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Leicht beugte ich mich nach vorne und küsste ihn. Was hatte ich doch nur für ein Glück, ihn an meiner Seite zu haben.

"Auch wenn der Sprung ins Wasser echt nicht hätte sein müssen, deine Ideen werden von Mal zu Mal besser. Und ich dachte immer, das geht nicht", meinte ich grinsend.

"Ach komm, so schlimm war der nicht."

"Nein, aber er war nass und eiskalt. Mir macht Kälte leider etwas aus", erklärte ich. "Aber immerhin bist du hier, bei deinem Anblick wird mir wieder ganz heiß." Lachend wackelte ich mit den Augenbrauen.

Yoongi konnte sich sein Grinsen nicht verkneifen. "Sagst du zu dem mit einer Körpertemperatur von 25° Celsius", konterte er. "Vor allem sagst du das, während du mit nassen Haaren und Klamotten vor mir stehst. Das sieht so gut aus, dass es schon fast illegal ist."

"Muss ich mich jetzt selber verhaften?", witzelte ich.

Lachend schüttelte er den Kopf. "Bitte nicht, ich brauch dich noch."

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen ging ich auf ihn zu und küsste ihn. Ab und zu mochte er ein Idiot sein, aber er war mein Idiot und ich würde ihn für nichts auf dieser Erde hergeben wollen.

"Zieh dich um, ansonsten wirst du noch krank", meinte er und drückte mir den Beutel in die Hand.

Dankend nahm ich ihn an und zog mir die trockenen Sachen an, während Yoongi sich dem Feuer widmete. "Hast du es eigentlich mit den Tieren versucht?", fragte ich nebenbei.

"Nein, noch nicht."

Verwirrt blickte ich ihn an. "Na worauf wartest du noch? Geh, ich warte hier solange und wärme mich auf."

"Aber-" "Nichts aber." Mit einer Handbewegung gab ich ihm zu verstehen, dass er sich auf den Weg machen sollte. Schließlich war seine letzte Mahlzeit etwas länger her und ich wusste, wie er sich innerlich fühlte. Noch immer fühlte ich mich schuldig dafür, aber ich konnte einfach nicht zulassen, dass noch mehr unschuldige Menschen sterben. Es war eine Zwickmühle, jeder Zug, den ich betätigte, war riskant.

Seufzend gab er nach und sprang leise auf den Ast eines relativ hohen Baumes. Er bewegte sich mit einer solchen Leichtigkeit, dass es schon fast gruselig war. Dennoch ähnelte es einem Tanz, ich hätte ihm den ganzen Tag lang zusehen können.

Sein Blick verriet mir, dass er komplett in seinem Element war und ich ihn besser nicht stören sollte. Hatte ich auch nicht vor, ich genoss lieber die Stille des Waldes und des Sees.

Tatsächlich brauchte es nicht lange, bis Yoongi etwas jagte, dass aussah wie ein Hirsch oder ähnliches. Es war so schnell, dass ich es nicht richtig identifizieren konnte, aber das spielte auch keine große Rolle, denn Yoongi war schneller und holte das Tier binnen Millisekunden ein. Wahrscheinlich war ihm nicht bewusst, dass er nur wenige Meter von mir entfernt war und ich alles sehen konnte, denn normalerweise hielt er bei so etwas Abstand von mir. Er meinte immer, es wäre kein schöner Anblick für jemanden wie mich, aber mittlerweile störte es mich nicht mehr. Wenn er wüsste, was ich bereits alles gesehen habe...

Sobald er wieder bei Sinnen war, packte er das tote Vieh, warf es über seine Schulter und brachte es außer Reichweite, ehe er wieder zu mir zurückkehrte. "Du weißt, dass ich es nicht mag, wenn du mir zusiehst", murmelte er.

"Und du weißt, dass es mir nichts ausmacht." Mit meinem Daumen wischte ich ihm das letzte bisschen Blut vom Mundwinkel weg. "Funktioniert es wenigstens?", hakte ich nach.

"Ist gewöhnungsbedürftig aber nicht unmöglich, schätze ich. Der Pelz stört", antwortete er schulterzuckend.

"Ist doch gut, oder? Also besser als Konserven oder gar nichts."

"Mal sehen wie es mir morgen geht. Vielleicht kann ich das wirklich durchziehen." Auch wenn er das ziemlich ausdruckslos sagte, sah ich in seinen Augen, dass er innig darauf hoffte.

Ich rutschte ein Stück weiter zu Yoongi hinüber und lehnte meinen Kopf an seiner Schulter an. "Du riechst nach Wild."

"Du willst doch nur, dass ich jetzt meinen Hoodie ausziehe", lachte er.

Ich konnte nicht anders als mitzulachen. "Ich habe nie behauptet, dass es mich stört, aber dagegen hätte ich auch nichts."

Stillschweigend saßen wir für eine gute Stunde da und genossen einfach nur die Anwesenheit des jeweils anderen. Die Aussicht war natürlich auch wunderschön, aber sie war nur nebensächlich.

Plötzlich meldete sich mein Magen. "Hast du heute überhaupt etwas gegessen?", wollte Yoongi wissen. Leise verneinte ich dies, aber es störte mich auch nicht wirklich. Es passierten einfach so viel andere Dinge, da hatte ich keine Zeit um an Essen zu denken.

Kopfschüttelnd stand er auf. "Lass uns nach Hause gehen."

"Bist du dir sicher?"

"Ganz sicher. Wir können wieder einmal hierherkommen", meinte er sanft und machte das Feuer aus. Ich steckte die Decke und das Handtuch in den Beutel und sah ein letztes Mal auf den See. Gerade als wir los gehen wollten, fing es an zu schneien und da der Boden ziemlich kalt war, blieb der Schnee auch liegen.

"Denk gar nicht daran, ansonsten kommen wir gar nicht nach Hause", mahnte Yoongi mich grinsend. "Schneeballschlacht können wir zu Hause auf dem Dach machen."

hunted || taegiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt