72 | shattered

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Yoongis point of view

Urplötzlich bekam ich schlimme Kopfschmerzen, die aber schon nach sehr kurzer Zeit wieder verschwanden. Dafür aber blieben meine Sorgen, denn das war immer ein Zeichen, dass bald etwas schlimmes passieren würde.

Vorsichtig weckte ich deshalb Taehyung. "Was ist los?", fragte er verschlafen.

"Ich glaube, gleich passiert etwas", flüsterte ich so leise wie möglich.

Verwirrt sah er mich an. "Wie meinst du?"

"Keine Ahnung, das ist nur ein Gefühl, aber das hat mich bisher noch nie getäuscht." Genau in dem Moment hörte ich, wie jemand das Fenster im Wohnzimmer öffnete und ich spürte, wie sich eine starke, sehr dunkle Energie verbreitete.

Schnell hielt ich Tae den Mund zu und schaute ihm tief in die Augen, während ich in Gedanken zu ihm sprach. "Ich lenk ihn ab, du rennst zu Jimin. Schau nicht zurück und ruf ihn unterwegs an. Hast du verstanden?"

Zögernd nickte er. Ich hoffte einfach, dass er sich auch daranhielt, ansonsten hatte er keine Chance.

Sobald der Einbrecher durch das Fenster in unsere Wohnung gelang, stand ich auf und stellte mich ihm entgegen. Was ich dann sah, ließ mich erstarren.

"Was machst du hier?", zischte ich.

"Ich habe gehört, dass du hier dein Unwesen treibst, und da wollte ich einmal hallo sagen. Naja, eigentlich wollte ich dich alleine sprechen, du weißt sicher warum, aber dein lästiger Freund weicht einfach nicht von deiner Seite."

"Wie oft denn noch? Ich will nichts mit dir oder deiner beschissenen Sekte zu tun haben, das sage ich dir jetzt schon seit über einem Jahrtausend", meinte ich wütend. "Und jetzt verschwinde."

"Nein, deswegen bin ich gar nicht hier", lachte mein Gegenüber. "Erinnerst du dich noch an meine Frau?"

"Die, die ich 1917 umgelegt habe? Du bist ernsthaft hier um dich für deine Hure zu rächen, die ich vor über einem Jahrhundert getötet habe? Ach komm, das ist selbst für dich lächerlich."

"Mal sehen, ob du es genauso lächerlich findest, wenn ich deine kleine Schlampe zur Strecke bringe", drohte er. "Außerdem nimmst du mir es immer noch übel, dass ich dir vor eintausend und dreihundert Jahren deine Menschlichkeit geraubt habe. Das ist doch schon so lange her, und du willst mir dafür wirklich noch an den Kragen?"

Innerhalb einer Millisekunde stand ich hinter ihm und hielt ihn so fest, dass ich ihn problemlos beißen und somit töten konnte. "Wehe du krümmst ihm auch nur ein Haar", warnte ich ihn und biss zu. Auf diesen Moment hatte ich schon viel zu lange gewartet, es war schon fast zu schön, um wahr zu sein.

Doch ich machte einen großen Fehler, der mir schlussendlich fast das Leben kostete. Durch einen schrillen Ton wurde ich abgelenkt und war wie paralysiert, was meinem Gegner genug Zeit verschaffte, um mich gegen die Wand zu drücken und zu beißen. Von meinem Hals aus strömte das Gift in sämtliche Teile meines Körpers und es fühlte sich an, als würde sich ein Feuer langsam in mir verbreiten. Es war schlimmer als die Hölle, aber ich zuckte nicht einmal mit der Wimper. Nein, dafür war ich zu stolz. Ich wusste, dass ich jetzt sterben würde, aber ich würde ihm nicht zeigen, wie schwach ich doch tatsächlich war.

Gerade in dem Moment, in dem ich das Bewusstsein verlor, hörte ich einen dumpfen Schlag und merkte, wie sich das Miststück von meinem Hals löste. Plötzlich wurde ich hochgehoben und ins Bett gelegt.

Obwohl ich mich in einer Art Schlaf befand, konnte ich noch durch Telepathie mit Taehyung kommunizieren. "Was... hast du gemacht?"

"Ihm ein Nudelholz gegen den Kopf geschlagen", meinte er mit gebrochener Stimme. "Und jetzt schweig, du musst dich aus ausruhen."

"Du musst wegrennen. Jetzt", versuchte ich so laut wie möglich zu sagen. Ich konnte ihn hier nicht dem Tod überlassen. Was war ich auch für ein Vollidiot. Warum konnte ich nicht einfach erst nachdenken, bevor ich handelte? Hätte ich seine Fähigkeiten erst geblockt, dann hätte er mich nicht paralysieren können und dann wäre er jetzt tot. Und Taehyung wäre nicht in Schwierigkeiten.

"Nein, er wird mich so oder so kriegen, auch wenn ich renne. Das wissen wir beide", erklärte er sanft, doch ich hörte, wie ihm eine Träne über die Wange lief. "Aber denk jetzt bloß nicht, dass ich dir einen Vorwurf mache, ja? Das ist nicht deine Schuld."

"Tut mir leid, dass ich... versagt habe."

"Ach was redest du da. Du hast nicht versagt, wirklich nicht. Du hast dein Bestes getan, aber wer hätte ahnen sollen, dass dieser Bastard so drauf ist", versuchte er mich zu beruhigen. Irgendwie half es mir tatsächlich, aber ich hätte es verhindern können. Langsam aber ging mir die Kraft aus, um weiter mit ihm zu diskutieren, also schickte ich ihm eine letzte Nachricht.

"Ich liebe dich."

Das ließ sämtliche Stricke reißen und Taehyung fing an, heftig zu weinen. Er drückte meine Hand noch fester als zuvor und umarmte meinen reglosen Körper, wobei er seinen Kopf auf meiner Brust ruhen ließ.

"Ich dich auch, vergiss das bitte nie", flüsterte er. Mein Herz zog sich zusammen. Das hörte sich an wie ein Abschied, vielleicht war es sogar einer. Nein, wir wussten beide, dass das hier ein böses Ende haben wird.

Als aus dem Wohnzimmer ein leises Stöhnen ertönte, drückte er sich noch fester gegen mich. Wahrscheinlich kniff er jetzt die Augen zu.

Im nächsten Moment schon wurde Taehyung von mir weggerissen, und das letzte, was dieses ekelhafte Schwein mir ins Ohr flüsterte war: "Du weißt, in vierundzwanzig Stunden ist nichts mehr rückgängig. Wir sind da, wo alles angefangen hat."

Dann wurde ich von einem schmerzerfüllten Schrei dem Geruch von Blut und Gift überwältigt, bevor er mit meinem Freund durch das Fenster in die Dunkelheit floh.

hunted || taegiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt