04 | creature

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Es war schon fast zu ruhig. Normalerweise hörte ich immer irgendwelche Tiere oder Insekten auf dem Weg, doch diesmal war keine Spur davon zu entdecken. Mein Bauchgefühl sagte mir auch, das etwas nicht stimmte, aber ich konnte nicht sagen, was falsch war.

Plötzlich ertönten von irgendwo Schritte. Sie waren sehr leise, schon fast wie von einer Katze aber ich konnte sie dennoch hören. Nur konnte ich nicht zuordnen, woher sie kamen. Ich vermutete von oben, aber das war unmöglich. Man müsste von Dach zu Dach springen, aber das war zu weit. Außerdem hatte die Person wahrscheinlich keinen Schlüssel für das Dach, aber davon konnte ich nicht wirklich ausgehen. Vielleicht wohnte der oder die Unbekannte in einem der Blocks.

Ich machte mir nicht viel daraus, es war bestimmt nur ein Tier oder ich bin nun völlig verrückt. Die Schritte ignorierend lief ich weiter nach Hause, aber auf einmal sah ich im Augenwinkel, wie etwas vom Dach sprang.

Im nächsten Moment wurde ich von hinten gefasst und zu Boden gedrückt. Ich spürte etwas spitzes an meiner Halsbeuge, aber meine Instinkte reagierten schneller als ich denken konnte und innerhalb von kürzester Zeit rollte ich den Fremden von mir herunter. Meine Faust landete in seinem Gesicht, gleichzeitig trat ich in die Schwachstelle eines jeden Mannes. Der Angreifer war so perplex, dass er mich erstmal erstaunt ansah und ich die Chance nutzte, wegzurennen.

Zum Glück war ich schnell zu Hause. Aber selbst da fühlte ich mich beobachtet und bedroht. Ich war noch immer schockiert und hatte Angst, aber als ich wieder zu Sinnen kam, untersuchte ich meinen Körper nach Verletzungen. Bis auf ein paar Kratzer fand ich nichts, dennoch tat mir alles weh.

Je mehr ich mich beruhigte, desto mehr schoss mir die Frage durch den Kopf, ob ich anders reagieren hätte sollen. Ich als Polizist hätte ihn verhaften sollen oder so, aber nicht einfach wegrennen so wie ich es getan habe. Andererseits gab mit mein Bauchgefühl zu verstehen, dass er gefährlich ist. Ein vertrautes Gefühl, schließlich habe ich mit vielen gefährlichen Menschen zu tun, aber dennoch war es fremd.

Es war ein anderes Signal, kein "Pass auf aber erledige deinen Job"-Gefühl, sondern ein "Renn um dein Leben, du kommst da nicht mehr heil raus". Ich glaube, ich habe richtig gehandelt, aber was, wenn ich damit einen Überfall hätte verhindern können?

Ich werde wohl nie eine Antwort auf diese Frage bekommen, deswegen gehe ich davon aus, dass es besser war, zu rennen.

Als ich mich vom Spiegel abwendete und mich in mein Zimmer begeben wollte, sah ich zwei kleine Stichwunden an meiner Halsbeuge. Komisch. Wie konnte das passieren? Ich trat noch einmal näher heran und beobachtete die offene Stelle genauer. Sie waren nicht tief, es waren mehr kleine Kratzer als eine ernsthaft Verletzung. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass etwas damit nicht stimmte.

Die ganze Situation eben machte mich fertig und verwirrte mich. Deshalb beschloss ich, mich schlafen zu legen und mich erst morgen wieder mit dem Fall zu befassen. Vielleicht gab es ja mehr solcher Übergriffe.

hunted || taegiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt