31 | monster

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Die restliche Zeit verging wie im Flug und irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein. Jedenfalls konnte ich mich nicht daran erinnern, wieder zurück in die Wohnung gegangen zu sein. Yoongi musste mich wohl hergetragen haben.

Irgendwann zwischen zwei und drei Uhr nachts wurde ich wach und konnte nicht mehr schlafen. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich die letzten zwei Tage fast nur geschlafen hatte und jetzt nicht mehr müde war. Sollte mir recht sein, dann hatte ich tagsüber mehr Zeit.

Als ich die Schlafzimmertür öffnete und in die Küche gehen wollte, starrten mich zwei rot leuchtende Augen an. Das Wohnzimmer selbst war in komplette Dunkelheit gehüllt, kein bisschen Licht drang durch die Fenster. Wie angewurzelt blieb ich stehen. Eine beunruhigende Stille herrschte zwischen uns, ich bildete mir ein, mein eigenes Herz, welches sehr schnell gegen meine Brust hämmerte, zu hören.

"G- guten Morgen", stotterte ich und versuchte, meine Angst zu verdrängen.

Plötzlich, als würden die Ketten, die mich erst an Ort und Stelle festhielten, loslassen und mich freigeben. Trotzdem zitterte ich noch am ganzen Körper. Was zur Hölle war gerade passiert?!

"Tut mir leid, wollte dich nicht erschrecken. Ist so 'ne Art Reflex", entschuldigte sich Yoongi.

"A- alles gut." Nein, nicht wirklich. Mein Herz schmerzte schon fast, so schnell schlug es. Zum Glück beruhigte ich mich langsam wieder und ich ging in die Küche, ohne diesmal an einem halben Herzinfarkt zu erleiden.

Während ich mir einen Kakao machte, überlegte ich mir ein paar Fragen, die ich Yoongi später stellen wollte. Zwar ließ ich ihn mittlerweile nicht nur für die Antworten am Leben, sondern auch, weil er ziemlich nett und missverstanden war. Dennoch gab es einiges, was ich nicht wusste und das wollte ich ändern. Es interessierte mich einfach.

Die Tür öffnete sich langsam und Yoongi streckte seinen Kopf durch den Spalt. "Darf ich mich zu dir setzen?", fragte er vorsichtig.

"Natürlich", meinte ich. "Musst du doch nicht fragen."

Er setzte sich auf den Stuhl am anderen Ende des Tisches und beobachtete mich. Seine Augen waren wieder so dunkel wie die Nacht, nicht einmal eine Spur von Rot hatten sie in sich. "Wie machst du das?"

"Wie mache ich was?", hakte er nach.

"Das mit den Augen. Oder deinen Zähnen."

"Stell es dir als Maske vor. Ich kann schlecht ohne sie herumlaufen, das wäre zu auffällig. Meine Maske sieht so aus wie ich, bevor ich gebissen wurde. Theoretisch kann ich sie auch verändern und beispielsweise mit grünen Augen durch die Welt gehen, aber das ist viel anstrengender. Wenn ich irgendwo Blut rieche, dann fällt sie ab und es ist schwerer sie wieder aufzusetzen als wenn ich sie einfach nur so abgesetzt habe. Sie braucht Energie", erklärte er.

"Dann leg sie ab, wenn wir alleine sind", schlug ich vor.

Yoongi schüttelte den Kopf. "Dann pass ich wieder nicht auf, du 'erschreckst' mich und ich versetze dich in eine Starre obwohl ich dich nicht als Bedrohung oder gar als Beute sehe. Hast ja gemerkt, was es mit einem macht."

Etwas verständnislos sah ich ihn an. "Es hat mich nicht umgebracht, also spar dir die Energie für wann anders. Warum bist du so verunsichert?", wollte ich wissen.

Langsam färben sich seine Augen wieder und seine spitzen Eckzähne kamen zum Vorschein. "Ich lasse seit über dreihundert Jahren nun wieder Gefühle an mich heran. Das ist schwerer als eine blöde Maske aufrecht zu halten und ich bin mir nicht einmal sicher, ob es eine gute Idee ist."

"Warum sollte es nicht? Du hast selber gesagt, dass das nicht du bist, dass du Zuneigung brauchst und das ist okay. Mag sein, dass du gefährlich bist und schlimme Sachen gemacht hast, aber du bist um Himmels Willen kein Monster.

Nein, das war er wirklich nicht. Vielleicht von seiner Natur her, aber tief im Inneren war er so wie ich und alle anderen auf diesem Planeten. Das wurde mir gestern klar.

hunted || taegiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt