65 | suicide

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Ohne zu zögern packte ich meine Sachen und zog mir Jacke und Schuhe an. Jimin tat es mir gleich. Ich sperrte die Wohnung hinter uns ab und sprintete förmlich in die Tiefgarage. In mir schrillten alle Alarmglocken und innerlich malte ich mir tausend verschiedene Situationen aus.

"Bro, komm mal runter, du baust sonst 'nen Unfall", meinte Jimin, der offensichtlich genauso nervös war wie ich.

Panisch fuhr ich nur noch schneller. Zum Glück kannte ich den Weg noch und wir brauchten nur knapp zehn Minuten, bis wir beim Wald ankamen. Aus dem Kofferraum kramte ich eine Taschenlampe und machte mich gemeinsam mit Jimin auf die Suche.

An einem Baum weiter links erkannte ich, dass Yoongi kopfüber von einem Ast hing. Sofort machte ich das Licht aus und rannte zu ihm. Seine Augen waren geschlossen und seine Gesichtszüge schienen seltsam entspannt. "Was ist passiert?"

"Der Typ lief heulend zum Tatort, ich habe ihn beobachtet, er hat mich gesehen und angeschossen, bevor er sich selbst das Hirn weggepustet hat. In der linken Hand hält er 'nen Brief", erklärte er ruhig.

"Oh Gott wieso hängst du da noch? Wo hat er dich getroffen?", fragte Jimin panisch. Er wollte schon näher auf ihn zugehen, doch ich hielt ihn wortlos zurück. In diesem Zustand könnte es nur gefährlich für ihn werden.

Schlagartig öffnete Yoongi seine blutrot leuchtenden Augen und starrte ihn grinsend an. "Genau hier", sagte er und deutete auf ein Loch in seiner Brust. Genau in der Mitte wurde er getroffen. Bei dem Anblick zog sich mein Herz zusammen, doch ich wusste, dass es nicht tödlich für ihn war.

Yoongi streckte plötzlich seinen Arm aus und drückte Jimin etwas in die Hand. Es war die Kugel, die ihn getroffen hatte. Erschrocken sah er ihn an. Der Arme machte ganz schön was mit, doch er wusste, auf was er sich einließ, so hart es sich auch anhören mochte. Trotzdem war es ein bisschen schockierend, wenn die Person, die eben noch süß und nett war sich plötzlich so verhielt.

"Hast du was gegessen?", wollte ich wissen.

"Nein, wurde davor vom Baum geschossen", lachte er. Egal was es war, aber es setzte ihm höllisch zu. Vielleicht war es der intensive Geruch, dem er über den Tag vermehrt ausgesetzt war, jedenfalls war er nicht mehr er selbst. Ich erlebte diese schon fast psychopathische Seite auch zum ersten Mal, deswegen war ich mir absolut nicht sicher, wie ich handeln sollte.

"Dann geh, wir übernehmen hier. Sobald du fertig bist, renn nach Hause, das Fenster ist offen", befahl ich ihm leise. Mühelos schwang er sich wieder hoch auf den Baum und verschwand in der Dunkelheit.

"Tut mir leid, das passiert eigentlich nicht. Der Tag heute ist einfach sehr... blutig, um es schön auszudrücken. Ist halt immer noch eine Umstellung, weißt du", versuchte ich, Jimin zu erklären.

Dieser sah mich nur mit geweiteten Augen an. "A- Alles gut. Ich ruf dann mal Verstärkung und so", meinte er und lief wieder Richtung Auto.

Währenddessen wandte ich mich an die Leiche und zog den Brief, auf den Yoongi mich hingewiesen hatte, aus der Hand. Dabei achtete ich darauf, ja keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Es war ein Abschiedsbrief.

Es tut mir leid, dass es so kommen musste. Yeji, ich wollte dich nie verletzen. In meiner Wut habe ich falsch reagiert. Anfangs habe ich es gar nicht realisiert, doch je mehr Zeit verging, desto mehr wurde mir bewusst, was ich dir angetan habe. Ich hätte es einfach hinnehmen sollen, dass du meine Liebe nicht erwiderst. Es tut mir so leid, ich habe einen schlimmen Fehler begangen. Deswegen habe ich mir genau auf die gleiche Art das Leben genommen. Damit ich dein Leid nachvollziehen kann. Bitte verzeih mir.

Wow, das war... unerwartet. Was ich noch immer nicht ganz verstand, war, warum sie im Wald waren. Sie wurde ganz klar dort umgebracht, das sah jeder auf den ersten Blick. Die Blutspritzer in der Umgebung erzählten ihre eigene Geschichte. Dadurch konnte ich auch sagen, dass der Selbstmörder sich erst hingelegt hat, bevor er sich ein Ende gesetzt hatte.

Zum Glück traf die Spurensicherung bald ein und wir wurden abgelöst. Erschöpft ging ich nun auch zurück zum Auto und setzte mich hinein. Jimin wartete bereits auf mich.

"Du bist dir sicher, dass es Suizid war?"

"Alles deutet darauf hin. Der Abschiedsbrief, das verkohlte Schießpulver um die Wunde herum, die Art, wie das Blut aus dem Kopf läuft oder wie der Arm liegt..."

"Macht Sinn. Hör zu, ich bin echt fertig, lass morgen 'nen neuen Plan aufstellen. Ich muss dringend schlafen", meinte er und rieb sich die Schläfe.

Verständnisvoll nickte ich und brachte ihn nach Hause. 

hunted || taegiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt