste es einfach mal ausprobiert haben...", antwortete er leise. "Mich zu küssen?" Irgendwie verwirrte mich diese Antwort. "Dich SO zu küssen. Ich meine ganz ohne Wut, ohne Erregung...einfach nur so."
Diese Erklärung machte das Ganze nicht gerade verständlicher für mich.

"Sieh es als eine Art Test...nicht mehr und nicht weniger." Es war irritierend, wie emotionslos seine Stimme schon wieder klang. "Ein Test?", platzte ich fassungslos heraus, woraufhin er nur nickte. "Und zu welchem Schluss hat dieser Test dich gebracht?", hakte ich schnippisch nach und spürte, wie die Wut wieder ganz auf meiner Seite war.
"Der Kuss hat mir gezeigt, dass ich, ohne diese Wut und diese Erregung, nichts empfinde...rein gar nichts. Wir müssen uns also absolut keine Sorgen machen, dass da irgendwas zwischen uns ist."

Seine Worte klangen so plausibel und doch so krank, dass es mich beinahe vor Entsetzen von den Beinen gerissen hätte. Ich hatte mich ja wohl verhört, oder?! Auch meine Mimik musste diese Fassungslosigkeit quasi auf dem Präsentierteller servieren. "Hey kein Grund zur Sorge, Tarja...Das heißt für uns, dass alles beim Alten ist. Du hasst mich, ich finde dich zum Kotzen. Der Arsch. Die Zicke. Alles ist und bleibt wie es ist. Vivi zuliebe ziehen wir die Freundschaftsnummer durch und ansonsten, sind wir im Leben des anderen, einfach nicht existent." Seine Stimme klang leer und fremd, als würde man mit einem Mathematiker reden, der alles durchkalkulierte.

Der Mund stand mir nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit offen und dennoch hatte ich noch nichts gesagt, bis sich die Worte plötzlich wie von selbst auf meine Zunge legten: "Du bist so ein gottverdammter Wixxer!", spuckte ich ihm entgegen, drehte mich auf dem Absatz um und verschwand, mit einer, laut ins Schloss knallenden Tür, im Badezimmer. Dort sank ich auf die Badewannenkante.

Ich konnte es einfach nicht glauben... Ein TEST! Diesen Blick, den er mir letzte Nacht zugeworfen hatte...sowas konnte man doch nicht spielen, oder?! Grrr! Wieso machst du dir da überhaupt Gedanken drum? Du hasst diesen Mistkerl! Eigentlich solltest du froh sein, dass er dich jetzt in Ruhe lässt! Warum waren diese sachlich, kalten Worte, dann dennoch in gewisser Hinsicht verletzend? Ich schlug mir an die Stirn! Das alles war doch einfach nur eine weitere Bestätigung für mich, wie scheiße Männer waren!

Ich schälte mich aus meinen Klamotten und glitt unter die Dusche. Das Wasser, welches heiß auf mich niderprasselte, klärte wieder einigermaßen meine Gedanken. An deren Stelle trat eine andere Idee...Rache! Ich wollte das einfach nicht auf mir sitzen lassen! Dem Arsch würde ich schon noch zeigen, dass ich NICHT sein Versuchsobjekt war!

You Give Love A Bad NameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt