Den ganzen restlichen Tag tat ich nichts anderes als alte Akten durchzulesen, so wie ich es sonst auch immer machte, wenn ich nichts zu tun hatte. Nur mit dem Unterschied, dass ich eigentlich Urlaub hatte, aber irgendwie musste ich meinen Kopf von all dem Gefühlskram frei bekommen.
Es war so still hier, dass es schon fast unheimlich war. Keiner sagte irgendetwas. Mehrere Stunden hielt diese Stille an, bis Yoongi sie unterbrach.
"Willst du nicht einmal eine Pause machen? Oder ganz was anderes tun?", fragte er leise.
"Muss arbeiten", antwortete ich knapp. Wenn ihm langweilig war, dann sollte er sich irgendwie anders beschäftigen. Schließlich war er nicht an mich gebunden und ich konnte davon ausgehen, dass er niemanden Schaden zufügte.
"Musst du nicht, schließlich hast du Urlaub. Das, was du tust, ist Zeitvertreib."
Natürlich hatte er recht, was das betraf, aber das war mir egal. Es war meine Freizeit und ich konnte tun und lassen was ich wollte. "Und wenn schon." In Wirklichkeit hätte ich viel lieber etwas mit ihm gemacht, aber meine Gedanken drehten sich bereits nur mehr um ihn und das wurde auf Dauer anstrengend. Deswegen beschloss ich, den heutigen Tag zu nutzen, um das Chaos in mir ein wenig zu ordnen.
"Du könntest deine Zeit auch anders vertreiben. Mal die Wohnung verlassen, frische Luft würde dir guttun."
"Wenn ich frische Luft will, dann mache ich das Fenster auf."
Yoongi rollte mit den Augen und seufzte. "Was hältst du von eislaufen?"
Von all den Aktivitäten die man um diese Jahreszeit machen konnte wählte er natürlich die, in der ich am wenigsten begabt war. "Wenn du mir gerne beim hinfallen zusiehst. Ich war schon ewig nicht mehr in der Eishalle", gestand ich.
"Dann ändern wir das eben", beschloss er. "Zieh dir etwas Wärmeres an lass uns gehen."
Ich wusste nicht, warum ich nachgab und mitging. Eigentlich wollte ich etwas Zeit für mich haben um meine Gefühle sortieren zu können, aber irgendwie wollte ich jede Sekunde bei Yoongi sein. Alles in mir wollte seine Nähe spüren. Am liebsten würde ich mich zu ihm auf die Couch setzten und ihn für immer umarmen, aber das ging nicht. Außerdem wollte ich meine Gefühle nicht so offen zeigen, auch wenn das wahrscheinlich das dümmste aller Zeiten war, denn für ihn war ich nichts mehr als ein offenes Buch.
Nachdem ich mich umgezogen hatte, machten wir uns auf den Weg. Auf meinen Wunsch hin einigten wir uns zu laufen, immerhin waren es nur gute zwanzig Minuten die wir brauchten. Leider war es kälter als erwartet und trotz Mütze, Schal, Handschuhen und einer dicken Jacke fror ich die ganze Zeit lang. Yoongi hingegen machte diese Kälte absolut nichts aus, obwohl er gerade mal einen Hoodie und eine Mütze anhatte.
"Spürst du keine Wärme oder Kälte?", fragte ich mit klappernden Zähnen.
"Doch schon, aber ich komme mit Kälte viel besser klar. Ich finde es angenehm, der Sommer wiederum ist mir zu heiß", erklärte er.
Zum Glück waren wir schon da und obwohl es eine Eishalle war, war es deutlich wärmer und angenehmer als draußen. Hier konnte ich auch problemlos ohne Jacke herumlaufen. Bevor wir uns aufs Eis begaben, sperrten wir all unsere Sachen in einen dieser Spinde.
Wie ich es geahnt hatte, konnte ich mich kaum drei Meter bewegen, ohne hinzufallen oder zumindest das Gleichgewicht zu verlieren.
Yoongi, der schon eine Runde hinter sich hatte, gesellte sich wieder zu mir. "Du musst leicht in die Hocke gehen", meinte er. Das war einfach gesagt als getan, zumindest für mich.
"Nein, nicht so viel", lachte er. "Ich glaub das kommt von selber, wenn du dich erst einmal daran gewöhnt hast."
Verzweifelt sah ich ihn an. "Ich gewöhne mich wahrscheinlich schneller ans hinfallen."
Grinsend streckte er seine Hand in meine Richtung. Mein Puls schnellte schon wieder in die Höhe als ich sie nahm, aber das war mir in dem Moment egal. Von seiner Hand aus durchströmte eine angenehme Wärme meinen Körper, von der ich mir sicher war, dass sie nicht direkt von Yoongi kam, sondern eines dieser Nebeneffekte von... Liebe war.
Tatsächlich wurde es von Zeit zu Zeit einfacher, sich auf dem Eis fortzubewegen. Zusammen hatten wir total viel Spaß, auch wenn mein Herz durchgehend viel zu schnell schlug. Er sah so glücklich aus und sein Lächeln war so verdammt süß, dass ich manchmal kurz vergaß, wo ich überhaupt war. Meistens verlor ich dann meinen Halt und fiel hin, aber das machte mir nichts aus.
Am späten Nachmittag machte die Eishalle zu und wir liefen wieder nach Hause. Die Kälte draußen war mir mittlerweile egal, denn ich war so glücklich, dass ich alles andere ausblendete. "Hattest doch 'ne gute Idee", gab ich zu, auch wenn das viel zu untertrieben war. Die Idee war grandios.
"Siehst du, frische Luft hat dir doch gutgetan."
Am liebsten hätte ich gesagt, dass es er und nicht die Luft war, aber das traute ich mich nicht. Neben ihm war ich total soft und für nichts zu gebrauchen.
Stillschweigend liefen wir nebeneinander her. Ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte, also blieb ich lieber still. Wahrscheinlich hätte ich sowieso nur Müll geredet, ich war einfach so durcheinander.
Plötzlich spürte ich, wie Yoongi seine Hand in meine Jackentasche steckte und sie mit meiner vereinte. Erst erschreckte ich mich leicht, doch als es Anstalten machte, seine Hand wieder wegzuziehen, hielt ich sie nur noch fester. Ich drehte meinen Kopf ein wenig und sah ihm ins Gesicht. Bildete ich mit das nur ein oder wurde er leicht rot?
Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen blickte ich wieder nach vorne auf die Straße.Ach Yoongi, was machst du bloß mit mir?
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hunted || taegi
Fanfiction"Es war schon fast zu ruhig. Normalerweise hörte ich immer irgendwelche Tiere oder Insekten auf dem Weg, doch diesmal war keine Spur davon zu entdecken. Mein Bauchgefühl sagte mir auch, dass etwas nicht stimmte, aber ich konnte nicht sagen, was fals...