Am nächsten Morgen stand ich ziemlich unausgeruht auf. Habe ich überhaupt geschlafen? Es hat sich jedenfalls nicht so angefühlt. Wer regelt auch diese Arbeitszeiten, keiner ist um 6 schon wirklich fit, vor allem, wenn man wie ich erst um Mitternacht herum ins Bett geht, weil es sich dank der Arbeit nicht anders ausgeht.
Verschlafen aß ich eine Schüssel Müsli und trank einen Kaffee. In den Nachrichten war nichts neues, zu meiner Verwunderung ist niemand gestorben. Naja, bis jetzt noch nicht, mal sehen wie das im Laufe des Tages aussehen wird.
Gemütlich, wenn auch ein wenig gestresst, machte ich mich frisch. Spontan entschied ich mich dazu, dass ich diesmal nicht schon vor der Arbeit recherchiere, sondern dass ich mir Zeit lasse. Na toll, dann hätte ich länger schlafen können.
Als ich komplett fertig war, wusste ich nicht was tun. Ich hatte so viel Zeit, dass ich schon fast überfordert war, also ging ich früher los als sonst. Immerhin musste ich mich nicht beeilen und konnte in Ruhe nachdenken.
Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, wusste ich nicht genau, ob ich den Plan durchziehen sollte oder nicht. Er war riskant, er könnte tödlich für mich enden und vielleicht auch andere verletzen. Trotzdem bestand diese winzige Wahrscheinlichkeit, dass er klappte. Aber wollte ich das riskieren? Wollte ich mein Leben für den Rest der Welt aufs Spiel setzen?
Warum hinterfragte ich das überhaupt? Ich habe mich nicht umsonst für diesen Job entschieden. Das war meine Berufung, Menschen zu retten und für Gerechtigkeit sorgen. Davon habe ich schon als Kind geträumt.
Also ja.
Ich gebe mein Leben für diesen Job, wenn es sein muss.Ich war so in Gedanken verloren, dass ich gar nicht bemerkt habe, wo ich gelandet war. Ehrlich gesagt wusste ich es nicht, denn ich hier noch nie war. Sah aus wie ein eher ärmeres Viertel. Was mich aber am meisten geschockt hat, war das, was vor mir lag.
Das mit den Toten im Laufe des Tages ging schneller als erwartet. Die junge Frau, vielleicht Mitte 20, lag am Rand des Weges, hatte wie erwartet zwei Stichwunden am Hals. Keine Spur von Blut, weder in ihrem Körper noch auf der Straße. Glücklicherweise hatte sie ihren Geldbeutel und ihr Handy dabei.
Lee Seungyeong, 23 Jahre alt, studierte Kriminologie. Wohnte zusammen mit zwei anderen Mädchen etwa eine Straße weiter. Sie interessierte sich offensichtlich für Musik, sie spielte in einer kleinen Band.Mein Herz blutete förmlich. Es tat schrecklich weh mit anzusehen, wie jeden Tag Menschen sterben. Und vor allem noch so junge. Ich hatte Angst, eines Tages ein Kind zu finden.
Doch während ich mit Trauer auf den toten Körper vor mir blickte, erkannte ich etwas in ihrer Hand. Einen schwarzen Marker, den ich vorsichtig mit einem Taschentuch wegnahm. Zu meiner Verwunderung stand etwas in ihrer Handfläche.
yu.
Yu? Hatte es etwas mit ihrem Mörder zu tun? Oder hat sie sich bloß eine Notiz gemacht? Ich tippte eher auf ersteres, denn am Marker selbst erkannte ich verwischte Spuren der Silbe, als hätte sie ihn in die Hand genommen, als die Schrift noch frisch war. Zudem konnte man an der Schrift deutlich erkennen, dass sie Angst hatte und so schnell wie möglich weg von hier wollte. Sie war relativ undeutlich, das Opfer muss stark gezittert haben, außerdem wollte sie für ein weiteres Zeichen ansetzen, aber mehr als ein Punkt ist nicht draus geworden. Als hätte sie die Botschaft vor dem Angreifer verstecken wollen.
"Du bist ein Genie", flüsterte ich zu der Leiche.
Sie war es wirklich. Dieser kleine Hinweis hat mich schon mehr weitergebracht als alles andere.
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hunted || taegi
Fanfiction"Es war schon fast zu ruhig. Normalerweise hörte ich immer irgendwelche Tiere oder Insekten auf dem Weg, doch diesmal war keine Spur davon zu entdecken. Mein Bauchgefühl sagte mir auch, dass etwas nicht stimmte, aber ich konnte nicht sagen, was fals...