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Yoongi lag nicht mehr neben mir, also stand ich auf und sah nach. Es hörte sich so an, als hätte er Schmerzen, deswegen machte ich das Licht nicht an. Er hasste es, wenn es plötzlich hell wurde, vor allem, wenn es ihm nicht gut ging.

"Hey, was machst du denn hier draußen?", fragte ich leise. Seine Augen leuchteten nur mehr in einem blassen rot, es musste ihm wohl echt nicht gut gehen.

"Wollte dich nicht wecken", antwortete er knapp. War ja wieder typisch. Hauptsache leise sterben, damit ich nichts mitbekam.

Vorsicht machte die Taschenlampe meines Handys an und drehte es so, dass ich zwar etwas sehen konnte, es ihn aber nicht störte. Bei seinem Anblick machte ich mir nur noch mehr Sorgen. Er war noch blasser als sonst, trotzdem waren seine Wangen gerötet und seine Augenringe stachen stark hervor. "Was ist los? Bist du krank?", wollte ich wissen.

"Du würdest es Lebensmittelvergiftung nennen", krächzte er.

Leise setzte ich mich neben ihn auf den Boden und strich ihm das Haar aus seinem Gesicht. Dabei bemerkte ich, dass er sich viel wärmer anfühlte als sonst. Er musste wohl Fieber haben, wenn das überhaupt ging. "Wie lange liegst du schon da?"

"Keine Ahnung. Lange."

Seufzend schüttelte ich den Kopf. "Du hättest mich wecken sollen. Kann ich irgendetwas für dich tun?"

"Nein."

"Kannst du nicht einfach dieses Zeug wieder hochwürgen?", fragte ich verzweifelt. Irgendwie musste es doch einen Weg geben, damit es ihm besser ging.

"Ich habe keinen Würgereiz", murmelte er leicht grinsend. "Eigentlich ganz praktisch."

Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen. Selbst wenn es ihm verdammt schlecht ging schaffte er es, mich glücklich zu machen, obwohl das eigentlich meine Aufgabe war.

"Willst du lieber hierbleiben oder wieder ins Bett?"

"Bett, da ist es wärmer." Erst jetzt fiel mir auf, dass er am ganzen Körper zitterte. Diese Ironie war irgendwie witzig. Yoongis momentane Körpertemperatur lag bei vielleicht 27° C und eigentlich konnte er problemlos im T-Shirt draußen im Schnee stehen, aber nun lag er da und fror.

Langsam setzte er sich auf, aber seine Bauchschmerzen hielten ihn davon ab, auch nur einen Schritt zu machen. Er krümmte sich und zischte irgendetwas, was ich nicht verstand, deswegen hob ich ihn vorsichtig hoch und trug ihn ins Zimmer. Behutsam legte ich ihn auf dem Bett ab und wickelte ihn in drei verschiedene Decken, bis er mehr einem Wurm als einem Menschen glich. Einen Arm befreite er aber, damit er meine Hand halten konnte.

"Wenn ich einschlafe, dann bin ich wahrscheinlich für mehrere Stunden einfach weg, aber keine Sorge. Ich werde wieder aufwachen, tu dir solange einfach nicht weh, nicht einmal, wenn ich zu lange schlafe", meinte er. Diesmal würde ich mich daranhalten, schließlich vertraute ich ihm.

Ich wollte zumindest so lange wach bleiben, bis er schlief, aber leider hielten ihn die Qualen davon ab. Irgendwann wusste ich nicht mehr weiter und ich fing zu singen an. Vielleicht klappte das ja wie bei kleinen Kindern, die nicht schlafen wollen.

"Du hast mir nie gesagt, dass du eine so schöne Stimme hast", sagte er müde.

"Du hast auch nie gefragt", erwiderte ich. Yoongi war schlichtweg zu fertig, um etwas anderes zu sagen. Ich hatte richtig Mitleid mit ihm und am liebsten hätte ich ihm all das Leid abgenommen. Auch wenn das wahrscheinlich nicht der schlimmste Schmerz dieser Welt war, es raubte ihm seine letzte Kraft und ich konnte nichts dagegen tun. Wie ein Haufen Elend lag er da.

Immerhin half ihm mein Gesang beim Einschlafen und ich konnte mich endlich auch wieder dem Land der Träume hingeben.

hunted || taegiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt